Jubelkonfirmation in Dhünn Pfarrer wirft Klümpchen von der Kanzel

Dhünn · Mehr als 30 Jubilare erinnerten sich am Sonntag in Dhünn an ihre Konfirmation. Gemeinsam mit Pfarrer Albrecht Keller feierten sie in der Dorfkirche einen Festgottesdienst – und kamen danach ins Plaudern.

 Feststonntag in Dhünn: Mehr als 30 Jubilare erinnerten sich mit Pfarrer Albrecht Keller an ihre Konfirmation vor 50, 60, 70 und 75 Jahren.

Feststonntag in Dhünn: Mehr als 30 Jubilare erinnerten sich mit Pfarrer Albrecht Keller an ihre Konfirmation vor 50, 60, 70 und 75 Jahren.

Foto: Theresa Demski

Dieses Mal steht sie in der letzten Reihe, auf der hintersten Stufe. Inge May lächelt. Hier standen damals die Jungs. Die Mädels in ihren Kleidern und hohen Strümpfen standen vorne. Das war vor 75 Jahren. 1948. „Andere Zeiten“, sagt Inge May. Am Sonntagmorgen nach dem Gottesdienst steht sie nun wieder auf den Stufen vor der Kirche – mit 30 anderen Jubelkonfirmanden aus Dhünn. Inge May hat keinen weiten Weg hinter sich, denn sie hat die meiste Zeit ihres Lebens in Neuenhaus verbracht. Von der hintersten Stufe blickt sie auf die große Festgruppe. Ganz vorne steht ihre Tochter Claudia zu Bergen. Sie feiert heute ihre Goldkonfirmation. „Es war wirklich schön, heute gemeinsam mit meiner Mutter in der Kirchenbank zu sitzen“, wird sie später beim Kaffeetrinken in Hülsen sagen. Die beiden trennen 25 Jahre. Am Sonntag feiern sie gemeinsam Jubelkonfirmation.

Nach dem Festgottesdienst und dem Erinnerungsfoto machen sich die Jubilare samt Begleitung auf den Weg nach Hülsen. Im Vereinshaus haben die Presbyter schon Kaffee gekocht und das Mittagessen vorbereitet. Vor allem gibt es Gelegenheit zum gemeinsamen Erinnern. Inge May sieht sich um. „Ich bin heute die Einzige aus meinem Jahrgang“, sagt sie. Und damit ist die 89-Jährige am Sonntag auch die älteste Jubilarin – ohne ihr das ansehen zu können. „Der Konfirmandenunterricht war damals strenger als heute“, sagt sie und erzählt von Pfarrer Bach, der die Jugendlichen auf die Konfirmation vorbereitet habe. „Was ich damals gelernt habe, das sitzt noch“, erzählt sie. So habe sie auch während des Gottesdienstes am Morgen mit Pfarrer Keller beim Singen kaum mal in das Gesangbuch blicken müssen.

Einen Tisch weiter sitzt Erika Preyer. Sie hat vor 70 Jahren ihre Konfirmation in Dhünn gefeiert. Und auch sie zitiert die Zeilen von damals als sei es gestern gewesen. „Ich bin bei dir, spricht der Herr, dass ich dir helfe“, erinnert sich die 85-Jährige an ihren Konfirmationsspruch – damals im Frühling 1953. Und dann wird sie kurz etwas nachdenklich: „Das kann ich heute noch genauso sagen, Gott hilft mir immer noch.“ Viele der Konfirmanden von damals haben den Kontakt zur Gemeinde über all die Jahre gehalten. „Ich bin auch dabei geblieben“, erzählt Ernst Köser und schmunzelt. Er feiert am Sonntag den 60. Jahrestag seiner Konfirmation. Viele aus seinem Jahrgang feiern mit, die meisten seien „Ureinwohner“ aus Dhünn. Nur bei einem Herrn habe er am Morgen – natürlich in Mundart – fragen müssen: „Wer bist du denn?“. Zweimal die Woche seien sie damals zusammen in den Konfirmandenunterricht gegangen. „Und in Dhünn, da kennt man sich“, sagt er, „der Pfarrer kam ins Haus. Da konnten wir uns keine Späßchen erlauben.“ Es sind trotzdem gute Erinnerungen, die er mitgenommen hat. „Pfarrer Finthammer hat uns sehr geprägt“, sagt er. Das gelte für die Verse, Lieder und Psalme. Wer Köser heute auf die erste Frage des Heidelberger Katechismus anspricht, der bekommt umgehend eine Antwort: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.“

Aber das gelte auch für die unnachahmlichen Geschichten, die sich um den Pfarrer ranken: Wenn er am Sonntag bei den Gottesdienstbesuchern während der Predigt einen beim Schlafen oder beim Späßchenmachen erwischt habe, dann habe er auch schon mal Klümpchen – was im Bergischen so viel heißt wie Bonbons – von der Kanzel geworfen. Köser schmunzelt: „Da kommt manches wieder hoch, wenn wir uns heute erinnern“, sagt er. Allerdings sei der Tag der Jubelkonfirmation für ihn auch ein nachdenklicher Tag. Die Zeit werde knapper, das Leben laufe immer weiter. Darauf war auch Pfarrer Albrecht Keller im Festgottesdienst eingegangen: „Gott hat jeden von uns auf seinem Lebensweg begleitet, und er bleibt dabei“, sagte er und gab den Jubilaren zu ihrem großen Festtag auch viel Zuversicht mit auf den Weg – mitten in der Erinnerung an alte gemeinsame Zeiten. Er hatte den Segenszuspruch erneuert. Und die Jubelkonfirmanden, die ihr goldenes Jubiläum feierten, bekamen eine Urkunde.

Auch im Gemeindehaus in Hünger hatte die Evangelische Kirchengemeinde am Sonntag zur Jubelkonfirmation eingeladen – nicht umsonst am Palmsonntag. Über viele Jahrzehnte hinweg wählten die Gemeinden den letzten Sonntag der Fastenzeit für ihre Konfirmationen – weil damit auch gleichzeitig das Schuljahr endete. Zumindest Jubelkonfirmationen werden heute häufig weiterhin am Palmsonntag gefeiert, während die Jugendlichen meist deutlich später im Jahr konfirmiert werden. Andere Zeiten eben.

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