Ehrenamt in Wermelskirchen Sprachhelfer wechseln selbst auf die Schulbank
Wermelskirchen · Die Initiative „Willkommen in Wermelskirchen“ und das Kommunale Integrationszentrum haben einen Kursus für Sprachhelfer finanziert – für Methodik und Didaktik und um das neue Lehrmaterial kennenzulernen.
Wenn Andrea Epking vor ihrer Klasse steht, dann vermeidet sie es, in die Rolle der Lehrerin zu schlüpfen. „Ich habe das ja gar nicht gelernt“, sagt die Ehrenamtliche. Stattdessen wolle sie die Menschen „mit dem Herzen abholen“, sagt sie. Fast 130 Frauen und vereinzelt auch Männer aus der Ukraine haben in den vergangenen Wochen bei der Initiative „Willkommen in Wermelskirchen“ an die Türe geklopft – und dabei auch um Unterstützung beim ersten Deutschlernen gebeten.
Über 25 ehrenamtliche Sprachhelfer haben sich in kürzester Zeit gefunden, um zu helfen – so wie Andrea Epking. Sie bekamen ein Lehrbuch in die Hand gedrückt und die Zusage des Organisationsteams um Andrea Henkel, ihren eigenen Weg finden zu dürfen, wenn es um den Sprachunterricht geht. „Jeder macht das anders“, sagt Andrea Henkel. Der eine setzt auf das gemeinsame Lesen deutscher Gedichte, der andere auf Spiele und wieder ein anderer Sprachhelfer konzentriert sich vor allem auf das Buch. Die gemeinsame Herausforderung: Menschen etwas zu erklären, die kein Deutsch verstehen. „Wir sind ins kalte Wasser gesprungen und haben festgestellt, dass die Geflüchteten sehr wissbegierig sind“, sagt auch Rosemarie Weiß, die sich ebenfalls als ehrenamtliche Sprachhelferin engagiert.
Dem ersten Wissensdurst konnten die Ehrenamtlichen mit einem Lehrbuch nachkommen, „das eine Art Erste Hilfe in Sachen Sprache darstellte“, sagt Andrea Henkel. Inzwischen liegt das nächste Lehrbuch vor, mit dem es nun ans Eingemachte geht. „Dabei brauchen wir jetzt einfach Unterstützung“, sagt auch Sprachhelferin Ute Weber. Das Buch erkläre sich nicht mehr von selbst und immer mal wieder würden nun auch didaktische und methodische Fragen auftauchen.
Diese Fragen gaben die Sprachhelfer weiter an das Organisationsteam der Initiative. Und dort beschloss man, es werde Zeit für einen neuen Kursus, um die Sprachhelfer zu rüsten. Den gab es bereits kurz nach der Gründung des Sprachhilfeangebots 2015 – es wurde Zeit für eine Neuauflage. „Wir arbeiten zwar ohne festes Lernziel und ausdrücklich nicht als Konkurrenz zu VHS-Angeboten, weil wir hauptsächlich das soziale Ankommen der Menschen im Blick haben“, sagt Andrea Henkel. Aber trotzdem sollen sich die Sprachhelfer ausreichend gerüstet fühlen.
Deswegen sitzen Ute Weber, Andrea Epking und Rosemarie Weiß gemeinsam mit mehr als 20 anderen Sprachhelfern nun selbst auf der Schulbank. Thomas Wiesendorf und Heike Sakowski vom Sprachhaus Köln leiten den achtstündigen Kursus im Haus Eifgen – und stellen sich vor allem den Fragen der Sprachhelfern. „Die Resonanz ist richtig groß“, sagt Andrea Henkel. Die Ehrenamtlichen lernen das neue Buch kennen, die digitalen Möglichkeiten mit Videos und Audiodateien, die damit verbunden sind. Aber sie entdecken auch, wie Erwachsene eigentlich eine neue Sprache entdecken. „Und es tut gut, zu sehen, dass sich alle Sprachhelfer die gleichen Gedanken machen“, sagt Weiß. Schließlich komme man selten in dieser Runde zusammen. Schon der Austausch sei ein Gewinn.
„Es ist wichtig, dass die Ehrenamtlichen diese Unterstützung bekommen und das Engagement so gefördert wird“, betont unterdessen Tanja Stöffken vom Kommunalen Integrationszentrum). Dafür gebe es das Förderprogramm „Komm-an NRW“ – das einerseits Geld für Projekte in den Kommunen, auf der anderen Seite für die Zurüstung der Ehrenamtlichen bereitstelle.
Die Lerngruppe macht inzwischen eine kleine Pause. „Ich habe schon den Eindruck, dass mir diese Schulung hilft“, sagt Andrea Epking und blättert durch das Buch. Am nächsten Morgen wird sie wieder vor ihrer Klasse stehen – dann mit neuen Erkenntnissen im Gepäck.