Wermelskirchen Kinder probieren sich im Rollstuhl aus

Wermelskirchen · Besonderer Aktionstag in der Waldschule: Patrick Moser vom Deutschen Rollstuhlverband (DRS) und seine Kollegin, Übungsleiterin Sophie Hahn, erklären den Umgang mit dem Hilfsmittel und lassen die Erstklässler viel ausprobieren.

 Gar nicht so einfach, sich in einem Rollstuhl zu bewegen: Die Mädchen und Jungen der ersten Klasse an der Waldschule waren mit viel Eifer bei der Sache. Einige hatten überhaupt keine Probleme, sich frei fortzubewegen.

Gar nicht so einfach, sich in einem Rollstuhl zu bewegen: Die Mädchen und Jungen der ersten Klasse an der Waldschule waren mit viel Eifer bei der Sache. Einige hatten überhaupt keine Probleme, sich frei fortzubewegen.

Foto: stephan singer

Rollstuhlfahrer treffen in ihrem Alltag nicht nur auf natürliche Hindernisse, sondern auch auf Barrieren in den Köpfen der Mitmenschen. "Oft hört man die Begriffe 'an den Rollstuhl gefesselt' oder 'an den Rollstuhl gebunden'. Damit ist dieses Hilfsmittel negativ besetzt", sagt Patrick Moser vom Deutschen Rollstuhlverband (DRS). Durch eine Behinderung ist er selbst Rollstuhlfahrer und sieht seinen Rollstuhl als Mobilitätshilfe. "Ich komme selbst und allein überall hin und genauso weit wie die anderen", sagt er.

Der DRS besucht Schulen, um zu vermitteln, wie es ist, in einem Rollstuhl zu sitzen und sich damit zu bewegen. Schüler der ersten Klasse der Waldschule versammeln sich gestern in der Turnhalle - und Moser und seine Kollegin, Übungsleiterin Sophie Hahn, erklären zunächst die mitgebrachten Rollstühle.

Kleine Rollen dienen als Kippschutz, damit der Rollstuhl nicht nach hinten fallen kann. Wichtig ist die richtige Handstellung am Greif-Reifen, damit die Finger nicht eingeklemmt werden. Infos übers Bremsen und das Drehen erhalten die Kinder ebenfalls. Alle sitzen zum ersten Mal in einem Rollstuhl - und als es losgeht und alle fahren dürfen, ist es ein bisschen wie beim Autoscooter. Ganz erstaunlich sind die Unterschiede in der Gruppe. Einige haben überhaupt keine Probleme, fahren vor und zurück, wenden und bremsen. Für andere ist es eine riesige Aufgabe. "Wer sich nicht bewegt, nicht mit dem Bobbycar gefahren ist, der tut sich schwer", sagt Sportlehrerin Gisela Weiser.

Bereits ganz früh bildet sich das Koordinationssystem. "Krabbeln ist für Kinder ganz wichtig. Eltern haben manchmal den falschen Ehrgeiz, das Kind ganz früh zum Laufen zu bringen", sagt Weiser. Weitergedacht sind das später die Erwachsenen, die Probleme mit dem Einparken haben, die links und rechts, vor und zurück nur schwer koordinieren können. Die Kinder erfahren und erleben im Spiel die Möglichkeiten eines Rollstuhls. "So ein Rolli kann auch ein ganz cooles Sportgerät sein", sagt Moser. Basketball und Tennis ist möglich und sogar Eishockey, dann mit einem Spezialschlitten und Stöcken.

Die Kinder nutzen die Rollstühle als Spiel- und Spaßgerät. Es ist toll, so etwas auszuprobieren. "Es macht Spaß, aber besser ist es, wenn man einen Rolli nicht braucht", sagt Liliane (7).

In unserer durchorganisierten Welt werden einfache Dinge vergessen. "Wenn jemand ein Bein verliert, bekommt er eine Prothese. Dann erhält er eine Anleitung, mit der Prothese zu laufen", sagt Moser. "Wenn jemand beide Beine verliert, erhält er einen Rollstuhl. Und der wird oft im Karton als Bausatz von einem Sanitätshaus geliefert. Und ein Fahrtraining für einen Rollstuhl ist eine sogenannte 'Kann-Leistung'. Die Kassen können, müssen aber nicht bezahlen".

Auch übertriebene Hilfsangebote seien seiner Meinung nach überhaupt nicht nötig. "Die Bürger müssen uns nicht permanent Hilfe anbieten. Wir kommen meist klar. Und wenn nicht, melden wir uns", sagt der erfahrene Rollstuhlfahrer.

(RP)
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