Gesundheitswesen in Wermelskirchen Krankenhaus sieht Bedrohung der Existenz durch Bundespolitik
Wermelskirchen · Als „auf lange Sicht bedrohlich“ erachten die Klinik-Verantwortlichen die Unterdeckung der Betriebskosten, die alle Hospitäler in Deutschland betreffe: „Das ist ein politischer Skandal.“
An der Politik des Bundesgesundministeriums lassen die Verantwortlichen des Wermelskirchener Krankenhauses kein gutes Haar. „Seit mindestens zwei Jahren haben die Krankenhäuser in Deutschland eine nicht auskömmliche Finanzierung“, sagt der Geschäftsführer des Krankenhauses in Wermelskirchen, Christian Madsen.
Und der für Controlling und Finanzen zuständige Prokurist, Alexander Gliss, ergänzt: „Die Situation knapper Finanzen bei den Krankenhäusern besteht schon länger – jetzt läuft das Fass über.“ Das sei kein Problem von ausschließlich vermeintlich „kleineren Häusern“, sondern genauso von großen Kliniken. Deshalb stellt sich die Spitze des Krankenhauses in Wermelskirchen hinter die Forderungen der Krankenhausverbände in Deutschland wie der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen.
Auf dem Sektor der Krankenhäuser gebe es zahlreiche Reformen, das Kernproblem finde jedoch keine Beachtung, bemängelt Christian Madsen. „Die Krankenhäuser kämpfen gerade mit der Gleichzeitigkeit von Problemen und Belastungen; erläutert Alexander Gliss. Erst hätten die Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu einem Patientenrückgang geführt, weil beispielsweise verschiebbare Operationen per Vorschrift nicht durchgeführt wurden, um Kapazitäten frei zu halten. Dann habe über gestiegene Energiekosten und andere Preissteigerungen die Inflation zugeschlagen. „Wir können aber steigende Kosten nicht weitergeben – aus dieser Spirale kommen die Krankenhäuser alleine nicht heraus“, betonen Madsen und Gliss.
Der Geschäftsführer verweist auf das Krankenhaus-Sterben durch Insolvenzen in Nordrhein-Westfalen und erinnert an den Fall der Lukas-Klinik in Wermelskirchens Nachbarstadt Solingen: „Viele Häuser melden Konkurs an oder kommen alleine nicht mehr klar.“ Alexander Gliss fügt hinzu: „Die letzte Konsequenz ist, dass Kliniken vom Netz gehen. Das betrifft Millionen von Menschen – Patienten und Krankenhaus-Mitarbeiter. Das gilt unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft des Hauses und ist ein somit ein Gesellschaftsproblem.“
Er sei fassungslos, dass das ignoriert werde, kommentiert Christian Madsen und betont: „Das ist kein Einzelproblem des Krankenhauses Wermelskirchen. Wir sind nicht insolvent oder von Insolvenz bedroht.“ Das habe das Krankenhaus den stabilen wirtschaftlichen Beinen, auf denen es stehe, und nicht zuletzt einem Überbrückungskredit zu verdanken, zeigt Christian Madsen. Der Kredit wurde während der Hochphase der Corona-Pandemie-Bekämpfung aufgenommen – eine Bürgschaft übernahmen Stadt und Kreis als Gesellschafter der Krankenhaus Wermelskirchen GmbH. „Dieser Schulterschluss ist sehr einvernehmlich gelaufen. Aber klar ist auch: Diese Belastung für Kreis, Stadt und uns ist nicht wünschenswert.“
Dass ein Vorgehen mittels Überbrückungskredit vollkommen üblich sei, sagt der Ärztliche Direktor des Krankenhauses, Dr. Volker Launhardt und skizziert die Krankenhauseinnahmen: „Wir rechnen mit Fallpauschalen ab, die wir gar nicht beeinflussen können. Die sind nicht annähernd so gestiegen wie die Kosten. Eine Anpassung erfolgt nicht – das ist der politische Skandal.“ Launhardt verweist auf die gestiegenen Preise und die „berechtigt“ erhöhten Tariflöhne der Mitarbeiter.
Launhardt betont ebenso, dass das Krankenhaus nicht weniger Fälle behandele und deshalb weniger einnehme: „Wir sind bei den Fallzahlen wieder auf dem Vor-Corona-Niveau.“ Damit kritisiert der Ärztliche Direktor eine entsprechende Aussage aus dem Bundesgesundheitsministerium. „Diese dramatische Entwicklung scheint billigend als vom Lauterbach-Ministerium gewollte Systembereinigung in Kauf genommen zu werden“, kommentiert Launhardt.
„Die Krankenhaus-Finanzierung ist eine Art Planwirtschaft, die uns abhängig macht, weil wir in einem starren System gefangen sind“, sagt Christian Madsen. Den Krankenhäuser ginge es um die Deckung der laufenden Betriebskosten, deren Deckung gesetzlich vom Bund geregelt werde müsse: „Der Bund muss das regeln, nicht zwingend bezahlen.“ So lautete das Gesetz, beschreibt Madsen. Investitionskosten bei Krankenhäusern seien hingegen Ländersache.
Die unlängst angekündigte Schließung der gynäkologischen Station im Krankenhaus Wermelskirchen habe mit dem Problem der Unterfinanzierung der Kliniken nichts zu tun, machen Christian Madsen und Alexander Gliss deutlich: „Wir wollen aufmerksam machen bevor der Unfall passiert. Die Situation ist auf längere Sicht für uns eine Bedrohung.“