Deutsch-Chinesische Wirtschaftsvereinigung Lux fordert Ende des Handelsstreits
Wermelskirchen · Das Coronavirus beschert China Negativ-Schlagzeilen. Doch schon zuvor kursierten über das Land als vermeintlich aggressiver Wirtschaftsplayer nach Jahren der Euphorie zunehmend kritische Töne. Letzteres missfällt dem früheren Obi-Vorstand Harald Lux.
Harald Lux ist als Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung nicht unbedingt prädestiniert dafür, gegenüber China kritische Töne anzuschlagen. Dass der ehemalige geschäftsführende Gesellschafter der Obi-Gruppe, der 2013 ehrenamtlich den Vorsitz des bilateralen Vereins übernahm, wohlwollend ins Reich der Mitte blickt, liegt in der Natur seines Amts. Doch hinter der Sympathie für China verbirgt sich im Falle des heutigen Privatiers aus Wermelskirchen mehr als reiner Lobbyismus. Denn Lux, ein gebürtiger Remscheider, der auch jahrelang Geschäftsführer bei der Emil Lux GmbH war, kennt die Volksrepublik noch aus einer Zeit, „als China lediglich als Schwellenland mit billigen Produktionsstätten wahrgenommen wurde“.
Damals habe auch er so gedacht und die Volksrepublik China in seiner früheren Rolle als Chef-Einkäufer für die Obi-Baumärkte 1981 erstmals besucht: „Ich war auf der Suche nach günstigen Werkzeugmachern, deren Produkte wir importieren konnten.“ Er sei auch durchaus fündig geworden. Doch die Produkte hatten damals, nur wenige Jahre nach dem Ende der Politik der Abschottung gegenüber dem Westen, einen großen Haken: „Die Sägen, die wir in China fanden, waren besonders ‚sicher‘. Denn zum Sägen waren sie zu stumpf.“
Sein Unternehmen habe den Chinesen dann Anforderungskataloge vorgelegt. Früh fiel auf, wie schnell die aufstrebenden Asiaten hierauf reagieren konnten. Heute habe China einen komplett anderen Status, sei selbst zur High-Tech-Nation aufgestiegen und liefere schon seit Jahren „die Qualität, die ein Importeur erwartet“. Präzision und Zuverlässigkeit, die dazu beigetragen haben, aus dem Land einen Exportweltmeister zu machen.
Vor dieser Leistung zeigt Lux enormen Respekt, „insbesondere weil die marktwirtschaftliche Transformation schließlich erst Ende der Siebziger begann“. Und noch etwas habe ihn dazu gebracht, die Volksrepublik auf Augenhöhe zu achten: „Mit seinem Reformkurs ist es dem Land gelungen, eine halbe Milliarde Menschen aus der Armut herauszuholen.“ Das sei eine gigantische Leistung, die der chinesischen Regierung jedoch nicht genüge: „Immer noch gibt es vor allem im Westen des Landes Abermillionen Menschen, die in bitterer Armut leben“. Um auch diese Menschen aus ihrer Misere zu holen, investiere die Regierung in große Infrastrukturprojekte wie die Neue Seidenstraße. Mit einem klaren Ziel: „Diese Projekte sollen vor allem chinesischen Firmen Arbeit geben.“
Das könne man kritisieren. Es bleibe aber verständlich. Ebenso wie Chinas Bestreben, sich zunehmend mit eigenem Kapital an Firmen im Ausland zu beteiligen: „Das ist ein ganz normaler Diversifizierungsprozess, durch den neue Märkte erschlossen werden.“ Leider werde im Falle der Chinesen oft so getan, „als ob dahinter nur ein politisches und systematisches Interesse am Aufkauf von hiesigen Hightech-Unternehmen und Schlüsseltechnologien stecke“. Nach allem, was er wisse und auch aus den mittelständischen Unternehmen höre, würden chinesische Investoren jedoch in Geschäftszweige jeder Art investieren.
Am Wirtschaftsstandort Bergisches Land zählten dazu auch die hier traditionellen Branchen wie Werkzeug- und Maschinenbau, Schneidwaren, Oberflächentechnik und Automobil-Zulieferer. Und in nicht wenigen Fällen sei es sogar so gewesen, „dass ein bergisches Traditionsunternehmen nur überlebte, weil ein Investor aus China bereit war, Geld zu investieren.“
Im Rückblick seien die bergischen Firmen dann „oft sogar froh gewesen, dass der Investor ein Chinese war“. Denn Chinesen würden „tendenziell langfristig denken und auch nicht als erste Amtshandlung das vorhandene Management auf die Straße setzen“. Hierfür sei „ihr Interesse an qualifizierten Mitarbeitern und deren Know-how viel zu groß“. Lux empfiehlt daher, „auch in unserer Region nicht gleich die Stirn in Sorgenfalten zu legen, wenn sich die Direktinvestitionen aus China häufen.“ Insbesondere wenn man bedenke, „dass es andersherum wohl kaum ein größeres bergisches Unternehmen gibt, das nicht selbst in irgendeiner Form vom chinesischen Markt profitiert - entweder über Exporte, Joint Ventures oder eigene Direktinvestionen in China.“ So hätten sich über die Jahrzehnte unzählige wirtschaftliche Verflechtungen ergeben. Weshalb zu hoffen sei, „dass der Handelsstreit zwischen China und den USA nach über zwei Jahren einer Lösung zugeführt wird.“ Denn der Handelskonflikt schadet „am Ende auch den Firmen vor unserer eigenen Haustür“. In der aktuellen Stimmungslage werde das viel zu oft vergessen.