EZB-Zinspolitik vernichtet Vermögen auch der Wermelskirchener Sparer Keine Strafzinsen für Privatkunden

Wermelskirchen · Die Stadtsparkasse Wermelskirchen kämpft gegen die Nullzins-Politik der EZB. Es wird immer schwieriger, das Geld der Kunden gewinnbringend anzulegen. „Für Sparer ist es eine Katastrophe“, sagt Rainer Jahnke. Und dennoch steigen die Spareinlagen.

 180 Millionen Euro haben die Wermelskirchener auf ihren Sparbüchern eingezahlt. 

180 Millionen Euro haben die Wermelskirchener auf ihren Sparbüchern eingezahlt. 

Foto: dpa/Daniel Karmann

Die meist gestellten Fragen der Kunden, die Vorstand wie auch Mitarbeiter der Stadtsparkasse Wermelskirchen in den vergangenen Wochen und Monaten beantworten mussten, waren: Muss ich für mein angelegtes Geld Strafzinsen zahlen? Und: Was mache ich mit meinem Guthaben, damit es nicht an Wert verliert? Denn die Zinspolitik der Zentralbank (EZB) stellt alle Geldinstitute, also auch die Sparkasse, vor große Herausforderungen. Vorstandsvorsitzender Rainer Jahnke: „Für Sparer ist diese Zinspolitik eine Katastrophe. Da wird Vermögen vernichtet.“

Jahnke und seine Vorstandskollegen Hans-Jörg Schumacher und Thorsten Thomas machten im Pressegespräch deutlich: Für Privatkunden wird es keine Negativzinsen geben. Jahnke: „Es wird häufig in Medien von einem Sockelbetrag von 100.000 Euro gesprochen. In unserer Sparkasse gibt es dazu derzeit keine konkreten Überlegungen.“

Kunden mit sehr hohen Liquiditätsvermögen (deutlich mehr als eine Million Euro) wird die Sparkasse indes ansprechen: Sie müssen mit Negativzinsen rechnen. „Deshalb suchen wir das Gespräch, um mit dem Kunden nach Wegen zu suchen, die negativen Folgen der Zinspolitik für beide Seiten möglichst gering zu halten.“ Jahnke wird aber auch deutlich, dass in den nächsten Jahren mit allem gerechnet werden muss: „Unabhängig von der EZB-Zinspolitik wäre es allerdings unseriös, Gebührenerhöhungen für die Zukunft gänzlich auszuschließen.“ Die Anpassung von Preisen in einer Marktwirtschaft sei schließlich ein völlig normaler Vorgang.

Und dann wird es zur zweiten Frage schwierig – weil: Es gibt keine pauschalen Antworten dazu, wie Geld angelegt werden kann oder sollte. „Es geht vom Vermögensaufbau für junge Leute mit oder ohne Risiko bis hin zu Menschen, die ausgezahlte Lebensversicherung oder Erbschaften anlegen oder ihre Erträge fürs Alter sichern wollen“, so Jahnke. Hier gilt es, im Gespräch mit dem Kundenberater die persönlich zugeschnittene Lösung zu finden, um der „Zinsfalle“ zu entgehen. „Da müssen sie einfach das Vertrauen haben, dass wir gemeinsam das Beste finden“, so Jahnke.

Die Sparkasse sieht ihren Auftrag darin, das Geld der Kunden anzulegen. „Das ist unsere Funktion“, so Jahnke. „Wir fühlen uns den Sparern verpflichtet und legen nichts Hochriskantes an.“ Dieses in den vergangenen Jahren erarbeitete Vertrauen bekommt die Sparkasse „zu spüren“: Über 50 Millionen Euro erhöhten sich in den vergangenen eineinhalb Jahren die Einlagen. Was für die Bank nicht einfach ist. Seit Juli muss die Sparkasse nämlich auch Negativzinsen zahlen. Hans-Jörg Schumacher: „Bisher haben wir das Geld in sichere Papiere investiert, ohne Negativzinsen zu zahlen. Das ist jetzt vorbei.“

Wie aber kommt diese hohe Summe zustande? Schumacher: „Wir haben da auch schon Überlegungen angestellt. Es ist ein Generationswechsel, und es wird viel Geld aus Lebensversicherungen, Aktien oder Erbschaften frei. Das will angelegt sein.“

Womit aber verdient die Sparkasse ihr Geld? Und wie zahlt die Sparkasse diese Negativzinsen? Jahnke: „Über Kredite. Auch wenn’s zum Beispiel bei einem Baukredit über zehn Jahre nur noch ein Prozent gibt.“ Viel wichtig sei die „unglaublich gute Kostensituation“: Wir sind sehr sparsam und kostenbewusst.“ Das aber führe dazu, dass die Ertragslage rückläufig sei.

Der Vorstandsvorsitzende ist aber zuversichtlich: „Wir kriegen das hin“ – und das sagt er für die nächsten fünf Jahre auch bei der dramatischen Situation. Übrigens: Prämiensparverträge bietet die Sparkasse nicht mehr an. Sie sind zu teuer für das Unternehmen. Thomas: „Wir kündigen aber auch keine Verträge. Meistens kündigt der Kunde, wenn er attraktivere Angebot wie Aktiensparverträge sieht.“ Die letzten Verträge laufen 2024 aus.

Auch der Dispo bei Girokonten wird kaum noch ausgenutzt, berichtet der Vorstand. Je nach Kontomodell gibt es die eingeräumte Kontoüberziehung schon zu einem Sollzinssatz ab aktuell 7,07 Prozent. „Das hat aber heute eine untergeordnete Bedeutung: 92 Prozent der Kunden nahmen den Dispo nicht in Anspruch, ergab eine Untersuchung über einen längeren Zeitraum.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort