Analyse Stadt macht's den Radlern nicht leicht
Wermelskirchen · Die Knotenpunkt-Beschilderung kommt im Herbst. Viel zu spät. Wer mit Plastikschildchen und Kabelbindern die Balkantrasse ausschildert und auf Abzweigungen hinweist, muss sich nicht wundern, wenn die Radfahrer - ob von hier oder auswärtig - verärgert sind.
Tourismus. Das Zauberwort in Wermelskirchen. Der Heilsbringer, um Menschen aus dem Umland in die zweitgrößte Stadt des Rheinisch-Bergischen Kreises zu locken. Wünschen sich viele. Museen haben wir nicht. Keinen Dom, keine Sehenswürdigkeit. Das haben Nachbarn. Wir haben Grün. Wanderwege. Und eine Radtrasse.
Seit drei Jahren radeln immer mehr Menschen auf dieser Trasse. Von Lennep nach Burscheid, inzwischen bis Opladen oder sogar bis zum Rhein. Geradelt werden kann bis Marienheide oder bis nach Radevormwald. Die Besucher kommen aus den Nachbarstädten und inzwischen auch aus der Rhein-Region. Sie wollen die ehemaligen Bahntrassen erkunden. Radeln auf der Trasse - das macht Spaß. Finden immer mehr Menschen.
Doch wer in Wermelskirchen radelt, verliert schnell die Orientierung. Die Trasse wird unterbrochen. Das ist nicht neu. Sie führt durch die Innenstadt. Erst das Hin und Her mit dem gegenläufigen Radverkehr, als völlig überforderte Politiker die falsche Entscheidung trafen, und dann eine Verwaltung, die nur halbherzig versuchte, wenigstens die Radler durch das Wirrwarr zu führen. Das funktioniert aber bis heute nicht.
Auffallend in Wermelskirchen ist: Es wird improvisiert statt gehandelt. Din-A4-große Schildchen, wasserfest eingeschweißt, mit Kabelbindern befestigt, sollen Auswärtigen den Weg weisen. Seit drei (!) Jahren ein Provisorium. Fragt man nach, sind's immer "die Anderen" die nicht vorankommen. Initiative kennt man in dieser Hinsicht im Rathaus nicht.
Die kleine Nachbarstadt Hückeswagen hat seit dem ersten Trassentag eine komplette, vorbildliche Kennzeichnung. Wer mit seinem Rad Hückeswagen erreicht, hat keine Orientierungsschwierigkeiten. An Kreuzungen und Abzweigungen gibt es große Hinweisschilder. Fragt man in der Stadtverwaltung Hückeswagen die Verantwortlichen, hört man: Wir haben das selbst organisiert. Der Bau der Trasse und die Ausschilderung erfolgten in einem Fluss. Es geht also. Nur nicht in Wermelskirchen.
Hier heißt es seit fast zwei Jahren: Die Radregion Rheinland ist verantwortlich. Dort wird koordiniert, wir müssen warten. Und die Radler irren herum. Ja, es müssen hunderte Kilometer ausgeschildert werden. Und es gibt attraktivere Radregionen. Nur wer wartet, verliert. Wermelskirchen hat schon einen schlechten Ruf bei Radfahrern nach dem Hickhack um die Innenstadt, besser wird's durch die schlechte Ausschilderung auch nicht mehr.
Die Radregion Rheinland als Verband ist zuständig für das Knotenpunkt-System - Radfahrer orientieren sich künftig an der Ziffer, die über den Hinweisen der Schilder thront. Vor dem "Goldenen Herbst" soll diese Ausschilderung nach niederländischem Vorbild nun auch in Wermelskirchen installiert werden. Denn die Balkantrasse ist wichtiger Teil des Knotenpunkt-Systems. So wird es unter den richtungsweisenden Ortsnamen-Schildern dann Logos der Trassen geben, die auf diesem Weg erreicht werden.
Nun, die Hoffnung stirbt auch in dieser Stadt zuletzt. Der ADFC engagiert sich. Hat die Schwächen erkannt, will Abhilfe schaffen. Und im Rathaus hat die Verantwortlichkeit gewechselt. Mit Harald Drescher ist nun ein Mann am Zug, der selbst in seiner Freizeit Balkantrassen-Aktivist ist. Leider nicht in Wermelskirchen. Dafür in Leverkusen. Nun werden in der Ferienzeit in Eigenleistung im Bauhof Schilder hergestellt, Standorte ausgesucht. Im Format A 3 sollen sie die Radwege im innerstädtischen Bereich ausweisen. Zum Glück ist dies kein Aktivismus, wie das vermuten lässt. Erkannt worden ist, dass was schiefgelaufen ist. Da wird repariert. Denn die offiziellen Schilder kommen leider zu spät. Alles hätte viel früher passieren müssen - und so mancher Radfahrer mehr hätte Wermelskirchen in guter Erinnerung gehalten.