Polizeiausbildung Neue Polizisten sind mitten unter uns

Wermelskirchen · Wie läuft die praktische Ausbildung der Polizei? Unser Redakteur begleitete Nina Fondermann auf Streife.

 Nina Fondermann und Dennis Lemmer absolvieren ihr Praktikum an der Polizeiwache Burscheid.

Nina Fondermann und Dennis Lemmer absolvieren ihr Praktikum an der Polizeiwache Burscheid.

Foto: RP/Christian Albustin

Nina Fondermann und Dennis Lemmer sind beide im dritten Jahr ihrer Ausbildung zum Kommissar. Ihr erstes vierwöchiges Praktikum hatten beide am Ende des ersten Ausbildungsjahres. Nun sind sie erneut für sieben Wochen der Burscheider Polizeiwache zugeteilt. Lemmer hatte heute Frühdienst. „Viel war nicht los, nur ein VU mit Siegfried“, sagt er. Siegfried steht für S wie Sachschaden, VU für Verkehrsunfall. Der 20-Jährige kommt aus Wermelskirchen, hat dort sein Abitur gemacht. Die Praktika zwischen den Vorlesungen gefallen ihm am besten. „Es tut immer sehr weh, wenn man aus dem Praktikum zurück muss“, gesteht Lemmer mit einem Augenzwinkern.

Fondermann studierte nach dem Abitur erst Sport, suchte aber nach Abwechslung und Herausforderung. „Mein Vater ist Feuerwehrmann, ich hab also schon immer die Geschichten gehört“, erzählt sie. An ihr erstes Praktikum vor einem Jahr kann sie sich noch gut erinnern. „Mein erster Einsatz war die Abschlussfeier auf dem Eifgen-Sportplatz.“ Die Entscheidung, zur Polizei zu gehen, hat sie bis jetzt nicht bereut. Später möchte sie vielleicht zur Hundestaffel oder als Ausbilderin nach Brühl. Jetzt geht es aber erst auf Streife.

Am Steuer des VW-Bullis sitzt Kommissar Hanke, neben ihm Nina Fondermann, hinten Hauptkommissar Gerding. Die beiden Polizisten baten darum, nicht mit vollem Namen genannt zu werden. Hanke ist Fondermanns Tutor, er entscheidet heute, welche Einsätze er ihr zutraut. „Ein VU für euch“, tönt das Funkgerät. Hanke nimmt an. „Hoffentlich nur S“, raunt er und tritt aufs Gas. „Haben Status Drei“, sagt er. Drei heißt auf dem Weg.

 Kommissar-Anwärterin Nina Fondermann befragt die Zeugin zum Unfallhergang.

Kommissar-Anwärterin Nina Fondermann befragt die Zeugin zum Unfallhergang.

Foto: RP/Christian Albustin

An einer Kreuzung stehen ein blauer Golf und ein silberner Behindertentransporter. Verletzte scheint es keine zu geben, ein Mann im Fond des Transporters wippt aufgeregt vor und zurück. Ein hagerer Mann läuft sofort auf die Beamten zu. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt er. Die Fahrerin des Transporters habe ihn gerammt und fast in den Straßengraben gedrängt. Im Überholverbot habe sie ihn trotz Gegenverkehr überholt. Nur eine Notbremsung habe ihn vor Schlimmerem bewahrt. Außerdem sei er dem Transporter noch mehrere Kilometer gefolgt und habe die Fahrerin an der Kreuzung gestellt. Der Fahrer des Golfs redet schnell und hastig, macht immer wieder Pausen, bricht Sätze mittendrin ab. Fondermann blickt von ihren Notizen zum Transporter und zurück zum Fahrer. Sie ist sehr darauf bedacht, alles mitzuschreiben, viele Fragen muss sie nicht stellen. Während Gerding die Fahrerin des Behindertentransporters befragt, spricht Fondermann mit der einzigen Zeugin, ihr Auto parkt ein Stück hinter den anderen. Hanke hält sichtlich Abstand zum Gespräch, hakt aber hin und wieder mit Fragen ein.

Nachdem sich alle drei Beamten die Unfallspuren an den Fahrzeugen angesehen haben, kommen sie am Bulli zusammen. „Und? Was haben wir?“, fragt Hanke. Fondermann: „,Überholen im Überholverbot, Fahrerflucht...“, „Was noch? Was ist mit ihm?“ „Nötigung?“, sagt Fondermann halb fragend. „Ja, je nachdem wie er die Frau aus dem Wagen zitiert hat.“ Fondermann notiert sich alles, sie darf die Zusammenfassung gleich am Funkgerät an die Wache übermitteln.

Zuvor stellt Hanke die entscheidende Frage: „Kann man der Frau den Führerschein entziehen? Sie fährt immerhin Behinderte durch die Gegend.“ Fondermann zögert. Hanke klärt auf: „Das entscheidet die StA, davon hängt womöglich ihr Beruf ab“. StA steht für Staatsanwaltschaft. Während Hanke mit der Staatsanwaltschaft spricht, schreibt Fondermann die Unfallberichte. Auf dem Armaturenbrett hat sie die Ausweise und Führerscheine der Beteiligten ausgebreitet. Auf dem Schoß füllt sie die Vordrucke aus, markiert die beschädigten Stellen der Autos.

 Kommissar-Anwärterin Nina Fondermann sieht sich den vermeintlichen Unfallort an.

Kommissar-Anwärterin Nina Fondermann sieht sich den vermeintlichen Unfallort an.

Foto: RP/Christian Albustin

Die StA bestätigt, Führerschein und Personenbeförderungsschein werden eingezogen. „Sie dürfen ab hier nicht weiterfahren“, sagt Hanke streng. Die Fahrerin beklagt, es wäre niemand da, der weiterfahren könne. „Das müssen sie mit ihrem Chef klären. Diskutieren nützt nichts, sie haben einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr begangen.“

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