Mitten in der Brut- und Aufzuchtzeit Freilaufende Hunde beißen zwei Rehkitze tot

Wermelskirchen · Immer wieder kommt es vor, dass unverantwortliche Besitzer ihre Hunde trotz geltender Leinenpflicht im Wald frei laufen lassen. Für die jungen Rehkitze, die noch nicht flüchten können, kann das tödliche Folgen haben.

 Ein etwa acht Wochen altes Rehkitz steht auf einem Feld. 

Ein etwa acht Wochen altes Rehkitz steht auf einem Feld. 

Foto: Patrick Pleuldpa/Patrick Pleul/dpa

Als der Anruf bei Revierpächter Jochen Schneider kam, dass eine Spaziergängerin ein totes Kitz in Pohlhausen gesehen hat, ist er sofort mit seinem Jadhund auf die Suche gegangen. Einen genauen Standort hatte er nämlich nicht. „Es hat etwas gedauert, bis wir das Kitz entdeckt haben“, erzählt der Jäger, der schnell erkannte: Das kleine Reh ist nicht an der Stelle gestorben, wo es gefunden wurde.

 Jäger Jochen Schneider appelliert an Besitzer, Hunde anzuleinen.

Jäger Jochen Schneider appelliert an Besitzer, Hunde anzuleinen.

Foto: Privat

„Ich vermute, dass das Herrchen von dem Hund, der das Kitz gerissen hat, das tote Tier an dieser Stelle verstecken wollte“, sagt Schneider. Ein „Tatort“, wo sich ein Hund im Jagdfieber auf ein Wildtier gestürzt hat, sehe anders aus. Dass es allerdings ein großer Hund gewesen sein muss, der für den Tod des wenige Wochen alten Kitzes verantwortlich ist, ist für den versierten Jäger klar erkennbar: „Es war ein gezielter Kehlbiss, die Abstände zwischen den Zähnen groß. Und ich hoffe sehr, dass das Kitz sofort tot war und nicht leiden musste.“

Dass der Hundebesitzer das Reh auch noch weggeworfen hat, um es vom viel begangenen Weg wegzuschaffen, und den Vorfall nicht gemeldet hat, macht ihn wütend: „Meldet euch einfach!“, appelliert er an Hundebsitzer. „Wenn das Reh nach einem Biss noch lebt und leidet, muss es erlöst werden. Das ist man einem Tier einfach schuldig. Polizei und Ordnungsamt haben die Nummern der für die jeweilige Pacht zuständigen Jäger, die dann sofort mit erfahrenen Jaghunden auf die Suche gehen.“

Die wenigsten Hundebesitzer hätten jedoch den Mut, zuzugeben, wenn ihnen ihr ansonsten so lieber und vermeintlich gut erzogener Hund ausgebüxt ist und ein Wildtier zu Tode gehetzt oder gebissen hat. „Damit müssen Hundehalter aber rechnen, weil der Jagdtrieb einfach in einem Hund steckt“, sagt Norbert Drekopf, Leiter des Hegerings in Wermelskirchen, zu dem 18 Reviere gehören.

   Norbert Drekopf ist Leiter des Hegerings in Wermelskirchen. 

Norbert Drekopf ist Leiter des Hegerings in Wermelskirchen. 

Foto: Stephan Singer

Bis zu 20 Rehe werden hier pro Jahr von Hunden gerissen oder in den Tod gehetzt. Allein zwei Kitze in der vergangenen Woche: eins in Pohlhausen, das andere in Dhünn. Dort haben allerdings die Besitzer sofort Bescheid gegeben: „Das ist ja auch nicht schlimm“, sagt Drekopf. „Die Hundeversicherung übernimmt den Schaden, den der Jäger durch das verlorene Reh hat.“

„Allerdings kann die Versicherung dann eine Leinenpflicht für den Hundehalter verhängen“, sagt Jochen Schneider, der im Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Berufsjäger ist und sich und seine Kollegen als „die letzten Anwälte des Wildes“ sieht. Das Problem: Davon wollen viele Hundehalter nichts wissen, ihre Vierbeiner lieber offen mit durch den Wald laufen lassen.

„Dabei gilt im Landschafts- und Naturschutzgebiet eine generelle Leinenpflicht“, betont Hegering-Norbert Drekopf. „Da muss der Hund ohnehin angeleint werden. Nicht nur während der Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit.“ Die beginnt offiziell in jedem Jahr am 1. April und endet am 31. Juli. In dieser Zeit sind Hunde im Wald und an der Nähe von Wiesen anzuleinen, um das Wild zu schützen. „Und wer seinen Hund nicht im griff hat, sollte ihn ohnehin nicht von der Leine lassen“, sagt Jochen Schneider, der nach der jüngsten  Vorfall Anzeige bei der Polizei erstattet hat.

„Spaziergänger und Natursportler, die in den Wald gehen, sollten sich immer bewusst machen, dass sie sich im Wohnzimmer der Waldbewohner aufhalten“, sagt er. „Die Menschen würden auch Panik kriegen, wenn ihnen ständig ein Fremder durchs Wohnzimmer rennt und sich nicht an Regeln hält.“

Das kann auch der Hegering bestätigen: „Gerade durch die Corona-Zeit zieht es immer mehr Leute in die örtlichen Wälder und auf die Wanderwege“, sagt Norbert Drekopf. „Viele halten sich auch an die Wege und benehmen sich ordentlich im Wald. Aber dann gibt es auch unbelehrbare Radfahrer, die überall langsausen und das Wild aufscheuchen. Oder Camper, die einfach an einer Wiese parken, darauf picknicken und sich nicht darum scheren, dass Wiesen und Äcker gar nicht betreten werden dürfen.“

Auch er richtet einen Appell an Hundebesitzer: „Bitte leint die Hunde an.“ Nicht nur zum Schutz der Hasen und Rehe, sondern auch, um den eigenen Hund zu schützen: Wildschwein-Mütter, die mit ihren Frischlingen unterwegs sind, können nämlich nicht unterscheiden, ob es ein Hund ist, der zwischen ihr und ihren Kindern steht, oder ein Wolf auf Beutezug... Die Bache wird ohne zu zögern angreifen und den Hund töten.

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