Mein Arbeitsplatz Ein Cola-Freund sorgt für Trinkwasser

Wermelskirchen · Uwe Wolter ist Standortverantwortlicher der Dhünn-Talsperre. Er arbeitet seit 25 Jahren für den Wupperverband.

 Uwe Wolter ist beim Wupperverband der Standortverantwortliche für die Große Dhünn-Talsperre in Lindscheid. Seinen Job bezeichnet er als Traumjob.

Uwe Wolter ist beim Wupperverband der Standortverantwortliche für die Große Dhünn-Talsperre in Lindscheid. Seinen Job bezeichnet er als Traumjob.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

52 Jahre ist Uwe Wolter alt, und fast die Hälfte seines Lebens arbeitet er in einem Beruf, den es eigentlich gar nicht gibt: zumindest nicht als Ausbildungsberuf. Der gelernte Maurer ist Standortverantwortlicher der Großen Dhünn-Talsperre und damit der zweitgrößten Trinkwassertalsperre Deutschlands. Seit 25 Jahren kümmert sich Wolter darum, dass die etwa 440 Hektar große Wasserfläche unterhalb des Wermelskirchener Örtchens Lindscheid und die dazugehörende Stautechnik top in Schuss sind.

Bis zur Rente sind es noch 15 Jahre, und darauf angesprochen, im untersten Geschoss des Stauturms, stutzt Wolter irritiert angesichts dieser Rechnung und sagt dann sehr entschlossen: „Ich werde keinen Monat früher gehen.“ Dabei schaut er, mehr als 50 Meter unter der Wasseroberfläche, zufrieden und sehr stolz auf sein Reich. Einen erfüllenderen Beruf kann er sich nicht vorstellen.

Wolter, Hobby-Rennradfahrer aus Dabringhausen, ist Techniker, Umweltschützer, Teamarbeiter. Er führt drei Mitarbeiter – „früher haben hier 22 gearbeitet“ – und hat mit ihnen gerade erst den obligatorischen Frühjahrsputz erledigt. Der gesamte Turm, dessen Höhe etwa mit 16 Etagen eines Wohnhauses zu vergleichen ist, von denen aber wie bei einem Eisberg nur wenig oberhalb des Wasserspiegels zu sehen ist, wirkt im Inneren wie frisch gebohnert. Kein Staub auf dem Betonboden, kein Schmier an einer der unterarmdicken Schrauben, die gigantische Metallrohre zusammenhalten, durch die das Wasser fließt. „Wir arbeiten hier mit einem Lebensmittel“, sagt Wolter. „Da möchte ich auch, dass es entsprechend aussieht.“ Kaum ein Privathaus dürfte ein saubereres Kellergeschoss haben als die Große Dhünn-Talsperre.“

 Die frisch gestrichenen Zuleitungsrohre.

Die frisch gestrichenen Zuleitungsrohre.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wolter mag den Zusammenhalt seines Teams – drei Männer, eine Frau – im Wupperverband. „Die Stimmung ist super“, sagt er. „Und wenn wir putzen, drehen wir die Musik auf.“ Vier Tage lang polieren er und seine drei Mitarbeiter den Turm von innen, und sollte dabei etwas auffallen, eine wackelnde Schraubverbindung, ein quietschendes Geländer, dann reparierten sie das natürlich selbst. Auch das 8,5 Tonnen schwere Ringkolbenventil am Fuße des Talsperrenturms, haben er und seine Kollegen eigenhändig instand gesetzt, als es defekt war. Dazu mussten sie das komplette Rohrgewirr im „Keller“ auseinanderbauen, um Platz zu schaffen für den zu umsorgenden Giganten.

365 Stufen führen an der bis zu 80 Zentimeter starken Innenwand des Gebäudes kreisförmig ganz nach unten, und einmal pro Tag muss einer der Talsperren-Mitarbeiter zur Sichtprüfung den kompletten Weg abwärts antreten. Wer sportlich ist, läuft zurück. Die anderen nehmen den winzigen Aufzug. Handyempfang haben sie dort nicht, zur eigenen Sicherheit ist ein Diensttelefon mitzunehmen, mit dem im Notfall Hilfe erreichbar ist. Dass Wolter viel an seiner Aufgabe liegt, merkt, wer mit dem Mann aus Dabringhausen ins Gespräch kommt. Dann steht der Schalke-Fan da, schaut auf seinen Arbeitsplatz zwischen hellblau, dunkelblau und grün lackierten Röhren – „die haben wir vor vier Jahren selbst gestrichen“ – und erklärt, dass er sich auch als Umweltschützer sieht. „Wir leisten hier einen Beitrag für einen besseren Umweltschutz“, sagt er. Die Wasserschutzzone rund um die Talsperre kontrollieren er und seine Kollegen mindestens zweimal pro Woche.

Im Sommer strampelt er mit dem Elektro-Dienstrad über die Schotterwege, die bis zu 50 Kilometer rund um die Talsperre ausmachen. Er spricht irrgelaufene Wanderer an, grillende Jugendliche oder allzu wasserinteressierte Menschen und bittet sie höflich, aber sehr bestimmt, die Schutzzone zu verlassen. „Wir betreiben Aufklärung und appellieren an die Vernunft der Leute“, sagt Wolter.

Denn wer sich den 81 Millionen Kubikmetern aufgestauten Wassers nähert oder gar hinein möchte, bewegt sich sozusagen in einem Wasserglas. Das Gewässer ist Schutzgebiet, liefert nach der Aufbereitung Trinkwasser für das Bergische Land mit Solingen, Remscheid, Leverkusen und Wuppertal und stellt eine Notversorgung für Düsseldorf sicher. Nur Wolter, der Mann, der sich so gut um das Wasser kümmert und die enorme Trinkwasserqualität, die es in Deutschland gibt, lobt, greift selbst lieber zur Cola. „Tja“, sagt er und lacht laut auf, „da bin ich wirklich ein wenig süchtig.“ Pures Wasser komme ihm nicht ins Glas: zu geschmacklos, zu durchsichtig, zu wenig Kohlensäure.

Er selbst kam allerdings bereits in das pure Wasser: Bei einem Arbeitseinsatz, bei dem er mit einem kleinen Boot eine schwere Plattform ziehen wollte, verlor er das Gleichgewicht und plumpste in den Stausee. „Das ist eigentlich allen Kollegen schon mal passiert“, sagt Wolter und lacht. Am 66 Meter hohen Stauturm hängt ein Rettungsring.

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