Hacker-Attacke auf IT-Dienstleister Stadt Wermelskirchen sendet Info-Brief zum Cyberangriff an die Bürger
Wermelskirchen · Das Schreiben soll die häufigsten und wichtigsten Fragen zu den Folgen des Erpressungsversuchs bei dem Dienstleister Südwestfalen-IT beantworten.
Mit einem Schreiben will die Verwaltung Wermelskirchen die aus ihrer Sicht wichtigsten Fragen rund um den Cyberangriff auf den IT-Dienstleister der Stadt und die daraus resultierenden Einschränkungen beantworten. „Wir möchten sicherstellen, dass alle Wermelskirchenerinnen und Wermelskirchener umfangreich über die aktuelle Situation in der Verwaltung und die Auswirkungen durch den Cyberangriff informiert sind“, erläutert Bürgermeisterin Marion Lück das Vorgehen: „Auch diejenigen, die keinen Internetzugang haben.“
Das Informationsschreiben wird demnach im Laufe der kommenden Woche durch die Post an sämtliche Haushalte in Wermelskirchen verteilt. „Da es sich um knapp 20.000 Schreiben handelt, brauchen wir etwas Zeit zum Drucken und versenden“, erklärt die Bürgermeisterin. Außerdem werde das Schreiben in Geschäften in der Innenstadt sowie in Dhünn und Dabringhausen zum Mitnehmen ausgelegt.
„Natürlich setzen wir die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema auch auf unsere Notfall-Website unter www.stadt-wk.de. Diese Liste wird laufend aktualisiert, sobald wir neue Informationen von unserem IT-Dienstleister zum Stand der Dinge erhalten“, kündigt Stadtsprecherin Kathrin Kellermann an.
Seit dem Cyberangriff auf Südwestfalen-IT (S-IT) am 31. Oktober werde in der Stadtverwaltung unter Hochdruck daran gearbeitet, Notfall-Lösungen für Dienstleistungen zu entwickeln. „Leider sind wir durch den Systemausfall derzeit nicht in der Lage, auf alle Daten und Systeme zuzugreifen“, sagt Bürgermeisterin Marion Lück. „Unter anderem haben wir keinen Zugriff auf die aktuellen Meldedaten, wodurch es uns unmöglich ist, alle Bürgerinnen und Bürger persönlich anzuschreiben. Allerdings ist es uns bereits gelungen, für viele Fachanwendungen Notfall-Lösungen auf die Beine zu stellen.“ Und sie fügt hinzu: „Wir können derzeit nur um Verständnis dafür bitten, dass aktuell nicht alle Dienstleistungen angeboten werden können.“
Eine der provisorischen Notfall-Lösungen sind die „Wermelskirchen-Schalter“ in den Bürgerbüros in Remscheid und Hückeswagen, die von Mitarbeitern der Stadt Wermelskirchen besetzt werden und eigens für die Ausstellung von vorläufigen Reisepässen und Personalausweisen eingerichtet wurden. Wie Stadtsprecherin Kathrin Kellermann auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt, werden diese Schalter frequentiert– an den Öffnungstagen sind es demnach stets drei bis vier Vorgänge, die dort bearbeitet werden.
Die Verwaltung fordert dazu auf, alle Zahlungen an die Stadt, wie Gewerbe-, Grund- oder Hundesteuer, die ansonsten per SEPA-Lastschrift gebucht werden, zu überweisen. Das gelte auch für Kindergarten- oder Offene Ganztagsschulen-Beiträge. Gleichzeitig betont die Kämmerei, dass die Stadt ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen könne, wenngleich händisch und nicht automatisiert überwiesen werden müsse.
Wurde die Stadt Wermelskirchen selber Opfer des Cyberangriffs?
Nein, die Stadt Wermelskirchen wurde selber nicht angegriffen. Der Angriff richtete sich ausschließlich gegen das Rechenzentrum Südwestfalen-IT (SIT). Die Stadt Wermelskirchen ist deshalb von diesem Cyberangriff betroffen, weil sie viele Computerprogramme und elektronische Fachanwendungen über dieses Rechenzentrum bezieht. Auch Internet sowie E-Mail-Programm erhält die Verwaltung von dort. Hintergrund der Cyberattacke ist ein Erpressungsversuch durch einen sogenannten Verschlüsselungstrojaner, sodass aktuell auf eine Reihe von Daten und Anwendungen bei S-IT nicht mehr zugegriffen werden kann.
Wurden durch den Cyberangriff persönliche Daten der Bürger abgefischt?
Ein Datenabfluss konnte bisher nicht festgestellt werden, konstatiert die Stadt: „Da jedoch die Analysen noch nicht abgeschlossen sind, ist diese Beurteilung noch nicht endgültig.“ Einschlägige Quellen im Darknet werden von Seiten der Ermittler aus diesem Grunde dauerhaft überwacht, weil dort gegebenenfalls mit illegal erlangten Daten gehandelt werde. „Sobald hierzu neue Informationen vorliegen, veröffentlichen wir diese auf unserer Notfall-Homepage“, verspricht die Stadtverwaltung.
Welche Einschränkungen gibt es durch den Cyberangriff?
Die Stadtverwaltung kann das Internet zurzeit nur sehr eingeschränkt nutzen. Dadurch sind viele Computerprogramme und elektronische Fachanwendungen, die für die Erledigung der täglichen Arbeiten erforderlich sind, nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar. „Ebenso können wir keine E-Mails über die regulären E-Mail-Adressen empfangen oder versenden“, stellt die Verwaltung klar: „E-Mails, die in den vergangenen Tagen über die städtischen E-Mail-Adressen an uns gesendet wurden, sind unwiederbringbar verloren. Sie werden auch dann nicht zugestellt, sobald das System wieder funktioniert.“
Wie ist die Stadtverwaltung gegenwärtig erreichbar?
Per Telefon ist die Stadt über die zentrale Nummer 02196 / 710-0 erreichbar. Eine Übersicht persönlicher Ansprechpersonen und deren Durchwahlen findet sich auf der Notfall-Homepage der Stadt. „Per E-Mail sind wir momentan nur über den Notfall-Account info@stadt-wk.de erreichbar. Es kann einige Tage dauern, bis wir auf eine E-Mail reagieren“, sagt die Verwaltung, die für einen persönlichen Besuch im Rathaus von montags bis freitags je von 9 Uhr bis 12 Uhr zur Verfügung steht. Nachmittags sind Termine bis auf Weiteres nur mit vorheriger telefonischer Terminvereinbarung möglich.
Termine im Bürgerbüro
Gegenwärtig werden immer noch Erinnerungs-E-Mails für Termine im Bürgerbüro versendet, beschreibt die Stadt und bittet darum, diese zu ignorieren: „Für den Besuch im Bürgerbüro ist bis auf Weiteres kein Termin notwendig. Aber: Das Bürgerbüro ist gegenwärtig samstags nicht geöffnet.“
Kfz-Zulassungsstelle
Die Kfz-Zulassungsstelle in Wermelskirchen ist keine Einrichtung der Stadt, sondern des Straßenverkehrsamtes des Rheinisch-Bergischen-Kreises, der auch von dem Cyberangriff auf S-IT betroffen ist. Durch den Ausfall der Computertechnologie ist eine Kfz-Zulassung zur Zeit nicht möglich.
Erfolgen Zahlungen der Stadt wie Wohngeld oder Unterhaltsvorschuss pünktlich?
„Seit Bekanntwerden des Cyberangriffs ist es uns in allen Fällen gelungen, Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe fristgerecht auszuzahlen“, betont die Stadt: „Sollte jemand feststellen, dass eine Zahlung wider Erwarten nicht oder nicht fristgerecht eingegangen ist, möge die oder der Betroffene uns kontaktieren.“
Wie lange werden die Einschränkungen andauern?
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist laut Angaben der Stadt nicht abschätzbar, wie lange die Einschränkungen andauern werden. Sowohl die S-IT als auch die IT-Abteilung der Stadtverwaltung arbeiteten daran, die Systeme nach und nach wieder verfügbar zu machen.