Wermelskirchen Rainer Bleek: "Die Stadt hat alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft"

Wermelskirchen · Trotz gut laufender Konjunktur und niedriger Zinsen ist jede fünfte deutsche Kommune dauerhaft in einer Haushaltskrise. Wie eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, gelingt es den schwachen Kommunen einfach nicht, ihre Altschulden abzubauen. In Wermelskirchen lag die Gesamtverschuldung pro Einwohner im Jahr 2016 bei 2361 Euro.

Wermelskirchen: Rainer Bleek: "Die Stadt hat alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft"
Foto: artisteer/Thinkstock

"Alle Einsparmöglichkeiten haben wir ausgeschöpft", sagt Bürgermeister Rainer Bleek. So bekommt eine Grundschule beispielsweise statt des zugesagten neuen Mensagebäudes nur Container als längerfristige Lösung, weil die Stadt kein Geld hat. "Für die Kinder ist das nicht so schön, aber in unserer Lage ist nichts anderes möglich", sagt Bleek. Die Kommune müsse ganz genau hinschauen, wofür sie Geld verwendet. Außerdem benötige sie oftmals Spendengelder. "Wir sind sogar auf öffentliche Spenden angewiesen, wenn in einer Schule ein Whiteboard angeschafft werden muss", sagt Bleek.

Unter anderem müsse auch in Straßen und Sporthallen dringend investiert werden. Die Liste sei lang. "Aber bei den Investitionen in öffentliche Infrastruktur tut sich der Bund schwer", betont Bleek. Die Städte, Gemeinden und Kreise in Deutschland haben im vergangenen Jahr laut Studie einen Überschuss von 4,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das ist der beste Haushaltsabschluss seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Mit einem Haushaltsüberschuss von 36 Euro pro Einwohner liegt Nordrhein-Westfalen im Bundesvergleich jedoch nur an neunter Stelle.

Den dritten Platz belegt NRW bei den Hauptschuldenländern. Pro Einwohner liegt der Schuldenstand bei 3095 Euro, Wermelskirchen mit 2361 Euro unter dem Landesdurchschnitt. Trotzdem bleibt nichts für Investitionen übrig. Schließlich muss der Kassenkredit, der den Kommunen wie Dispo-Kredite zur kurzfristigen Überbrückung von Finanzengpässen dienen soll, bedient werden. Hinzu kommt, dass die Ausgaben steigen, besonders die für soziale Aufgaben. "Die Geburtenrate steigt, immer mehr junge Familien aus den Städten ziehen in die Kommune. Das bedeutet, dass wir zusätzliche Kindergartenplätze schaffen müssen", sagt Bleek. Auch die zunehmende Bürokratie wie zum Beispiel Brandschutz-Expertisen würde den Haushalt der Kommune belasten. Die Sozialausgaben könne die Kommune laut Bleek nicht alleine stemmen. "Gegen die chronische Unterfinanzierung muss die Politik und besonders der Bund Maßnahmen ergreifen", sagt Bleek und schlägt vor: "Der Bund sollte sich nicht bei Steuerüberschüssen Gedanken um Erleichterungen machen, sondern schauen, wo das Geld eingesetzt werden kann."

(eler)
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