Rheinisch-Bergischer Kreis Coronavirus in Overath - Das sagen Behörde und Ärzte

Im Süden des Rheinisch-Bergischen Kreises ist die erste bestätigte Infektion mit dem Coronavirus aufgetreten. Für Bürger ist eine Hotline geschaltet. Das sagen die Behörde und die Ärzteschaft zur aktuellen Situation.

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Foto: Bauch, Jana (jaba)

Das Virus rückt näher. Der Test einer Patientin aus Overath ergab am Sonntagnachmittag, dass es sich um das Coronavirus handelt, teilt der Rheinisch-Bergische Kreis mit. Die Frau befinde sich in häuslicher Quarantäne. Die Patientin schilderte ihrem Hausarzt am Donnerstagabend zunächst unklare Symptome mit Fieber. Dieser nahm am Freitagmorgen, geschützt von den anderen Patienten, einen Abstrich vor. Die Frau entließ der Arzt mit dem Auftrag, die eigenen vier Wände bis zum Ergebnis des Tests nicht zu verlassen. Wo sich die Overatherin die Infektion zugezogen hat, ist derzeit noch unklar.

Der Frau gehe es schon wieder besser, sie sei inzwischen fieberfrei, teilte die Behörde am Montag mit. Die Overatherin muss noch knapp 14 Tage zu Hause bleiben. Weitere bestätigte Infektionen liegen derzeit nicht vor. In ihrem Umfeld wurden  21 Kontaktpersonen ermittelt, die ebenfalls für 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben müssen. Dazu zählt auch der Ehemann der Erkrankten.  Die Frau sagte, keinen Kontakt zu Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen gehabt zu haben. Ebenfalls erklärte sie, nicht im Karneval aktiv gewesen zu sein und auch nicht an der Demonstration in Overath am Freitagabend oder anderen Veranstaltungen teilgenommen zu haben.

Das sagen die Behörde und die Ärzteschaft zur aktuellen Situation:

Menschen sind verunsichert, wohin wenden sie sich? Schon seit längerer Zeit berät das Gesundheitsamt des Kreises seine Bürger in täglich mehr als 100 Telefongesprächen rund um Fragen zum Coronavirus. Das Fachpersonal stand Anrufern bislang im Rahmen des regulären Dienstes zur Verfügung. Da aufgrund des Corona-Falls nun die Anzahl der Anrufe angestiegen ist, schaltet der Rheinisch-Bergische Kreis jetzt zusätzlich eine Bürger-Hotline frei, teilt die Behörde mit. Diese wurde am Montag freigeschaltet. Sie ist  unter der Telefonnummer 02202 131313 erreichbar und steht ab jetzt montags bis freitags zwischen 8 bis 18 Uhr zur Verfügung. Weiterhin kann ebenfalls die Hotline des Landes Nordrhein-Westfalen unter Telefon 0211 8554774 angerufen werden.

Wie sollen sich „Kontaktpersonen“ verhalten?  Wenn Personen Kontakt mit einem bestätigten Fall gehabt haben sollten oder sich in einem der Risikogebiete aufgehalten und Beschwerden haben, sollten sie telefonisch Kontakt mit ihrem Hausarzt aufnehmen. Dieser entscheidet über die weiteren einzuleitenden medizinischen Schritte – wie beispielsweise den Besuch in seiner Praxis oder die stationäre Einweisung in ein Krankenhaus, teilt die Kreisverwaltung mit. Sollte bei einer Person nach einem Test auf das neue Coronavirus eine Infektion damit nachgewiesen werden, erfolgt automatisch die Meldung durch das Labor oder den Arzt oder die Ärztin an das Gesundheitsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises.

Das Gesundheitsamt verweist Menschen mit grippeähnlichen Symptomen an die Hausärzte. Wie sehen sie die derzeitige Situation? „Wir Hausärzte sollen die Patienten mit grippeähnlichen Symptomen zu Hause aufsuchen und bei Verdachtsfällen Abstriche machen. Aber wir haben nicht einmal die entsprechende Schutzkleidung“, sagt Dr. Tobias Hopff, Allgemeinmediziner aus Dabringhausen und Sprecher der Wermelskirchener Ärzteschaft. Die Ärzte erwarten eine Unterstützung. Es könne nicht sein, dass die Ärzte die Kosten für die Anschaffung teurer Schutzkleidung tragen. Im Übrigen seien die Hausärzte nicht die Handlanger des Gesundheitsamtes. In der derzeitigen Hochsaison grippaler Infekte und der Grippe arbeitete man ohnehin am Limit. Es fehle auch die Zeit, bei Hausbesuchen Abstriche zu machen und die Proben in die Labore zu schicken, sollte sich das Virus weiter ausbreiten. Hopff: „Das ist nicht leistbar.“  Schon jetzt sei außerdem die ärztliche Notrufnummer an Wochenenden (116117) überlastet, hingen Anrufer lange Zeit in der Warteschleife.

Wie gehen die Ärzte aktuell mit der Lage um? Denn viele Menschen haben derzeit grippeähnlichen Symptome. Patienten werden mit einem Aushang an den Praxen darauf aufmerksam gemacht, dass sie bei Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion nicht die Praxis aufsuchen sollen, sondern telefonisch mit dem Hausarzt Kontakt aufnehmen sollen, teilt Tobias Hopff mit. Ansonsten sei das Praxis-Personal sensibilisiert worden, Patienten  zu fragen, ob sie in Risikogebieten waren.

Wie schützt er sich selbst bei Hausbesuchen? „Ich bin gegen Grippe geimpft, halte Abstand zum Patienten oder trage ansonsten einen Mundschutz, den ich immer dabei habe, und achte sehr auf Handhygiene“, berichtet der Sprecher der Ärzte.

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Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Wie geht es weiter, wenn sich die Krankheit ausbreitet? Bei einer Seuchenlage werde es zu einem Politikum, schätzt Tobias Hopff. „Die Wermelskirchener Ärzte treffen sich diese Woche zu einem Krisengespräch. Mögliche Themen  seien: Wird eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet? Wer stellt die Schutzausstattung? Wer haftet für den Verdienstausfall, wenn  sich Hausärzte mit dem Virus angesteckt haben und die Praxis geschlossen werden muss?

Wie sieht ein Notfallplan aus? Es gibt einen Pandemieplan der Bundesrepublik Deutschland, der das Vorgehen und das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure regelt, so der Kreis auf Nachfrage dieser Redaktion. Im Kreisgebiet bedeute dies, dass alle im Falle einer Pandemie eingesetzten Institutionen genau wissen, was sie zu tun haben, die Erreichbarkeit sichergestellt ist und die Zusammenarbeit fest geregelt ist, um auch über einen längeren Zeitraum handlungsfähig zu bleiben. Das Gesundheitsamt des Kreises hat für den Pandemieplan die Federführung.

Gibt es Quarantänestationen im Rheinisch-Bergischen Kreis? Quarantänestationen mit einem Vorraum und einer Schleuse gibt es im Rheinisch-Bergischen Kreis nicht. Für Menschen mit einer bestätigten Corona-Infektion ist laut Kreis die Versorgung an den großen Kliniken im Umland sichergestellt. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung des Kreises stehe im Falle einer schweren Atemwegserkrankung mit Fieber und dem höchstwahrscheinlichen Kontakt zu einem sicher Infizierten für die stationäre Behandlung die Isolationsabteilung des Vinzenz-Pallotti Krankenhaus zur Verfügung. Solange kein dringender Verdacht auf Kontakt zu einem Infizierten besteht, seien  alle übrigen Krankenhäuser in gewohnter Weise für die Versorgung in Anspruch zu nehmen.

Könnten auch im Rheinisch-Bergischen Kreis ganze Städte gesperrt werden?

Ziel ist es, die Infektionskette zu unterbrechen, betont der Kreis. Dazu zähle beispielsweise die Quarantäne von Einzelpersonen – auch in den eigenen vier Wänden – bis hin zu der Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen wie beispielsweise Schulen, Kindergärten und Schwimmbädern. Also ganz generell Orte, wo viele Menschen zusammentreffen. Erst wenn diese Maßnahmen nicht greifen würden, müsste über weitere Schritte beraten werden.

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