Szene Wort-Schwadroneur begeistert Publikum in der Katt

Wermelskirchen · Hach, es ist doch schön, wenn alte Bekannte zu Besuch kommen. Oder, korrekter, man zu ihnen kommt. Und diese dann für runde zwei Stunden gut gelaunt und stinksauer, sprachlos und auskunftsfreudig zugleich sind. Wie Jochen Malmsheimer am Mittwochabend im ausverkauften großen Saal der Katt.

Hach, es ist doch schön, wenn alte Bekannte zu Besuch kommen. Oder, korrekter, man zu ihnen kommt. Und diese dann für runde zwei Stunden gut gelaunt und stinksauer, sprachlos und auskunftsfreudig zugleich sind. Wie Jochen Malmsheimer am Mittwochabend im ausverkauften großen Saal der Katt.

Und Malmsheimer, dieser Wort-Hurrikan - denn wortgewandt oder wortgewaltig als das Geschehen beschreibende Adjektive würden nicht ansatzweise erfassen können, was da alles aufs Publikum an Gags und Wortverdrehungen einprasselte - war alles zusammen: gut gelaunt, stinksauer und auskunftsfreudig. Gut, sprachlos war er nicht. Zum Glück. Auch wenn er, kaum auf der Bühne, bereits anmerkte: "Auch dieses Programm, wiewohl brandneu, zerfällt bereits."

Tja nun, da hatte er hingegen nicht ganz unrecht. Denn das mochte für den einen oder anderen im Publikum am Mittwochabend zutreffen - den neuen Medien sei "Dank" war das Programm "Dogensuppe Herzogin - Ein Austopf mit Einlage nach Motiven von Erasco von Rotterdam" schon im Vorfeld bekannt.

Aber wenn Malmsheimer, noch im Stehen vor dem Mikro, in die "4000-äugige Bestie Publikum" - okay, es waren rund 800, und damit 1600 Augen, plus minus, aber ausverkauft, keine Frage, leider passen eben mehr Leute nicht rein - keilte: "Sie müssen nicht jedes Mal klatschen, wenn Sie was verstanden haben. Das hält nur auf!" Dann freute man sich trotzdem.

Denn da stand einmal mehr im Malmsheimerschen Schaffen der ja seit einiger Zeit "beerdigte" Lothar Dombrowski - eine Figur des Kabarettisten a.D. Georg Schramm - Pate. Also etwas Bekanntes.

Genau wie die "Ode an den Agenten", die natürlich an die "Ode an die Hose" aus früheren Programmen angelehnt war. Aber so wie der Kuchen vom Vortag heute noch besser mundet, war es ein einziges Vergnügen, Malmsheimer dabei zuzuhören, wie er seinem Agenten zu vermitteln versuchte - "als Anrufung, nicht als Anruf" -, dass er eigentlich gar keine Lust auf ein neues Programm hatte.

Hauptteil des Programms waren aber nicht die schreiberischen Befindlichkeiten des Herrn Kabarettisten. Vielmehr ging es um eine Befindlichkeit der Ehe: "Mir schwanden die Sinne, was schnell geht, weil es nicht so viele sind", sagte Malmsheimer, als er dem Publikum eröffnet hatte, dass seine Gattin ihm eine Busreise nach Venedig angedeihen lassen wollte. "Der Mensch ist bauartbedingt schon als Einzelprodukt eine Zumutung" - wer so über seine Mitmenschen denkt, hatte natürlich bei einer Gruppenreise ein Betätigungsfeld utopischen Ausmaßes.

Und das nutzte der Wort-Gigant ausgiebig. Er schwadronierte, fabulierte und salbaderte so ausgiebig über diese Fahrt, dass man direkt das Gefühl hatte, dabei gewesen zu sein. "Gleich kommt eine Schwester durch den Mittelgang und verteilt Tomatensaft - und Zäpfchen gegen Verstopfung. Wobei sich da die Frage stellt, wie man sich das einführen soll." Denn schließlich sei er, Malmsheimer, zwar Protestant und damit das Knien in Demut als Teil seines Lebenskonzeptes gewöhnt, aber: "Verhält sich Wurst in der Pelle? Oder Zahnpasta? Verhält die sich etwa?"

Jochen Malmsheimer zeigte sich in der Kattwinkelschen Fabrik wieder einmal von seiner besten Seite - er redete. Kein Problem, weil man das von ihm ja kennt, war dabei, dass er praktisch nur vom Manuskript ablas. Man musste ohnehin aufpassen, dass man nichts versäumte, denn das launige Geplapper wurde nur ab und zu durch ein hysterisches Kichern oder dezenten Soundeffekten aufgelockert.

Absurdistan hieß dennoch das Ziel an diesem wunderschönen Herbstabend - und das wurde in 120 abwechslungsreichen Minuten auch problemlos erreicht. WOLFGANG WEITZDÖRFER

(RP)
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