Wermelskirchen Stadtkasse kann nicht alles finanzieren

Wermelskirchen · Kassensturz mit Kämmerer Bernd Hibst: Wermelskirchen geht es nicht toll. Trotzdem ist die Haushaltssanierung in Sicht.

 Einen Ersatz für das sanierungsbedürftige Quellenbad hält Hibst für möglich.

Einen Ersatz für das sanierungsbedürftige Quellenbad hält Hibst für möglich.

Foto: Moll (2), Hertgen (ARchiv)

Die 54 Mitglieder des neuen Stadtrates treten ihr Mandat in keiner guten Zeit an. Die Bürger erwarten von ihnen, dass sie zum Wohl und der Weiterentwicklung Wermelskirchens gute Entscheidungen treffen - und das geht selten, ohne Geld in die Hand zu nehmen. Doch davon ist in der Stadtkasse zu wenig. Für Notwendiges - wie Straßen oder Schulen; für Pflichtaufgaben - vor allem im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe; und erst Recht für das, was die Stadt schön macht, aber nicht Pflicht ist - Schwimmbad, Kunstrasenplätze, Kultur.

Der Buhmann vom Dienst ist Bernd Hibst. Als Stadtkämmerer muss er für die Finanzen der Stadt gerade stehen - und hat damit nicht den beliebtesten Job im Rathaus.

"Wermelskirchen geht's nicht toll", sagt Hibst im BM-Gespräch. Und räumt zugleich ein: "Im Vergleich zu anderen stehen wir noch ganz gut da." Obwohl Wermelskirchen seit 2011 in der Haushaltssicherung steckt - und damit zur strikten Sanierung des Haushalts gezwungen ist - werde es vom Land offenbar als wohlhabend angesehen. Denn im Rahmen des Stärkungspaktes, den die Landesregierung angestoßen hat, gehört Wermelskirchen zu den Kommunen, die in den Fördertopf einzahlen müssen, während finanzschwache Städte daraus Geld erhalten.

 Die Investitionen in die Schullandschaft (hier der Blick vom neuen Schuldorf auf die alte Realschule) bezeichnet Hibst als "Projekt, das sich sehen lassen kann".

Die Investitionen in die Schullandschaft (hier der Blick vom neuen Schuldorf auf die alte Realschule) bezeichnet Hibst als "Projekt, das sich sehen lassen kann".

Foto: Moll (2), Hertgen (ARchiv)

In diesem Jahr musste Wermelskirchen 208 000 Euro als "Kommunal-Soli" zahlen, im kommenden sollen es knapp 120 000 Euro sein. Gegen diese zusätzliche Belastung, die die Sparbemühungen erschwert, wehrt sich die Stadt und bereitet mit anderen Kommunen Verfassungsbeschwerde vor.

Hibsts Kassensturz zeichnet ein Bild, auf das die Bezeichnung wohlhabend nicht zutrifft: Wermelskirchen ist mit rund 73 Millionen Euro verschuldet. Als die Stadt im Jahr 2007 das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) einführte und dabei vom kameralistischen System wie ein Wirtschaftsunternehmen auf das buchhalterische System umstellte, wies die Eröffnungsbilanz ein Eigenkapital von 154 Millionen Euro aus. Das ist eine fiktive Rechengröße, kein vorhandenes Geld. Trotzdem: Im Jahr 2014 sind nur noch 107 Millionen Euro übrig. "Diese Entwicklung ist in der Tat besorgniserregend", sagt Hibst. "Sie entspricht zum Glück aber nicht einem Anstieg der Verschuldung in gleicher Höhe." Aufgefressen wurde das Kapital in allen Bereichen des Haushaltes, besondere Kosten verursachten zum Beispiel Leistungen der Jugendhilfe oder neue Anforderungen an den Brandschutz.

Gleichwohl ist der Kämmerer zuversichtlich, dass es Wermelskirchen gelingt, das vorgegebene Sparziel - eine schwarze Null im Haushalt 2021 - zu erreichen. "Wir liegen gut im Plan", sagt er. Neben strenger Kostendisziplin setzt die Verwaltung dabei auch auf die weitere Entwicklung von Gewerbeflächen, um über die Gewerbesteuer Einnahmen zu erzielen. Massive Einbrüche der Gewerbesteuer wie 2011 sieht Hibst nicht voraus, auch wenn die Entwicklung der Gewerbesteuer immer auch mit Risiken behaftet sei. Darüber hinaus könnte es andere Risikobereiche geben. Beispielsweise das Thema Inklusion: Wie viel zusätzliches Personal muss etwa für die Integration von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des Lebens eingestellt werden? Wer zahlt nötige Umbauten in Kitas oder Schulen? "Es werden Kosten auf den Kommunen hängen bleiben", prognostiziert Hibst.

 Kunstrasenplätze jedoch (hier in Bergisch Born) könne die Stadt alleine nicht finanzieren.

Kunstrasenplätze jedoch (hier in Bergisch Born) könne die Stadt alleine nicht finanzieren.

Foto: Moll (2), Hertgen (ARchiv)

Bleibt Wermelskirchen Spielraum, um in Kunstrasenplätze oder ein Schwimmbad zu investieren? Auf alleinige Kosten der Stadt könne es keine Kunstrasenplätze geben, sagt Hibst. Schließlich habe sie bereits für die Schulen eine Steuererhöhung beschließen müssen. Der Kämmerer ist aber überzeugt, dass es für den Kunstrasen andere Finanzierungswege gibt, "hier möchte ich den politischen Gremien aber nicht vorgreifen".

Anders sieht es beim Schwimmbad aus. Beim aktuellen Bad besteht erheblicher Sanierungsbedarf, dessen Umsetzung teurer als ein bescheidener Neubau werden könnte. Hier schlägt Hibst vor, mittelfristig zu planen, um in zwei bis drei Jahren ein trag- und genehmigungsfähiges Konzept zu haben.

Bei allen Herausforderungen geht Hibst seinen schwierigen Job mit erhobenem Kopf an. Er weiß, dass er auf sein Team vertrauen kann, und sieht nicht schwarz: "Wir dürfen uns nicht weniger leistungsfähig darstellen, als wir tatsächlich sind." Vor allem mit dem Ausbau der Schullandschaft habe Wermelskirchen aktuell gute Projekte, "die sich durchaus sehen lassen können".

(RP)
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