Vortrag in Wermelskirchen „Das Bauen braucht eine Kulturrevolution“ – mit Holz

Den Tipp mit dem Mondholz hat Erwin Thoma von seinem Opa, einem Zimmermann. Damals in den 90er Jahren, als der ehemalige Förster, heutige Unternehmer und Autor mit seinem Großvater seine Firma gründete, war dem Österreicher das Thema Mondholz, mit dem der über 80-Jährige ausschließlich arbeiten wollte, fast peinlich – das klang zu sehr nach der verschrienen Esoterik-Ecke.

Heute denkt Erwin Thoma dankbar an seinen Großvater zurück: „Opas Wissen war ein Geschenk.“ Vor rund 240 Besuchern hielt Thoma unter dem Titel „100 Prozent Holz – Bauen für die Zukunft“ einen Vortrag in der Kleinen Halle der Kattwinkelschen Fabrik.

Erwin Thomas’ Firma baut mit Holz, hat ganze Holz-Hotels oder auch das Kitzbühler Rathaus vollständig aus Holz errichtet. „Statt der geplanten zwölf Millionen Euro, hat das viergeschossige Rathaus mit 6500 Quadratmetern Fläche damals 14 Millionen Euro gekostet. Seit der Fertigstellung in 2009/10 wurde dort aber noch kein Cent für Heizung oder Kühlung benötigt“, erläuterte Thoma, dessen Firma das Holz oder die Holz-Module für den Bau liefert und für die Errichtung mit Zimmereien kooperiert. In der bergischen Region ist das die Zimmerei Zultner aus Hückeswagen, die zu dem Vortragsabend eingeladen hatte. Thoma setzt auf Mondholz, das im Winter bei abnehmendem Mond kurz vor Neumond geschlagen wird und dadurch besonders robust sein soll.

„Wenn wir eine enkelfähige Bauwirtschaft aufbauen wollen, geht es nicht ohne eine Kulturrevolution beim Bauen“, betonte Erwin Thoma die Nachhaltigkeit des Materials Holz. Während bis zum Ersten Weltkrieg in der Zeit des Jugendstils nur mit 15 Materialien gebaut worden sei, wären es heutzutage über 1000, was kein Architekt mehr überblicken könne: „Im Moment ist Altholz doppelt so viel wert wie neues. Ein Holzhaus lässt sich abbauen und andernorts neu errichten. Dahingegen kostet der Abriss eines so genannten Passivhauses irrwitzige Entsorgungsgebühren.“ Und weiter: „Wir haben keinen Mangel, sondern ein Konzeptthema – keine Energiekrise, sondern eine Hirnkrise, weil die Sonne täglich mehr Energie liefert als die Menschheit benötigt.“

Fast wie ein Guru, der auf der Jagd nach Anhängern ist, sprach Erwin Thoma inbrünstig und versiert, reicherte seine Erzählungen mit Fakten und Argumenten an: „Wer in einem Holzraum schläft, hat ein messbar gestärktes Immunsystem.“

Wohlwissend, dass seine Firma einen Erfahrungs-, Forschungs- und Wissensvorsprung hat, bemerkte Thoma immer wieder, wie es zu seinen Büchern gekommen ist, ohne einfach platt nur auf den Verkaufsstand zu verweisen: „Ich bin kein Träumer. Ich brauche eine gesunde Bilanz und ich brauche Wissenschaftler für Tests – das sind aber Werkzeuge, keine Ziele.“ Das Ziel stehe für ihn fest: „Es ist ein fataler Irrtum, von der Umwelt als Drumherum zu denken. Es ist die Mit-Welt – es geht nur mit, nie gegen die Natur.“ Aus Burscheid hörte Immobilienmaklerin Christine Kintscher zu: „Nachhaltiges Bauen ist ein Markt der Zukunft, da kommen wir alle nicht umhin. Ich möchte wissen, was möglich und sinnvoll ist.“

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