Serie Backen Im Advent Pfefferkuchen mit einer langen Geschichte

Wermelskirchen · Weihnachsduft liegt in der Luft: In der Küche von Erna Haas (90) vermischt sich in der Adventszeit Backleidenschaft mit Tradition.

 Erna Haas (90) hat die Rezepte von ihrer Mutter übernommen und im Laufe der Jahrzehnte verfeinert.

Erna Haas (90) hat die Rezepte von ihrer Mutter übernommen und im Laufe der Jahrzehnte verfeinert.

Foto: Theresa Demski

Erna Haas hat sich für diesen stürmischen Herbstmorgen einiges vorgenommen. Während es draußen regnet, eröffnet die Eipringhauserin ihre eigene kleine Weihnachtsbäckerei. Sie teilt Nüsse für das Berliner Brot und Mandeln für ihre berühmten Pfefferkuchen. Diese Arbeiten sind der 90-Jährigen längst in Fleisch und Blut übergegangen, denn seit Jahrzehnten beruft sie sich auf die gleichen Rezepte.

Jedes Jahr füllt sie viele Keksdosen mit Pfefferkuchen, Berliner Brot und Spritzgebäck. Im Alter ist das Backen mühevoller geworden, aber die Routine ist geblieben. Und die Rezepte sind es auch. "Meine Mutter hatte viele Rezepte im Kopf", erzählt sie, "dann hat sie mir die Zutaten diktiert und ich habe auf der Schreibmaschine mitgeschrieben."

So ist auch das alte Rezept für Pfefferkuchen in ihrem dicken Ordner gelandet. Fast 70 Jahre begleitet es Erna Haas schon im Advent. "Am Anfang ist es mir nicht gelungen", erzählt sie, "der Pfefferkuchen war oft furchtbar hart." Als junge Frau begann sie zu tüfteln. Das ist dem alten, etwas vergilbten Blatt deutlich anzusehen.

Statt der 1500 Gramm Mehl nimmt Erna Haas heute nur noch 1300 Gramm, aus vier Kästchen Palmin wurden zwei und am Ende kommt inzwischen ein Schuss Milch zum Teig. Wo ihre Mutter vorgab, "etwas" Rosenwasser zu verwenden, da kalkulierte Erna Haas genau und ergänzte im Rezept die 50 Milliliter. "Jetzt ist der Pfefferkuchen nicht mehr so hart", sagt die rüstige Seniorin, "ich finde, er gelingt ganz gut." 48 Pfefferkuchen auf zwei Blechen kommen am Ende heraus. Acht Reihen in der Länge und sechs Reihen in der Breite schneidet die Hobbybäckerin, solange der Teig warm ist - seit Jahrzehnten. "Allerdings ist mir das Rühren inzwischen schwierig geworden", erzählt sie. Denn der Honig sorgt dafür, dass der Teig klebrig ist. Also bittet sie eine ihrer Töchter dazu, um zu helfen. Sie haben längst die Rezepte der Mutter übernommen. Und damit erhalten sie Einzug in die nächste Generation der Backhefter.

"Als Kind habe ich nur zugesehen", erzählt Haas. Feste Kuchen und vor allem Tortenböden kamen in der Familie auf den Tisch. "Das waren andere Zeit", sagt die heute 90-Jährige, "da hatte man kein Geld für Torten." Jeden Sonntag besuchte sie mit ihrem Mann ihre Eltern zum Kaffeetrinken. Den Kuchen buk immer die Mutter. Bis sie krank wurde. "Da kaufte ich einen Tortenboden und belegte ihn mit Obst", erzählt sie lachend, "das kam bei meiner Mutter gar nicht gut an." Also weihte sie die Tochter in ihre Backgeheimnisse ein.

Ob in der Gemeinde oder in der Familie, bei Freunden oder Jubelfesten: Längst ist Erna Haas bekannt für ihre Backkünste. Vor allem Buttercremetorten wurden zu ihrer Spezialität. "Als mir die Creme zum ersten Mal gerann, da wusste ich nicht Ein und Aus", erzählt sie. Aber ein Tipp der backerfahrenen Mutter half: Etwas Margarine schmelzen und langsam unter die Creme rühren, dann wird sie glatt.

Die ersten Keksdosen füllt die ehemalige Finanzbuchhalterin an diesem Adventswochenende. "Ein paar Pfefferkuchen bewahre ich mir aber immer auf", erzählt Erna Haas, "dann genieße ich es, wenn ich sie im Mai noch essen kann."

Im Geschmack der Pfefferkuchen liegt dann auch ein wertvolles Stück Familiengeschichte.

(resa)
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