Bilanz im Rheinisch-Bergischen Kreis Gewalt gegen Polizisten nimmt zu

Wermelskirchen · Erstmals legt die Kreispolizei eine Jahresbilanz für den Bereich Gefahrenabwehr/Einsatz vor. Die Belastung der Beamten ist demnach trotz sinkender Einsatzzahlen hoch, nicht nur wegen der besonderen Risiken durch die Corona-Pandemie.

 Der Respekt vor der Polizei auch im Rheinisch-Bergischen Kreis nimmt immer mehr ab.   Foto: Silas Stein/dpa 

Der Respekt vor der Polizei auch im Rheinisch-Bergischen Kreis nimmt immer mehr ab. Foto: Silas Stein/dpa 

Foto: dpa/Silas Stein

Die wachhabenden Beamten dürften gestaunt haben: Elf über den Zaun eines Geheges ausgebüchste Truthähne tummelten sich auf einer Landstraße in Wermelskirchen, gefährdeten dabei sich und insbesondere den Straßenverkehr. Die Polizei sorgte für Abhilfe. Auch dieser eher skurrile Fall taucht in der Statistik für 2020 der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz der Kreispolizeibehörde des Rheinisch-Bergischen Kreises auf, die insgesamt 1010 Einsätze wegen „Tier/Tier in Gefahr“ verzeichnet.

Erstmals legt die Rhein-Berg-Polizei ein Zahlenwerk im Rückblick auf das Vorjahr für diesen Bereich vor, der mit rund 230 Mitarbeitern die personell stärkste Direktion innerhalb der Behörde ausmacht. Die gute Nachricht: Im vergangenen Jahr sank das Einsatz-Aufkommen im Vergleich zu 2019 um rund 2800 auf 45.313 Einsätze für die Beamten. Nach einem starken Anstieg von 2015 auf 2016 hat das Einsatz-Aufkommen für die rheinisch-bergische Polizei kontinuierlich nachgelassen und erreichte 2020 den niedrigsten Wert seit 2015.

Eine schlechte Nachricht geht mit der Bilanz genauso einher: Die Fälle von Widerstand gegen und tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte nahmen im Rheinisch-Bergischen Kreis zu – von 51 in 2015, 71 in 2019 auf 83 in 2020. Letzteres bewerten Landrat Stephan Santelmann und Polizeihauptkommissar Christoph Simon als „mehr als besorgniserregend“: „Die Kurve dieser Zahlen steigt stetig.“ Von diesen 83 Fällen in 2020 seien 105 Polizisten betroffen gewesen. „Das ist statistisch deutlich mehr als jeder zweite Beamte, der im Wachdienst im Einsatz ist“, rechnet Christoph Simon vor. Die insgesamt 165 Mitarbeiter des Wachdienstes auf den drei rheinisch-bergischen Polizei-Wachen in Bergisch Gladbach, Overath und Burscheid-Hilgen seien das „Herzstück“ der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz, stellt Simon fest: „Das sind die, die in der Regel als erstes vor Ort sind.“

Die Einsatzbelastung in den acht  Kommunen des Kreises entwickelte sich unterschiedlich. Sie stieg   lediglich in Burscheid und Odenthal. Genauso wie in Wermelskirchen sank die Zahl auch in den übrigen Kommunen. „Von Jahr zu Jahr und Kommune zu Kommune schwankt es immer. Aber die Einsatzhäufigkeitszahlen aller Städte in Rhein-Berg liegen unter denen von 2018“, stellt Christoph Simon fest.

Von sogenannten „verdächtigen Wahrnehmungen“ gingen im vergangenen Jahr 3847 Anrufe bei der Polizei ein – knapp 500 mehr als in 2019. „Das erfreut uns, denn wir möchten von aufmerksamen Bürgern Hinweise erhalten“, sagt der Polizeihauptkommissar: „Das hat bestimmt auch mit der Pandemie-Situation zu tun, weil die Menschen mehr Zeit zuhause verbringen.“ Darauf sei genauso die gegenüber 2019 vermehrte Anzahl von gemeldeten Ruhestörungen (2020: 2356 an der Zahl, neun Prozent der   Einsätze) zurückzuführen.

Nach wie vor machen im Rheinisch-Bergischen Kreis die Verkehrsunfälle mit 7144 oder 26 Prozent in 2020 das Gros der Polizei-Einsätze aus. Eigentums- (3106, elf Prozent) oder Gewaltdlikte (1251, fünf Prozent) spielen eine deutlich geringere Rolle. Wie Christoph Simon erläutert, ist die Zahl von Einsätzen wegen häuslicher Gewalt entgegen der Erwartungen aufgrund von der Corona-Pandemie gesunken – von 405 in 2019 auf 395 in 2020 (2018: 378): „Diese Tendenz wird untermauert von einer Auswertung polizeilicher Vorgangssysteme, wonach die Anzeigen zu Häuslicher Gewalt im Rheinisch-Bergischen Kreis im vergangenen Jahr gegenüber 2019 um 9,7 Prozent zurückgegangen sind.“
Dass die Polizeikräfte besonders angesichts Corona einem erhöhtem Risiko ausgesetzt sind, attestiert Stephan Santelmann den Beamten: „Kontakte sind im Einsatz unausweichlich.“ 489 Einsätze hätten in 2020 einen Pandemie-Bezug gehabt, bilanziert Christoph Simon: „Dabei ging es um Todesfälle, Versammlungen und Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnungen.“ Aber: „Die tatsächliche Belastung dürfte höher gewesen sein, denn statistisch erfasst wird ja grundsätzlich nur, wenn ein Einsatz angelegt wird.“

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