Kultursommer in Wermelskirchen Ballettschule „Momo“ begeistert Publikum

Wermelskirchen · Lange bangte die Ballettschule „Momo“ wegen Corona um ihre Existenz. Die gefeierte Teilnahme am Kultursommer auf dem Rhombus-Gelände wirkte jetzt wie ein Befreiungsschlag.

 „Max und Moritz“ als Balletttanzvorstellung: Daina Bauer (rote Jacke) spielte den Max, Aurora Swatek (blaue Jacke) den Moritz.

„Max und Moritz“ als Balletttanzvorstellung: Daina Bauer (rote Jacke) spielte den Max, Aurora Swatek (blaue Jacke) den Moritz.

Foto: Jürgen Moll

Noch im Frühjahr hätte Nicole Helder jeden für verrückt erklärt, der die Ballettschule „Momo“ mitten in der Corona-Krise nach ihrem nächsten Auftritt gefragt hätte. Nun hat er doch stattgefunden, dieser lange herbeigesehnte nächste Auftritt – und nicht nur einer, sondern gleich drei hintereinander. Los ging es am Freitagabend mit einer bunten Tanz-Gala. Auf sie folgten zwei über 120 Minuten lange Darbietungen von „Max und Moritz“ am Samstagabend sowie am Sonntagnachmittag.

Dreimal großer Jubel als Kompensation für bittere Monate, in denen Helder nicht wusste, ob sie mit der einzigen Ballettschule vor Ort die wiederholten Lockdowns und harten Vorgaben für Tanzschulen überstehen würde. Es ist ihr gelungen, und nichts hätte das besser verdeutlichen können als die Erfolge auf dem atmosphärischen Rhombus-Gelände. Da die Aufführungen Teil des Kultursommers 2021 im Rheinisch-Bergischen Kreis waren, war der Eintritt frei.

Schnell waren die über 500 Sitzplätze und knapp 30 Stehtische vergriffen, denn Helder hat sich den Ruf erarbeitet, sehenswerte Performances auf die Bühne zu bringen. Dieses Mal war sie jedoch in einer besonderen Lage: „Wir mussten uns ausnahmsweise mal nicht nach einer Bühne umsehen, sondern konnten wie ein Gasttheater agieren - ohne Saalmiete und zusätzliche Ausgaben für die Technik“. Stattdessen gab es eine „fertig aufgebaute und gut betanzbare Bühne von zehn mal acht Metern, die meine Tänzerinnen und Tänzer nur noch zum Leben erwecken mussten“. Das taten die jungen Talente auf der anderthalbstündigen Abend-Gala am Freitag dann auch leidenschaftlich und mit einer furiosen Mischung aus Stücken verschiedener Tanzrichtungen.

Tags drauf und am Sonntag ging es dann weiter mit der beliebten Lausbubengeschichte von Wilhelm Busch. Dafür hatte Helders Ehemann, der renommierte österreichische Bühnenbildner Manfred Kaderk, mit Wolf von der Burg einen befreundeten Sänger und Schauspieler ins Team geholt. „Wir wollten nicht nur einfach die sieben Streiche aneinanderreihen. Vielmehr sollte ein Moderator, den man sich als Wilhelm Busch vorstellen durfte, durch das getanzte Bilderbuch führen.“ Wolfs Überleitungen in Kombination mit den facettenreichen klassischen und modernen Choreografien, die Helder und fünf weitere Lehrerinnen der Schule in kürzester Zeit erarbeitet hatten, ergaben die perfekte Inszenierung, mit der die Protagonisten, darunter herrlich lausbübisch und tänzerisch hochbegabt Aurora Swatek als Moritz und Daina Bauer als Moritz, das Publikum begeisterten. Dabei hatte Helder dieses eine Mal nicht den Anspruch gestellt, „dass jeder Schritt sitzt und alle Arme und Beine synchron sind“.

André Frowein, Vorsitzender des Stadtmarketingvereins „Wir in Wermelskirchen“ und einer der treibenden Kräfte bei der Umsetzung des Kultursommers in der Stadt, sei erst kurz vor den Sommerferien auf sie zugekommen, um zu fragen, ob ihre Schule bei dem Festival mitmachen wolle. Helder sagte sofort zu, „trotz der Einschränkung, dass ich wegen Corona nur auf freiwillige Tänzerinnen und Tänzer setzen und die Sommerferien für Proben nicht nutzen konnte“. Auch sei da noch das Risiko von Quarantänen der Darsteller gewesen, „die nicht alle in einem Alter sind, in dem sie schon geimpft werden können“. So sei es dann „bis zuletzt ein großes Bibbern und Bangen gewesen, ob wir das unter diesen Umständen überhaupt hinkriegen“. Zumal obendrein das Wetter mitspielen musste, weil das Zuschauerareal, anders als die Bühne, keine Überdachung hat.

Dass Helder diese vielen Unwägbarkeiten in Kauf nahm, beeindruckte ihre Schülerschaft und das Lehrkräfte-Team. „Ich bin begeistert davon, was sie in der sehr kurzen Probenzeit mit allen Mitwirkenden auf die Beine gestellt hat“, sagte ihre Mitarbeiterin Jennifer Wolter, die sich vor ihrer Ehe unter dem Nachnamen Hebekerl als langjährige Solistin am Staatstheater Cottbus ihre Meriten verdient hatte. Auch Lene Ebel, eine 20-jährige Schülerin, die mit dem „Momo“ schon ein halbes Dutzend Mal auf der Bühne gestanden hatte, sagte, dass es ihr imponiert habe, „wie mutig Nicole an die Sache herangegangen ist“. Es seien dann aber auch alle so motiviert in das Wagnis gestartet, dass es kaum schiefgehen konnte: „Man spürte diese Begeisterung, dass es überhaupt wieder Veranstaltungen und Bühnenauftritte gab.“

Diesen Eindruck hatte auch Wolter, die selbst Kinder im Kindergartenalter unterrichtet. Insbesondere bei ihnen konnte sie während der Proben beobachten, „dass es für die Kleinen toll war, wieder ein Ziel zu haben, auf das sie hintrainieren konnten“. Die Bühne sei eben doch „das, was aus Tanz diesen besonderen Sport macht, für den es sich zu kämpfen lohnt“.

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