Wermelskirchen War es doch ein Bankraub?

Wermelskirchen · Eine ehemalige Kassiererin der Stadtsparkasse hat ihr Geständnis der Veruntreuung von 123.732 Euro widerrufen und steht nach fünf Jahren im Berufungsverfahren erneut vor Gericht. Fünf Jahre ist es her, dass ein angeblicher Bankraub Wermelskirchen in Atem hielt.

Eine damalige Kassiererin hatte behauptet, ein unbekannter Mann habe von ihr umgerechnet 123.732 Euro verlangt und sich über die Telegrafenstraße aus dem Staube gemacht. Doch trotz des helllichten Tages hatte niemand einen flüchtenden Bankräuber gesehen.

Luftbuchungen oder Raub

Im Prozess vor dem Bensberger Schöffengericht hatte die Frau dann gestanden, sie habe über einen langen Zeitraum hinweg das Geld "mit Luftbuchungen" beiseite geschafft. Mit einer Verfahrenseinstellung war sie damals zwar davon gekommen, "das dicke Ende" mitsamt der Schadenersatzforderungen der Sparkassen-Versicherung sollte sie aber noch vor dem Arbeitsgericht ereilen.

Und siehe da: Bei der Verhandlung vor dem Solinger Arbeitsgericht am 27. Oktober 2005 widerrief sie ihr Geständnis. Sie wolle keinen Schadenersatz leisten für etwas, das sie nicht verbrochen habe. Nun bekam Amtsrichterin Veronika Schlotmann-Thiessen den verzwickten Fall nach fünf Jahren auf den Tisch, diesmal wegen Prozessbetruges durch eine falsche Aussage in einer der beiden vorherigen Instanzen. Bei der gestrigen Hauptverhandlung wollte der Verteidiger einen Freispruch für die ehemalige Sparkassenkassiererin erzielen. Eine Aussage machte die 50-Jährige nicht, ließ aber ihren Verteidiger vortragen, es gelte nunmehr aufzuklären, ob der Banküberfall damals stattgefunden habe oder nicht. Außerdem sei das Geständnis seiner Mandantin in Bensberg nicht glaubhaft gewesen. "Eine Unterschlagung scheibchenweise kann es so nicht gegeben haben, die hätte viel früher auffallen müssen", meinte der Anwalt.

Doch Richterin und Staatsanwältin wollten "hier und jetzt" keinen neuerlichen Aufklärungsversuch des verzwickten Falles starten. Auf den Vorschlag der Richterin, das Verfahren erneut einzustellen, gingen Anwalt und Angeklagte nicht ein. Auch lehnte sie eine Rücknahme ihrer Berufung "unter allen Umständen ab". Deshalb setzte die Richterin das Verfahren bis Ende Februar 2006 aus. Bis dahin soll die ehemalige Kassiererin mit ihrem Anwalt versuchen, in der Schadenersatzfrage einen Vergleich mit der Sparkassenversicherung zu erzielen.

Wird's ein Mammutverfahren?

Wenn dies bis dahin nicht möglich wird, dann rollt ein Mammutverfahren auf das Amtsgericht zu: "Wir werden ein Gutachten benötigen und viele Verhandlungstage", verdeutlichte die Richterin. Denn geladen werden dann nicht nur alle Wermelskirchener Prozesszeugen von vor fünf Jahren. "Antreten" müssen dann auch beispielsweise Richter und sonstige Prozessbeteiligte vom Arbeitsgericht in Solingen und nicht zuletzt auch aus dem Schöffengericht in Bergisch Gladbach-Bensberg.

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