Wermelskirchen Kneipenrauchen als "Kulturgut" ist passé

Wermelskirchen · Nichtraucherschutzgesetz: Stadtverwaltung kontrolliert nur, wenn Beschwerden kommen. Die Raucher treffen sich jetzt vor den Gaststätten auf eine Zigarette – und kommen dabei mit netten Menschen ins Gespräch.

 Für Christine Haberla und Stefan vor der Wühlbecke gehört eine Zigarette nach einem guten Essen dazu – sie gehen dann in den überdachten Biergarten der Gaststätte "Centrale".

Für Christine Haberla und Stefan vor der Wühlbecke gehört eine Zigarette nach einem guten Essen dazu – sie gehen dann in den überdachten Biergarten der Gaststätte "Centrale".

Foto: Jürgen Moll

Nichtraucherschutzgesetz: Stadtverwaltung kontrolliert nur, wenn Beschwerden kommen. Die Raucher treffen sich jetzt vor den Gaststätten auf eine Zigarette — und kommen dabei mit netten Menschen ins Gespräch.

Seit einem halben Jahr gilt in NRW die endgültige Fassung des Nichtraucherschutzgesetzes. Seit dem 1.Mai 2013 ist das Rauchen in allen Gebäuden und "sonstigen vollständig geschlossenen Räumen" verboten. Einzige Ausnahme sind Räumlichkeiten, die ausschließlich privat genutzt werden. Vorbei sind die Zeiten der Raucherclubs und der getrennten Zonen für Raucher und Nichtraucher. Wird es so auch in Wermelskirchen um- und durchgesetzt?

"Wir machen keine flächendeckende Razzia", sagt Dezernent Jürgen Graef von der Stadtverwaltung. "Wenn es Beschwerden und Hinweise gibt, müssen wir diesen natürlich nachgehen." In den letzten Wochen habe es zwei Anzeigen gegeben, bei denen auch Geldbußen verhängt wurden. Beschwerden von Anwohnern über Raucher, die sich jetzt für einen Glimmstängel lang vor einer Kneipe aufhalten, sieht Graef gelassen. "Die Menschen treffen sich in einem öffentlichen Raum. Sie reden und sie lachen, und solange sie nichts Verbotenes anstellen, gibt es für uns nichts zu tun."

Mit der kalten Jahreszeit wird es für die Raucher nun ungemütlich. "Jetzt fängt die eigentliche Prüfung erst an. Der Sommer war gut. Da hat man dieses Problem gar nicht gemerkt", sagt Dirk Götz von der Gaststätte "Centrale". "Alle Kneipen, die keine Außengastronomie haben, kriegen ein Problem." Götz hat sich mit seinem zeltähnlichen Vorbau eine gute Lösung geschaffen. Essen, trinken und rauchen ist im überdachten Außenbereich erlaubt und wird rege genutzt. Christine Haberla und Stefan vor der Wühlbecke gönnen sich gerade ihre Zigarette. "Wir haben gut gegessen, jetzt gibt es eine Zigarette." Sie haben kein Problem damit, dass in Gaststätten nicht mehr geraucht werden darf. "Halbherzig" nennen sie diese Regelung, die in den einzelnen Bundesländern auch noch unterschiedlich ist. "Wenn der gesundheitliche Schutz wirklich im Vordergrund stehen würde, müsste man Nikotin mit Drogen gleichsetzten. Dem steht sicher die Tabaksteuer entgegen", sagt von der Wühlbecke.

Franz Jörgens sieht für sein "Hotel zur Eich" gar keine Probleme. "Wir haben noch ein paar Raucherzimmer, die auch nachgefragt werden", sagt er, "und wir haben verschiedene Plätze für Raucher eingerichtet." Lothar Heinrich vom Bistro in der Katt geht schon davon aus, dass er durch das Nichtraucherschutzgesetz Gäste verloren hat. "Das war doch mal ein richtiges Kulturgut. Am Tresen ein Bier trinken und eine paffen", sagt Heinrich. "Und einen Bluesabend ohne Rauchschwaden konnten wir uns auch nicht vorstellen." Ist aber jetzt Wirklichkeit. Die Raucher treffen sich draußen vor dem Bistro oder verzichten, wenn es zu kalt ist. Inzwischen machen Raucher schon bissige Bemerkungen über Nichtraucher: "Die Nichtraucher sollen gefälligst in die Kneipe gehen und nicht den Biergarten blockieren. Sie haben schließlich lange genug geschimpft", heißt es in Raucherkreisen.

Im überdachten Eingangsbereich des griechischen Restaurants "Dimitra" steht Mario Schneider und raucht. "Es ist in Ordnung, dass man da drin nicht mehr rauchen darf", sagt er und hat eine positive Erfahrung gemacht. "Durch die neue Regelung habe ich schon viele Leute kennengelernt, mit denen ich sonst nie ins Gespräch gekommen wäre".

(wsb)
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