Kirchengemeinde Wermelskirchen hat Besuch aus Sáregres Von Gebeten, Genüssen und Gegensätzen

Wermelskirchen · Sie wollen sich auf Augenhöhe begegnen und voneinander lernen: Seit Dienstag ist eine Delegation aus Sáregres/Ungarn zu Gast bei der Evangelischen Kirchengemeinde. Seit Jahrzehnten wird eine Partnerschaft gepflegt.

  Kochen mit den ungarischen Gästen (v.r.) Kristof Boza, Istvan Kotai, am Herd Enikö Agocs, die Leiterin Sonja Raschkowski, sowie die Essentester Gerda Schnellhardt, Erika Ferger, Marlies Simmat.	Foto: Peter Meuter

Kochen mit den ungarischen Gästen (v.r.) Kristof Boza, Istvan Kotai, am Herd Enikö Agocs, die Leiterin Sonja Raschkowski, sowie die Essentester Gerda Schnellhardt, Erika Ferger, Marlies Simmat. Foto: Peter Meuter

Foto: Meuter, Peter (pm)

Es duftet nach Essiggurken und Zwiebeln. Und aus den Töpfen auf dem Herd im Haus der Begegnung steigt vielversprechender Dampf auf. Enikö Agócs rührt gut gelaunt in den großen Töpfen. „Das wird eine ungarische Spezialität“, erklärt Ehemann István Kótai, „wir haben dieses Rezept von unseren Großeltern übernommen.“ Das Fass Gurken haben sie aus Sáregres mitgebracht, dazu gibt es ein Gericht aus Nudeln, Stampfkartoffeln und gedünsteten Zwiebeln. Sehr zur Freude der Besucher, die sich zum Mittagessen angemeldet haben.

Das ist der leichteste Teil der Begegnung – wenn die Freunde aus Ungarn am Ofen zaubern, wenn sie mit ihren Liedern und Tänzen den Menschen ein frohes Lächeln aufs Gesicht zaubern, wenn gemeinsam gebetet wird. Seit Dienstagabend ist die Delegation aus Sáregres in Wermelskirchen zu Gast. Die evangelische Kirchengemeinde pflegt seit Jahrzehnten eine Partnerschaft in die evangelische Gemeinde der ungarischen Kleinstadt. „Es begann damit, dass wir im Kommunismus Kontakt in den Westen suchten und um Unterstützung baten“, erzählt Pastor Kristóf Boza. Bibeln waren ebenso Mangelware wie Mittel für den Erhalt der kirchlichen Gebäude. „Inzwischen hat sich unsere Beziehung verändert“, sagt Boza, „wir sind Freunde geblieben.“

Und das gilt auch in politisch stürmischen Zeiten. Während der Ton zwischen ungarischer und deutscher Regierung rauer wird, begegnen sich die Christen aus Sáregres und Wermelskirchen freundschaftlich. „Ich akzeptiere andere Meinungen und wünsche mir, dass meine auch akzeptiert werden“, sagt Boza. Eine politische Stellungnahme folgt darauf nicht. Denn Ungarn und Deutsche würden wohl zuweilen ahnen, dass sie Dinge unterschiedlich sehen, sagt auch Pfarrer Dr. Volker Lubinetzki. Deswegen bleibe man meist doch bei Andeutungen. Und: „Wir wollen nicht als besserwisserische Deutsche auftreten“, sagt Lubinetzki, „wir wissen, dass man Dinge anders sehen kann.“ Und deswegen sehe er es auch in diesen Zeiten in dieser Partnerschaft als selbstverständlich an, den anderen mit seiner Meinung anzunehmen.

Ohnehin soll es zwischen den Partnern aus dem ländlich Sáregres und der evangelischen Kirchengemeinde in Wermelskirchen auch darum gehen, aus der Unterschiedlichkeit Lehren für das eigene Gemeindeleben zu ziehen. „Das Entscheidende ist für uns, das ökumenische Bewusstsein zu stärken“, sagt Lubinetzki. Menschen an anderen Orten in der Welt, mit anderen Sprachen, Kulturen und Geschichten, gestalten ebenso evangelisches Gemeindeleben. „Wir hören vom Christsein in einer anderen Gesellschaft, ohne sprudelnde Finanzen, in einem ländlichen Gebiet, in dem fast keine jungen Menschen mehr leben“, sagt Lubinetzki, „und wir sehen auch, wie gut es uns geht.“

Wenn sich die Gastgeber und die Gäste heute begegnen, dann ist es ein Treffen unter Freunden. Gastfamilien und Gäste begegnen sich auf Augenhöhe. Ein bisschen mehr Interesse der Gemeinde an der Partnerschaft wünscht sich Lubinetzki. Und auch die Ungarn reisten schließlich nur mit fünf statt mit zehn Gemeindegliedern an. Aber: „Wir beten füreinander“, sagt Boza, „auch wenn wir längst zurückgekehrt sind.“

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