Wermelskirchen Schwierige Anfänge, wertvolle Begegnungen

Wermelskirchen · Der Hospizverein feiert am heutigen Samstag sein 20-jähriges Bestehen und plädiert für Geduld in hektischen Zeiten.

 Wenn ein geliebter Mensch stirbt, stehen die Angehörigen oft hilflos da. Mitarbeiter des Hospizvereins machen das Abschiednehmen etwas erträglicher.

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, stehen die Angehörigen oft hilflos da. Mitarbeiter des Hospizvereins machen das Abschiednehmen etwas erträglicher.

Foto: epd/Werner Krueper

Sie sitzen an Betten und halten Hände, hören zu, nehmen sich Zeit, lassen sich ein. Seit 20 Jahren begleiten ehrenamtliche Mitarbeiter des Hospizvereins Menschen im Sterben. Und ihrem Leitsatz sind sie treu geblieben: "Der Patient entscheidet. Wir setzen nicht unseren eigenen Willen durch", sagt Vorsitzende Annegret Engels. Das halten die Ehrenamtlichen heute so, wenn sie Zimmer, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen betreten. Und das haben sie damals so gehalten, als sie mit einer Idee antraten, um Menschen im Sterben nicht alleine zu lassen.

22 Gründungsmitglieder zählt der Verein - Theologen, die Leiter von Pflegeeinrichtungen, aber auch viele Menschen, denen Tod und Krankheit im Privatleben begegnet waren. "Wir wollten den Sterbenden zur Seite stehen", sagt die Vorsitzende, die damals am ersten Kursus für Ehrenamtliche teilnahm. Zu oft hatten sie Menschen gesehen, die alleine in ihren Betten auf den Tod warteten - weil es keine Verwandten gab, weil Pfleger im hektischen Arbeitsalltag gar keine Zeit hatten, um sich zu setzen. "Und die Reihen deiner Freunde lichten sich, wenn du stirbst", sagt Annegret Engels, "es gibt nur wenige, die sich trauen, hinzusehen."

Die Mitarbeiter des Hospizvereins trauen sich - seit 20 Jahren. Die Anfänge allerdings seien alles andere als leicht gewesen, erzählt Annegret Engels. Die Themen Tod und Sterben seien damals noch viel mehr tabuisiert worden als heute. Und wer sich beim Hospizverein engagierte, wurde schnell in eine Ecke gestellt. "Wir waren nicht modern", sagt Annegret Engels, "und schienen nicht in die fröhliche Welt zu passen." Die ersten acht Sterbebegleiter ließen sich aber nicht abbringen. "Aber am Anfang gab es gar nicht genug Arbeit für uns", sagt Annegret Engels.

Heute engagieren sich 25 ehrenamtliche Mitarbeiter für den Verein, es gibt zwei hauptamtliche Koordinatorinnen. Inzwischen begleiten die Ehrenamtlichen auch Trauernde und die Koordinatoren beraten bei Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen. "Der Bedarf ist eigentlich noch viel größer", sagt die Vorsitzende, "der Hospizgedanke ist in der Gesellschaft angekommen." Seit die Krankenkassen für Sterbebegleitung finanziell aufkommen, habe sich zwar der bürokratische Aufwand vervielfacht. Aber seit dem kann der Verein auch eine Stelle finanzieren, die sich zwei Koordinatorinnen teilen. Gleich neben dem Krankenhaus haben die hauptamtlichen Mitarbeiter ihr Büro bezogen. Vor zwei Jahren zog der Verein aus Haus Vogelsang in die neue Wohnung um - einen Vermieter zu finden, sei damals gar nicht einfach gewesen. Hospizarbeit bleibt von Vorurteilen behaftet. In den neuen Räumen sind nun auch Fortbildungen für die Ehrenamtlichen möglich. Damit die auch weiterhin stattfinden können, bittet der Hospizverein um Spenden.

Denn Ehrenamtliche wollen geschult sein. "Zu der Arbeit gehört allerdings auch so eine Grundeinstellung, vielleicht ein roter Faden", sagt Engels. Und dann lächelt sie und zeigt diese stille Heiterkeit, die zu ihr gehört, und sie ergänzt: "Wir sind schon eine lustige Truppe." Viele traurige Momente, Zorn und Machtlosigkeit haben die Mitarbeiter schon erlebt - aber auch viele gute Augenblicke. Damals als Annegret Engels am Bett eines Sterbenden im Krankenhaus saß, der nicht sprechen, sondern Fußball gucken wollte. Sie guckte mit und nach 90 Minuten erklärte der Mann: "Morgen kannst du wieder kommen." Er starb noch in der Nacht. Oder als sie selbst schwer krank an das Bett einer alten Dame gerufen wurde, die sie über sieben Jahre lang begleitet hatte und die nicht loslassen konnte. "Sie sah mich an, strahlte und starb", sagt Engels. Die Eindrücke bleiben und sie motivieren.

Allerdings würden die Zeiten hektischer, die Bürokratie immer aufwendiger. "Ich habe manchmal Angst, dass der Grundgedanke vergessen wird", sagt Annegret Engels. Und deswegen plädiert sie zum 20-jährigen Bestehen dafür, sich auf diesen Gedanken zu besinnen: "Es geht um die Menschen, um freundliche Mitmenschlichkeit. Und dann muss es auch mal möglich sein, nichts tun zu dürfen, Hände zu halten und schweigend zu begleiten."

Sa. 16. Juni, 11-15 Uhr, Feierstunde für geladene Gäste, Pfarrzentrum, Kölner Straße 39

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