Wolfgang Bosbach Politiker mit Leidenschaft und Ernsthaftigkeit

Wermelskirchen · Wolfgang Bosbach wird im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten sein. Wir sprachen mit ihm über seinen freiwilligen Abgang.

 Sorgte für Aufsehen, als er kürzlich die Talkrunde bei Sandra Maischberger verließ: Wolfgang Bosbach mag es nicht, wenn Störenfriede anderen Gästen nicht zuhören und nicht auf deren Argumente eingehen.

Sorgte für Aufsehen, als er kürzlich die Talkrunde bei Sandra Maischberger verließ: Wolfgang Bosbach mag es nicht, wenn Störenfriede anderen Gästen nicht zuhören und nicht auf deren Argumente eingehen.

Foto: dpa

Herr Bosbach, Sie werden bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten. Wie wird sich das für Ihren Wahlkreis, den Rheinisch-Bergischen Kreis, auswirken?

Bosbach Ich bin ganz sicher, dass mein Nachfolger, Landrat Dr. Hermann-Josef Tebroke, diesen Wahlkreis gewinnen wird, und er wird ganz sicher eine genau so intensive Wahlkreisarbeit machen wie ich.

Der Wermelskirchener kennt Sie neben Ihren Besuchen der örtlichen CDU auch aus Ihren Sprechstunden. Werden wir Sie in irgendeiner politischen Funktion noch in Wermelskirchen sehen können?

Bosbach Ich strebe kein neues politisches Amt oder Mandat an. Auch nicht auf kommunalpolitischer Ebene. Armin Laschet, der neue Ministerpräsident von NRW, hat mir jedoch die ehrenvolle Aufgabe übertragen, die Sicherheitskommission des Landes NRW zu leiten. Auf diese Aufgabe freue ich mich sehr. Aber das ist kein speziell kommunales Thema. Die Gewährleistung der inneren Sicherheit betrifft ganz NRW und darüber hinaus die ganze Bundesrepublik.

Inwieweit sind Sie dann weg von der politischen Bühne?

Bosbach Mit Ablauf dieser Wahlperiode - spätestens am 22. Oktober - endet meine politische Arbeit. Ich habe dann kein politisches Mandat und damit kein öffentliches Amt mehr. Außer das, was ich gerade erwähnt habe.

Aber man wird Sie doch sicherlich in Ihrer Eigenschaft als Leiter der Sicherheitskommission noch in der Öffentlichkeit sehen?

Bosbach Davon gehe ich aus. Spätestens, wenn wir unsere ersten Ergebnisse öffentlich vorstellen werden.

Welche Gründe bewogen Sie zu Ihrer Entscheidung, nicht mehr bei der Bundestagswahl anzutreten?

Bosbach Zu einem, weil es mir zunehmend schwerfällt, in wichtigen politischen Fragen gegen eine Mehrheit der eigenen Bundestagsfraktion zu argumentieren. Dann, dass ich soeben 65 Jahre alt geworden und leider nicht der Gesündeste bin.

Was bedeutet der Wegfall des politischen Mandates für den Menschen Wolfgang Bosbach?

Bosbach Ich habe 49 Berufsjahre auf dem Buckel, und dann muss ich nicht auch noch über mein 65. Lebensjahr hinaus weiterhin jede Woche 60 oder 70 Stunden arbeiten. Aber ich habe auch nicht vor, ständig zu Hause herumzulungern. Ich weiß mich schon zu beschäftigen. Ich werde weiterhin als Anwalt tätig sein. Hinzu kommt die Arbeit in der Sicherheitskommission. Ich habe auch noch einige Aufsichts- und Beiratstätigkeiten auszuüben. Langeweile wird mit Sicherheit nicht aufkommen.

Beruhigt Sie, dass Sie nach wie vor ein gefragter Mann sind?

Bosbach Politik war immer ein wichtiger Teil meines Lebens, aber nie mein ganzes Leben. Die Nachfrage sowie das öffentliche Interesse an meiner Person wird sicherlich deutlich geringer werden. Aber das gilt ja für jeden, dessen Abgeordnetenzeit endet.

Haben Sie Hobbys?

Bosbach Ich bin ein begeisterter Sportler. Ich spiele leidenschaftlich gerne Tennis und habe begonnen, Golf zu spielen. Ich hätte nie gedacht, dass mir das so viel Spaß macht. Ich lese und ich reise sehr gerne. Für das alles habe ich in Zukunft endlich etwas mehr Zeit.

Was passiert mit Ihrem Wahlkreisbüro in Bergisch Gladbach?

Bosbach Das Wahlkreisbüro wird es für Dr. Tebroke weiterhin geben, nicht für mich. Jetzt bin ich noch der Mieter dieses Büros. Meine Mitarbeiterin, Frau Weber, ist Angestellte des Bundestagsabgeordneten. Wenn meine Mandatszeit endet, endet auch Frau Webers Arbeitsvertrag. Aber Dr. Tebroke wäre gut beraten, sie weiter zu beschäftigen.

Was werden Sie Ihren Parteifreunden im Kreis aufgrund Ihrer Erfahrungen mit auf den Weg geben?

Bosbach Wir haben uns sehr lange unterhalten. Zunächst in Bergisch Gladbach, dann in Berlin. Dr. Tebroke hat mich bereits dreimal dort besucht. Er hat auch mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen. Er hat sich meine Stundenpläne geben lassen, um sich über den Ablauf der Sitzungswochen zu informieren. Entscheidend ist für Dr. Tebroke die Konzentration auf die Themen, die für ihn wichtig und attraktiv sind. Mir war das von Anfang an die Innenpolitik. Vielleicht wird sich Dr. Tebroke für ganz andere politische Themen begeistern.

Was bleibt Ihnen von Ihrer politischen Arbeit in Erinnerung?

Bosbach Dass entgegen landläufiger Meinung mit großer Leidenschaft und Ernsthaftigkeit an der Lösung von Problemen gearbeitet wird. Und zwar parteiübergreifend. Und dass ich in 45 Jahren Politik und 23 Jahren Deutscher Bundestag großartige Menschen kennengelernt habe. Das gilt nicht nur für die Kolleginnen und Kollegen in der Politik, sondern auch für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Gibt es auch negative Erinnerungen?

Bosbach Ja. Stundenlange Debatten, bei denen ich bereits nach zehn Minuten wusste: Das gibt heute eh nichts mehr.

Um kurz Ihr Verlassen der Maischberger-Talkrunde zu streifen: War das ein ungewolltes Symbol Ihres Abgangs von der politischen Bühne?

Bosbach Ich habe mich über das Verhalten und die Sprüche von Frau Ditfurth maßlos geärgert. Insbesondere über ihr permanentes Dazwischenquatschen. Aber ich wollte auch deutlich machen: Talkshows verlieren ihren Sinn, wenn Störenfriede in der Runde sind und nicht die Bereitschaft besteht, anderen Gästen ruhig zuzuhören und auf deren Argumente einzugehen.

Können Sie sich noch an eine Begebenheit aus Ihren Bürgersprechstunden im Rheinisch-Bergischen Kreis erinnern?

Bosbach (lacht) Eine ältere Dame wollte nur eine einzige Frage beantwortet haben. Nämlich: Wenn die Engländer aus der EU ausgetreten sind, können die dann wieder ihre alten Glühbirnen benutzen?

Und was haben Sie geantwortet?

Bosbach Wenn für Großbritannien kein EU-Recht mehr gilt, können die Briten natürlich frei entscheiden, welches Recht dort zukünftig gelten soll. Auch für die Benutzung von Glühbirnen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERND GEISLER.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort