Gedenkfeier in Wermelskirchen Mit Stolperstein die Erinnerungskultur lebendig halten

Wermelskirchen · Gedenkfeier vor dem letzten Wohnsitz von Ludwig Bischoff. Er hatte im KZ Sachsenhausen gesessen und überlebt.

 Sybille Kämmer hält den Stolperstein für ihren Vater Ludwig Bischoff in den Händen. Neben ihr Bischoffs Enkel Martin Krüger.   Foto: Udo Teifel

Sybille Kämmer hält den Stolperstein für ihren Vater Ludwig Bischoff in den Händen. Neben ihr Bischoffs Enkel Martin Krüger. Foto: Udo Teifel

Foto: Udo Teifel

 Bis 1987 lebte Ludwig Bischoff mit Ehefrau Elisabeth in der ersten Etage des Bauverein-Mehrfamilienhauses an der Berliner Straße 112 mit Blick auf die Straße. Dann zog das Ehepaar um in ein Pflegeheim, wo er drei Jahre später im Alter von 89 Jahren, drei Tage nach dem Tod seiner Ehefrau, starb. 34 Jahre nach dem Umzug in ein Pflegeheim ehrte ihn die Stadt in einer Gedenkfeier, indem vor der Adresse Berliner Straße 112 auf dem Bürgersteig ein Stolperstein verlegt wurde.

Bischoff war als Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ins spätere Vernichtungslager Sachsenhausen eingeliefert worden; er überlebt die Zwangsarbeit und zog nach Wermelskirchen, eine von zwei Gemeinden der Zeugen Jehovas in der damaligen Zeit in Deutschland. Bereits 2002 wurde Friedrich Brosius, er gehörte ebenfalls dieser Religionsgemeinschaft an, in der Wielstraße mit einem Stolperstein geehrt.

Bürgermeisterin Marion Lück, die gemeinsam mit ihren Stellvertretern Stefan Leßenich und Norbert Galonska Blumen niederlegte, würdigte diese Gedenkfeier als ein besonders Ereignis für die Stadt; besonders sei das Gedenken und die Erinnerungskultur an NS-Opfer. Sie erinnerte an den Kölner Künstler Gunter Demny, der 1992 diese Aktion startete und normalerweise selbst die Verlegung des Gedenksteins vornimmt. Pandemiebedingt war er gestern nicht anwesend, Bauhofleiter Volker Niemz und sein Mitarbeiter Tobias Truß übernahmen diese Aufgabe.

Stolpersteine, so Marion Lück, seien ein wundervolles Instrument, um die Erinnerung hochzuhalten, um den Menschen die Würde und Identität zurückzugeben. Die Idee dieser Platte aus Messing sei, dass Menschen über den Stolperstein gehen sollten, um mit ihrer Sohle den Stein zu polieren. „Aus Würde machen aber viele einen Bogen darum.“ Sie mahnte, dass so eine schlimme Zeit wie im Zweiten Weltkrieg nie wieder passieren dürfe. Deshalb müsse der Blick nicht nur in die Vergangenheit gehen, sondern auch in die Zukunft.

Sie habe große Angst, wenn sie das Geschehen der jüngsten Zeit verfolge, sagte Iris Kausemann. Die Stadtarchivarin aus Radevormwald ist auch Vorsitzende von BGV (Bergischer Geschichtsverein und BZG (Bergische Zeitgeschichte) in Hückeswagen. Sie meinte, dass die Menschen sich erinnern müssten, damit so etwas wie unter dem NS-Regime nie wieder passiere.

75.000 dieser Stolpersteine gebe es inzwischen in Europa, berichtete die Wermelskirchenerin Marie-Louise Lichtenberg, die mit ihrem Projekt gegen das Vergessen den Terror des Nationalsozialismus in Erinnerung bringt und Zeitzeugen über ihre Schicksale berichten ließ. Stolpersteine seien wichtig, denn ein Mensch sei erst dann vergessen, wenn man sich nicht an seinen Namen erinnert. Ihr Appell: Wachsam sein und gegen Unrecht eintreten.

Ludwig Bischoffs Enkel Martin Krüger sagte, sein Großvater hätte nie aktiv gegen die Nationalsozialisten gekämpft, lediglich seine persönliche Glaubensüberzeugung hätten ihn ins KZ gebracht. Er erinnert sich daran, dass Ludwig Bischoff ihm bei seinen unzähligen Besuchen in der Berliner Straße immer den Respekt gegenüber anderen Menschen vermittelt habe.

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