Wermelskirchen Lässig, politisch, platt und quicklebendig

Wermelskirchen · Wenn Dieter Nuhr tot wäre, hätte er vermutlich die größte Chancen, bei der nächsten Wahl Bundeskanzler zu werden. Denn: "Manch einer, der am Sonntag zur Wahl antritt, hätte erheblich bessere Chancen, wenn er tot wäre."

Dieter Nuhr fordert, dass nur derjenige wählen dürfe, der die Bezeichnungen der Parteien fehlerfrei aufschreiben könne. Ansonsten sollten auch Dreijährige wählen: Die könnten auch nicht lesen und schreiben. Dummheit sei ja offensichtlich kein Argument fürs Nicht-Wählen.

Auch als Vizekanzler neben Frau Merkel, dem "ruhenden Buddha", würde Dieter Nuhr noch eine gute Figur machen. Damit könnte er Martin Schulz, das "Erleuchtete Nichts auf dem Weg ins Nirwana", ausschalten. Aber so ist aus dem studierten Pädagogen nur ein Komiker hervorgegangen. Das allerdings zielgerichtet, im Gegensatz zu vielen anderen Lehramtlern. Seine ursprüngliche Profession kann "Nuhr Hier und Heute" - so der Titel seines Programms in der ausverkauften Bogenbinderhalle der Katt - allerdings nicht verleugnen. Teilweise belehrend faktenbasiert ("Kloake des Bibers") geißelt er in einen satirischen, ätzenden Rundumschlag, der Lacher zuhauf erzeugt, die absurde Verherrlichung des Früher ("Früher war alles besser"), den Hass, der vielen Andersdenkenden entgegenschlägt und den "real existierenden Allahismus". Das sind seine Lieblingsthemen - sie grinsen durch viele seiner Bemerkungen. Er fordert zur frühzeitigen Senkung des Sterberisikos das frühzeitige Ableben ("Je älter man wird, umso mehr steigt das Sterberisiko") und zur Reduzierung des Feinstaubs den Einsatz von Rußfiltern in den Mündern alter Menschen. Er singt das Loblied der Burka ("Man sieht nicht, wer darunter ist") und fordert die Burka auch für Männer. Und für die Fans der AfD ein schalldichtes Modell.

Was ist Kritik und was ist Hass?, fragt er laut. Warum kauft sich jeder Amokläufer noch vorher einen Koran? Und wo hört Satire auf und beginnt Beleidigung? Etwa beim Begriff "Ziegenficker": Muss es die harte Nummer sein oder reicht schon Petting? Dieter Nuhr bedauert die Ziege und erntet aufbrausendes Gelächter.

Mit seiner schwer zu kopierenden lässigen, quasi improvisierten Vortragsart wirkt er attraktiv auf Leute, die auch mal querdenken wollen. Mit seinen doch recht platten Urologenwitzen am Ende, die zugegeben die größten Lacher erzeugten, entblätterte er sie. Das kann Dieter Nuhr am besten: Anderen den Spiegel vorhalten. Gut, dass er noch nicht tot ist.

(bege)
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