Karfreitag in Wermelskirchen Den Schreibtisch des Lebens aufräumen

Wermelskirchen · Sterben und Tod bleiben ein Tabu. Trotzdem fanden sich drei Gesprächspartner für eine schwierige und sehr persönliche Frage: Wie wollen Sie sterben? Udo Andriessen, Marion Lück und Anke Stolz gaben Antworten.

Udo Andriessen arbeitet seine Löffelliste „Was ich noch erleben möchte“ bereits seit 2011 ab.

Udo Andriessen arbeitet seine Löffelliste „Was ich noch erleben möchte“ bereits seit 2011 ab.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wie wollen Sie sterben? Die Interview-Anfrage für einen Artikel in der Karfreitagausgabe klang zugegeben schonungslos. Einer ganzen Reihe Wermelskirchenern schickten wir die Fragen mit der höflichen Bitte um Antwort. Und um Niemanden zu nahe zu treten, wiesen wir natürlich umgehend darauf hin, dass auch eine kurze Absage der Anfrage überhaupt kein Problem sei. Schon die Frage war mit viel Befangenheit behaftet: War sie zu persönlich? Oder gehörte sie sich nicht? „Wir haben uns auch kurz gewundert“, sagt Ute Lüttinger vom Hospizverein, „und dann haben wir uns über die Frage gefreut.“ Die Koordinatorinnen des Hospizvereins erleben täglich: Sterben und Tod bleiben ein Tabu. Das habe wohl mit der Angst zu tun, sich mit dem Thema auch die Endlichkeit ins Haus zu holen. „Der Tod soll einfach nicht präsent sein“, sagt Ute Lüttinger.

Auch für die Umfrage sagten einige ab. Drei Gesprächspartner fanden Antworten: Bestatter Udo Andriessen, Bürgermeisterin Marion Lück und Anke Stolz vom Hospizverein in Wermelskirchen.

Wenn es einmal so weit ist: Wie würden Sie sich Ihr Sterben wünschen?

Udo Andriessen Schmerzfrei, da ich seit 2011 Krebspatient bin. Ebenso möchte ich an der Hand meiner Frau gerne einschlafen.
Marion Lück Ich würde mir ein schmerzloses, schnelles und würdevolles Sterben wünschen. Und dass ich mich von meinen liebsten Menschen verabschieden konnte.
Anke Stolz Wenn ich mir mein Sterben wünschen darf: lebenssatt. In meiner Familie sind viele im hohen Alter verstorben. Im Frieden mit mir, meiner Familie und Freunden. Im hohen Alter plötzlich zu sterben, fände ich eine schöne Vorstellung. Falls es in jüngeren Jahren sein sollte, möchte ich gerne bewusst Abschied nehmen.

Welche letzten Worte oder Gedanken könnten Ihnen dann wichtig sein?

Andriessen Dankbarkeit für die gemeinsam verbrachte Zeit. Ich würde gerne den Psalm 23 hören, da sich die Anrede ändert von „ER wird… auf, denn DU bist bei mir“.
Lück Dass ich in Frieden gehe – mit anderen und mir selber.
Stolz In dem Film „In Liebe lassen“ gab der behandelnde Palliativarzt Dr. Edde seinem Patienten Benjamin die letzten vier wichtigen Sätze, die am Lebensende wichtig sind mit auf den Weg, die ich sehr berührend fand: Danke, verzeih mir, ich verzeihe dir, leb wohl!

Und was wollen Sie bis dahin unbedingt erledigt oder erlebt haben?

Andriessen Meinen Nachlass regeln, damit keine Streitigkeiten entstehen. Vielleicht versuchen, noch alle Verletzungen zu bereinigen. Meine Löffelliste „Was ich noch erleben möchte“ arbeite ich seit 2011 ab.
Lück Ich möchte so viele von den Wünschen meiner Lieben und mir erfüllt haben, wie es möglich ist.
Stolz Den Schreibtisch des Lebens aufräumen: Das steht für all das, was noch ungeklärt ist. Für den Gedanken, sich zu versöhnen mit dem, was offen geblieben ist im Leben und offenbleiben darf. Dafür, die verbleibende Zeit noch zu nutzen: um das zu tun, was ich immer schon noch fragen, wissen, sagen und erklären wollte. Mir selbst und anderen gegenüber. Und ganz klassisch habe ich eine Löffelliste, auf dieser notiere ich Dinge, die ich noch erleben möchte. Es wäre schön, sich einige davon erfüllen zu können – und einige werden wahrscheinlich Träume bleiben, und auch das wäre in Ordnung.

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