Wermelskirchen Immer in Bewegung
Wermelskirchen · Der Markt für Veranstaltungstechnik bewegt sich schnell, weiß Stefan Sander. Der 55-jährige Wermelskirchener hat sich vor vier Jahren selbstständig gemacht und will sich nun auch stärker im Bereich Jugendkultur engagieren.
Nordrhein-Westfalen macht Urlaub — auch kulturell. Seit einigen Tagen spürt Stefan Sander (55) das sehr deutlich. Die letzte große Produktion ist abgewickelt, die Kulissen abgebaut.
Die Einnahmen der vohergehenden Wochen müssen nun die Fixkosten decken, bis die Sommerpause vorbei ist. Vielleicht kommt noch der ein oder andere kleinere Auftrag, einen großen, den, für die Triennale Ruhr Mitte August, hat Sander nicht bekommen. "Das Programm ist zusammengestrichen wurden", erklärt er.
Doch den Kopf in den Sand zu stecken und sich mit Geld vom Staat zufrieden zu geben ist nicht sein Ding. Vor vier Jahren wagte er den Sprung ins kalte Wasser und drückte mit 51 noch einmal die Schulbank: Zwei Jahre lang besuchte er die Berufsschule in Dortmund und schloss die Prüfung zum Veranstaltungstechniker als Zweitbester ab. Da er keine Anstellung bekam, machte er sich mit einer Veranstaltungsfirma selbstständig.
Vom Staat allein gelassen
Mit dieser erlebte er Höhen und Tiefen. Anfangs lief es dank der Kontakte, die Sander während der Ausbildung gesammelt hatte, gut. Hauptauftraggeber für den Wermelskirchener war die Stadt Mülheim an der Ruhr. Im November 2008 kam dann der Einbruch: "Von heute auf morgen wurden alle zugesagten Aufträge abgesagt", erzählt Stefan Sander. Vom Staat fühlte er sich damals allein gelassen (die BM berichtete). "Die verwalten nur noch, kleine Firmen werden im Regen stehen gelassen", sagt er noch heute dazu.
Sander wagte die Flucht nach vorne, suchte nach neuen Wegen und Auftraggebern. Immer noch ist die Stadt Mülheim eine gute Quelle dafür, aus Wermelskirchen kamen bisher keine Aufträge. "Der Prophet im eigenen Land, das klappt einfach nicht", sagt er. Doch mit der Jugendkulturarbeit, die der 55-Jährige als neues Standbein aufgebaut hat, möchte er es auch in seinem Wohnort probieren. Nach den Ferien will er Schulen ansprechen.
Vorbild ist z.B. eine Jugendtheater-Produktion in Mülheim, die Stefan Sander gerade abgeschlossen hat. Im Ringlokschuppen spielten Kinder von der Luisenschule im Juni "Don Carlos" — und sind dafür mit dem Kulturpreis NRW belohnt worden. Sander unterstützte die Schüler technisch, entwickelte das Lichtdesign und baute die Tonanlagen auf. Doch die Jugendlichen sollen auch selbst mitmachen und gestalten. Dafür hat Sander extra einen Ausbilderschein gemacht.
Ein Funkeln in den Augen hat Sander auch, wenn er von der Produktion mit René Pollesch für die Ruhrtriologie berichtet. Auf einem Brachgelände baute der Veranstaltungstechniker eine aufwendig Gerüstkonstruktion(siehe Foto), an der die Kulisse befestigt wurde. Diesen Teil zur perfekten Inszenierung trägt er gern bei: "Ich muss nicht vorn auf der Bühne stehen. Aus dem Alter bin ich raus."