Ortsbauernschaft in Wermelskirchen Mühlinghaus: „Wir haben zu lange still genickt“

Dhünn · Die Kreisgeschäftsführerin fordert die Landwirte auf, „ihre Komfortzone auch mal zu verlassen“. Der Ortsvorsitzende erklärt in Richtung Verbraucher, dass es „Klimaschutz nicht zum Nulltarif“ gebe.

 Landwirte gehen inzwischen auf die Straße, um sich, wie hier in Nürnberg, Gehör zu verschaffen.

Landwirte gehen inzwischen auf die Straße, um sich, wie hier in Nürnberg, Gehör zu verschaffen.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Die Stimmung ist schlecht. Das muss einem auf der Versammlung der Ortsbauernschaft am Mittwochabend in Dhünn niemand erklären. Das liegt in der Luft. Die Landwirte sind aufgebracht, weil ihnen neue Gesetze die Arbeit erschweren, weil neue Auflagen neue Investitionen nötig machen, weil sie nicht nach Lösungsalternativen gefragt werden. „Wir sollen Volksernährer sein, Energie liefern und das Klima retten“, fasst Kreislandwirt Peter Lautz den Unmut der heimischen Landwirte zusammen, „aber in unserer Arbeit werden wir immer weiter eingeschränkt.“

Dabei denkt er an die neue Düngeverordnung, Regeln zum Insektenschutz und den jüngst angekündigten „Green Deal“ der Europäischen Union. Und dann ergänzt Lautz: Die Landwirte seien ja auch selbst an diesen Themen interessiert, an Nachhaltigkeit und der Pflege der Landschaft. Aber dann, bitteschön, wolle man auch gefragt werden nach eigenen Ideen. „Stattdessen wird uns einfach alles übergestülpt“, ergänzt Ortsvorsitzender Torsten Mühlinghaus, „und wir haben zu lange still genickt.“

Damit müsse jetzt Schluss sein, ruft Mühlinghaus seinen Berufskollegen dann zu – und bekommt engagierte Unterstützung der neuen Geschäftsführerin der Kreisbauernschaften des Rheinisch-Bergischen Kreises und des Oberbergischen Kreises, Ines Molitor. Wenn die beiden reden, schonen sie die rund 40 Landwirte bei der Versammlung im Jägerhof nicht. Die Stimmung wird kämpferisch. „Sie müssen Ihre Komfortzone auch mal verlassen, sich einbringen und daran glauben, dass Sie etwas verändern können“, appelliert Ines Molitor. Und dafür sei es wichtig, die Politik und die Bevölkerung zu erreichen. Und damit trifft sie auch den Tenor der Landwirte.

„Wir wollen diesen Dialog mit den Menschen“, betont auch der Kreislandwirt. Schließlich würden wichtige Entscheidungen an der Ladentheke getroffen. „Und da greift die Masse immer noch zu den Billigprodukten“, beklagt Lautz. Diese Lage verbessere sich nicht dadurch, dass die EU Verträge mit Südamerika abschließe und die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten vereinbare. „Dort gibt es keine Umwelt- oder Sozialstandards“, erinnert Lautz, „und deswegen sind die Produkte dann billiger als unsere, die unter strengen Auflagen stehen.“

Zu denen gehört auch die neue Düngeverordnung, die bei den heimischen Landwirten auf Kritik stößt. Natürlich müsse etwas geschehen – aber doch bitte wirkungsvoll und in Absprache mit den Landwirten, betont der Kreislandwirt. „Hier bei uns ist die Welt doch noch in Ordnung“, ergänzt er und erinnert an gute Wasserwerte und an lange und gefestigte Kooperationen mit Wasserschutz- und Naturschutzverbänden. „Wir haben ordentlich gearbeitet“, erklärt Lautz, „wie soll ich den Landwirten denn trotzdem neue Sanktionen erklären?“ Deswegen sei eine Binnendifferenzierung nötig, fordert er. Gebiete mit guten Werten müssten auch entsprechend wahrgenommen werden.

Also wollen die Landwirte weiter kämpfen – für ihre Zukunft, für Perspektiven und für eine Gesetzeslage, die Sinn für sie ergebe. „Denn wenn es uns dann nicht mehr gibt, dann ist es zu spät“, sagt Mühlinghaus etwas leiser, „und was wird dann aus unserer Landschaft? Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Wir wollen uns Gehör verschaffen und die Verbraucher informieren und aufklären“, kündigt der Ortsvorsitzende an.

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