Wermelskirchen Von Zille bis zu Pina Bausch

Wermelskirchen · In der Galerie des Kunstvereins, Markt 9, wird morgen an Allerheiligen eine ganz besondere Ausstellung mit Lithographien von Heinrich Zille und Holzschnitten von Antje Wichtrey eröffnen. Dazu gehören aus dem Kunsthaus Lübeck ein Pina Bausch-Zyklus und Berliner Milieu-Studien.

 Zweimal tanzen, aber unterschiedlicher können die Darstellungen nicht sein: Heinrich Zilles Lithographie von 1916, genannt "Ferienpaten", sowie Antje Wichtreys Holzschnitt aus dem "Pina Bausch-Zyklus" von 2012 sind jetzt mit vielen weiteren Zille- und Wichtrey-Werken in Markt 9 zu sehen. Bilder: kunsthaus Lübeck

Zweimal tanzen, aber unterschiedlicher können die Darstellungen nicht sein: Heinrich Zilles Lithographie von 1916, genannt "Ferienpaten", sowie Antje Wichtreys Holzschnitt aus dem "Pina Bausch-Zyklus" von 2012 sind jetzt mit vielen weiteren Zille- und Wichtrey-Werken in Markt 9 zu sehen. Bilder: kunsthaus Lübeck

Foto: kunsthaus lübeck

Einfühlsam, kritisch, entlarvend oder belächelnd, menschlich und allzu menschlich treten die Figuren auf den Lithographien von Heinrich Zille und den Holzschnitten von Antje Wichtrey dem Betrachter entgegen. In Markt 9, der Galerie des Kunstvereins, steht die höchstwahrscheinlich meist beachtete Ausstellung dieses Jahres kurz vor ihrer Eröffnung.

Das Kunsthaus Lübeck hat Heinz Engels, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kunstvereins, diesmal so viele Werke der beiden Künstler zur Verfügung gestellt, dass er die Ausstellung sogar einmal komplett austauschen wird. Das Zusammenspiel zwischen der Detail reichen, fast barocken Zeichenweise von Zille mit der sparsamen, aber eindringlichen, auf das Wesentliche konzentrierten Formensprache von Antje Wichtrey versetzt den Ausstellungsbesucher in eine faszinierende Spannung.

Wichtrey arbeitet in ihren Holzschnitten mit stilisierten Formen, denen sie stets viel Raum gibt. Scheinbar verloren wirken die Menschen in Raum und Zeit, doch sie füllen ihn auch, wie in der Ausstellung im Pina Bausch-Zyklus eindrucksvoll zu sehen. In memoriam der kürzlich verstorbenen begnadeten Choreographin Pina Bausch, die das Wuppertaler Tanztheater zu Weltruhm brachte, hat Wichtrey Holzschnitte geschaffen, die trotz des Materials fast eine schwerelose Leichtigkeit, eben den Ausdruck des Tanzes, einfangen. Wer Pina Bausch-Aufführungen gesehen hat, fühlt sich durch diese Holzschnitte wieder unmittelbar in den Zuschauerraum zurückversetzt.

Mit Echtheitsexpertisen

Mitten ins Milieu, oder wie es der Berliner Heinrich Zille nannte, "Milljöh", treffen die Lithographien dieses Altmeisters und Lehrherren vieler heutiger Karikaturisten. Da gibt es eine Menge zu sehen und auch zu lesen, denn Zille versah die meisten seiner treffsicheren Einblicke auch in die Berliner Halbwelt mit hintergründig-humorvollen Texten. Doch oft gefriert auch das Lachen, etwa bei der sarkastischen Anmerkung auf der Lithographie "Verhaftung". Dort steht, wie wahr!: "Man kann mit einer Wohnung einen Menschen genauso gut töten wie mit einer Axt."

Die düsteren Berliner Mietskasernen aus Zilles Zeiten mögen ihm diesen Satz eingegeben haben. Zille gelingt es beispielsweise auch in einer eigentlich trübsinnigen Wirtshausszenerie, genannt "Schnapsdestille", die Opfer der Trunksucht in gewisser Weise trotzdem sympathisch darzustellen. Er mag alles, was zum Milieu gehört, vor allem die Kinder, die er gerne als eine rotzfreche Bande darstellt.

Eine Besonderheit der Ausstellung ist die siebenteilige "Drahtzieher-Hochzeit" von Zille, die nur als Ganzes zu erwerben ist. Sie wird deshalb auch nur in der ersten Hälfte der Schau wahrscheinlich bis Mitte Dezember zu sehen sein.

Heinz Engels hatte bereits vor fast einem Jahr die Idee, die beiden so ungleichen, aber doch in einen so reizvollen Dialog tretenden Künstler Zille und Wichtrey zusammen zu bringen. Er freut sich besonders darüber, dass auch die allerneuesten Werke von Wichtrey, der Pina Bausch-Zyklus, sowie eine besonders große Auswahl an Zille-Lithographien mit Echtheitsexpertisen vom Kunsthaus Lübeck ausgeliehen werden konnten.

(RP/rl)
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