Wermelskirchen Wähler stellen Politiker vor neue Aufgaben

Wermelskirchen · Wermelskirchen hat eine feste CDU-Wählerschaft, wenngleich die Christdemokraten deutlich eingebüßt haben. Die AfD hat im Stadtgebiet ihre Wählerschaft, ist aber nur vierte Kraft. Die FDP punktet mit Zugpferd Christian Lindner, der sein Ergebnis von 2009 allerdings verpasst.

 Der eine Christdemokrat geht nach Berlin, der andere Christdemokrat möchte seinen Chefsessel im Kreishaus beerben: Die Ehepaare (v.l.) Sabine und Hermann-Josef Tebroke sowie Britta und Stephan Santelmann am Wahlabend.

Der eine Christdemokrat geht nach Berlin, der andere Christdemokrat möchte seinen Chefsessel im Kreishaus beerben: Die Ehepaare (v.l.) Sabine und Hermann-Josef Tebroke sowie Britta und Stephan Santelmann am Wahlabend.

Foto: Jürgen Moll

Das Stadtgebiet bleibt CDU-Stammgebiet. Auch wenn Hermann-Josef Tebroke 3722 Stimmen eingebüßt hat, wird mehr als deutlich, dass die Christdemokraten bei Erst- und Zweitstimmen hier schon bestimmend sind. Da sorgt auch die AfD nicht für den Ausreißer: Sie verdoppelt zwar ihr Zweitstimmen-Ergebnis im Stadtgebiet auf 8,1 Prozent - ihr Kandidat Roland Hartwig zieht aber nur bei 7,4 Prozent der Wählerschaft. Da ist eher ein Christian Lindner (FDP) zu nennen: Der Strahlemann mit Wermelskirchener Wurzeln, der längst in Düsseldorf lebt, holt bei Erst- und Zweitstimmen über 18 Prozent in seiner Heimatstadt. Das wird neidlos von den Mitbewerbern des bürgerlichen Lagers anerkannt. An sein Zweitstimmen-Spitzenergebnis von 2009 von 20,6 Prozent kommt Lindner aber nicht heran.

Bei einer Wahlbeteiligung von 78,4 Prozent haben 21.326 Wähler im Stadtgebiet ihre Stimme abgegeben, 1704 entscheiden sich für die AfD. In sieben Stimmbezirken erreicht die AfD über zehn Prozent. Mit 12,4 Prozent gibt's das höchste Ergebnis im Gemeindehaus Heisterbusch.

In allen Wermelskirchener Wahlbezirken holt die CDU die Mehrheit - bei Erst- wie auch bei Zweitstimmen. Tebroke kommt aber an die Werte seines Vorgängers Wolfgang Bosbach nicht heran. Bei ihm hat es bei der vergangenen Wahl keinen Wert unter 50 Prozent gegeben. Über 50 Prozent kam Tebroke nur dreimal - in Dhünn, in Neuenhaus und in Grunewald. Das zeigt: Auf dem Land lebt die Stammwählerschaft der CDU. Und die gilt es künftig zu pflegen. Bei den Zweitstimmen verliert Tebroke 1855 Wählerstimmen gegenüber 2013.

Nikolaus Kleine (SPD) bricht nicht wesentlich in Wermelskirchen ein. Aber auch er ist für die Wähler eher ein Unbekannter - und er bekommt den Trend zu spüren.

Der Wahlsieger Tebroke bereitet sich auf seinen Wechsel nach Berlin vor: Heute und morgen sind die ersten Sitzungen in der Bundeshauptstadt. Dafür hat der amtierende Landrat zwei Tage Urlaub genommen. Er scheidet aus seinem Amt an jenem Tag aus, wenn die konstituierende Sitzung des Bundestages stattfindet, also in etwa vier Wochen. Für die Übergabe an einen Nachfolger ist alles geregelt: Kreisdirekt Erik Werdel wird vorerst die Geschäfte übernehmen, außerdem gibt es noch vier stellvertretende, ehrenamtliche Landräte.

Für die örtliche Politik gilt es nun, das Ergebnis aufzuarbeiten: Zufrieden kann man mit den Zahlen nicht sein. Mit Tebroke gibt es zwar einen überzeugenden Kandidaten, der aber kreisweit rund 28.880 Erststimmen und 11.739 Zweitstimmen im Vergleich zu 2013 verliert. Hier punktet die AfD - mit fast acht Prozent wurde sie von 13.814 Bürgern mit ihrer Zweitstimme gewählt. Das gibt den Volksparteien hoffentlich zu denken. Besonders der CDU, will sie nicht in vier Jahren ein Debakel erleben, zumal ein unbekannter AfD-Kandidat kreisweit sieben Prozent der Stimmen holt. Das kann nur bedeuten: Es ist nicht um Inhalte gegangen. Und das ist für dieses Land schlimm.

Daran müssen die Volksparteien im Kreis und in den Städten arbeiten. Denn die Verluste sind überall spürbar. Wenn ein Kreisvorsitzender Rainer Deppe (CDU) sagt, die AfD sei nicht spürbar im Kreis, und Redebeiträge habe er von den AfD-Politikern nicht wahrgenommen, obwohl sie Steuergeld kassierten, hat er da Recht. Doch so verbal zu reagieren ist einfach zu wenig. Die Überzeugungsarbeit für gute Politik muss an der Basis erfolgen.

Denn auch im Stadtparlament ist von der AfD nichts zu hören. Hier müssen die Volksparteien nun punkten. Es reicht nicht, sich auf dem Wahlergebnis (CDU-Innenminister Herbert Reul am Wahlabend im Kreishaus: "Ein gutes Ergebnis. Wir sind stärkste Kraft. Wir brauchen uns nicht zu verstecken.") auszuruhen.

Es werden mehr noch als vier spannende Jahre. Denn der Rechtsruck wird auch vor Ort für Auftrieb bei der AfD sorgen. Und hier an der Basis müssen die Volksparteien zeigen, dass sie es können: Nämlich die Bürger schützen, ihre Städte entwickeln und mit Geld verantwortungsvoll umgehen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort