Bürgermonitor in Wermelskirchen Ärger über Formular-Flut vom Jobcenter

Wermelskirchen · Erika Schröder hat Zimmer an Geflüchtete untervermietet, die Miete zahlt das Jobcenter. Die Behörde fragt aber nun immer wieder nach Informationen, die die Wermelskirchenerin nicht hat. Nun kürzte das Jobcenter die Zahlungen.

 Der hohe Bürokratie-Aufwand, der unter anderem durch das Jobcenter entsteht, ist für viele Menschen ein Grund, freie Zimmer nicht an Geflüchtete zu vermieten.

Der hohe Bürokratie-Aufwand, der unter anderem durch das Jobcenter entsteht, ist für viele Menschen ein Grund, freie Zimmer nicht an Geflüchtete zu vermieten.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Viele Formulare, viele Fragen, viel Unklarheit, viel Bürokratie. Erika Schröder aus Wermelskirchen hat sich mit einem Brief an die Redaktion gewandt, da sie ein Problem mit dem Jobcenter Rhein-Berg hat und einfach nicht mehr weiter weiß. Schon seit geraumer Zeit hat Erika Schröder einige Zimmer in ihrem Haus an eine Flüchtlingsfamilie untervermietet. Der Kontakt dafür kam über die ehemalige Pastorin Cornelia Seng zustande. Die Flüchtlingsfamilie besteht aus drei Kindern und vier Erwachsenen, darunter eine ältere Frau. „Das ist wirklich eine sehr nette Familie, die enorm hilfsbereit ist“, sagt Erika Schröder. Die beiden jüngeren Erwachsenen hätten bereits eine Arbeitsstelle im Bergischen Land gefunden. Für die Untervermietung der älteren Frau der Flüchtlingsfamilie erhalte Erika Schröder eine monatliche Mietzahlung vom Jobcenter. Diese Miete sei ihr jedoch vor ein paar Monaten gekürzt worden. „Und ich weiß bis heute nicht warum“, sagt Erika Schröder.

Außerdem, und das störe sie besonders, würde das Jobcenter alle drei Monate einen Brief an die Hausgemeinschaft schicken. In diesem Brief sollen sich Haupt- und Untermieter dazu äußern, wie viele Quadratmeter das Haus hat, wie viel Wasser durch die Untermieterin verbraucht würde, wie hoch die Heizkosten der Untermieterin seien und in welchem Umfang die Untermieterin die Bio-Mülltonne nutze.

„Ich kann diese Fragen nicht verstehen. So genau kann man das ja gar nicht herunterrechnen. Wir haben ja beispielsweise eine Zentralheizung, da können die Heizkosten nicht einfach so aufgeteilt werden“, so Erika Schröder. Sie wundert sich zudem, dass die Formulare immer wieder aufs Neue ausgefüllt werden müssten, obwohl sich beispielsweise die Gesamtwohnfläche der Wohnung nicht verändern würde. „Das Haus ist ja kein Ballon, der sich im Winter zusammenzieht und im Sommer auseinander geht“, sagt sie. Gemeinsam mit ihrer Tochter hätte sich Erika Schröder bereits in einem Schreiben an das Jobcenter Rhein-Berg gewendet und nachgefragt, was es mit den vielen Formularen auf sich hat. Erika Schröder sagt, sie hätte sich gerne in Ruhe mit jemanden ausgetauscht, um sich in diesem Bürokratie-Dschungel etwas mehr Klarheit zu verschaffen. Eine Rückmeldung habe sie jedoch nie erhalten.

Auf eine Presseanfrage der BM hat sich Sandra Vorwerg, Pressesprecherin des Jobcenters, gemeldet. Aus datenschutzrechtlichen Gründen konnte sie zwar keine Fragen zum Einzelfall beantworten, dafür aber allgemeine Hinweise zu einem solchen Verfahren nennen. So würden Informationen wie die Gesamtfläche der Wohnung oder die Höhe der Nebenkosten/Heizkosten normalerweise nur einmalig angefragt werden. „Außer wenn leistungsrelevante Unterlagen fehlen“, sagt Sandra Vorwerg. „Soweit der Leistungsbeziehende die Informationen nicht einreicht, ist dies problematisch. Das kann dazu führen, dass er gegebenenfalls weniger bis keine Zahlungen für die Kosten der Unterkunft erhält“, erläutert die Pressesprecherin. Anfragen von Vermietern dürfe das Jobcenter ebenfalls nicht beantworten. „Hierzu muss eine datenschutzrechtliche Entbindungserklärung des Leistungsbeziehenden vorliegen“, sagt Sandra Vorwerg. Auch Beratungen für Dritte könne das Jobcenter nicht anbieten.

Die ältere Frau der Flüchtlingsfamilie könne sich hingegen als Leistungsbeziehende direkt an das Kundenreaktionsmanagement des Jobcenters Rhein-Berg unter der Rufnummer 02202/9333788 wenden.

Die Stadtverwaltung verweist wiederum auf die Anlaufstelle des Waschcafés. Dort kümmern sich Ehrenamtler der Initiative „Willkommen in Wermelskirchen“ um zugezogene Menschen, die Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsproblemen und dem Ausfüllen von Behördenschreiben benötigen. Brigitte Krips, die die Initiative gemeinsam mit Dorothea Hoffrogge und Cornelia Seng gegründet hat, kann das Problem von Erika Schröder und der Flüchtlingsfamillie durchaus nachvollziehen. „Manche Schreiben muss ich auch zweimal lesen, um nicht genau das Gegenteil anzukreuzen, was ich eigentlich meine“, sagt Brigitte Krips. Solche bürokratischen Vorgänge würden viele Vermieter davon abhalten, Wohnraum unterzuvermieten. Dabei sei dieser in Wermelskirchen sowieso schon sehr knapp. „Es gibt hier keine bezahlbaren Wohnungen für Familien mit drei oder mehr Kindern. Deshalb sind viele Familien bereits auf sehr engem Raum oder in einer Art Notunterkunft untergebracht“, so Brigitte Krips.

Die Behörden-Hilfe im Waschcafe bietet sie jeden Montag von 14 bis 18 Uhr und jeden Mittwoch zwischen 9 und 12 Uhr an. Voranmeldungen sind telefonisch unter der Rufnummer 01517/0138117 möglich.

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