Wermelskirchen Demenz – Angehörige und Ehrenamtliche stärken

Wermelskirchen · Plötzlich steht die Welt Kopf: Die Gesichter der Menschen sind fremd geworden, welchen Zweck eine Tasse erfüllen soll, erschließt sich nicht, und obendrein scheint keiner zu verstehen, welche Herausforderungen aus dem Nichts auftauchen.

Einen Einblick in die Welt der Menschen mit Demenz gab den Zuhörern Rainer Cramer-Utsch vom Sozialen Dienst im Haus Vogelsang.

Zum Abschluss der Aktionswochen „Gemeinsam leben lernen“ des Demenz-Arbeitskreises „Re-Vivio“ mit Veranstaltungen für Angehörige von demenziell erkrankten Menschen, hatte die Pflegeeinrichtung am Vogelsang zu Information und Gespräch eingeladen. Praktische Unterstützung für Angehörige hatte Rainer Cramer-Utsch im Gepäck – und die Wermelskirchener nahmen das Angebot gerne an. „Demenz hat nichts damit zu tun, im Alter tüddelig oder vergesslich zu werden“, erklärte Cramer-Utsch und ermöglichte dann einen Einblick in das Krankheitsbild. Das verlaufe bei jedem Patienten ganz unterschiedlich, gehe aber oft mit Gedächtnisstörungen, Sprachproblemen, Wahrnehmungs- und Handlungsstörungen einher. „Angehörige entdecken häufig Persönlichkeitsveränderungen bei den Betroffenen, Depressionen und Aggressionen“, erklärte Cramer-Utsch. Und nicht selten war im Publikum zustimmendes Nicken zu erkennen. Der Fachmann berichtete von Veränderungen im Gehirn der Patienten und stellte fest: „Unter den 65- bis 69-Jährigen sind lediglich 1,2 Prozent der Menschen betroffen, unter den über 90-Jährigen sind es schon 34,6 Prozente.“ Und damit seien eben auch viele Angehörige betroffen.

Die sollten zum Abschluss der Demenzwochen wichtige Tipps für den Alltag bekommen. Mit einem Anspiel brachte das Team des Sozialen Dienstes die Zuhörer auf Fehler in der Betreuung von Menschen mit Demenzerkrankungen und zeigte hilfreiche Mechanismen. „Es gibt kein Patentrezept“, betonte Cramer-Utsch. Wissenslücken der Betroffenen sollten nicht betont werden, Kritik vermieden. Unnötige Hilfestellungen seien kontraproduktiv und würden häufig die Aggressivität eher noch verstärken. Stattdessen helfe Blickkontakt und die Wahrnehmung und Spiegelung der Gefühle des Erkrankten. Hilfreich sei es, die Schärfe aus Situationen zu nehmen. Deeskalation, eine gute Portion Humor, Ruhe und Gelassenheit seien die wichtigsten Ratgeber. „Aber das klappt halt nicht immer“, wandte eine Dame aus dem Publikum ein. Und genau deswegen sei es so wichtig, sich auch als Angehöriger seine Freiräume zu verschaffen.

„Fragen Sie um Hilfe“, appellierte Cramer-Utsch und empfahl das Vogelsang-Café. Jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat bietet das Team im Haus Vogelsang von 16.30 bis 19.15 Uhr eine Entlastung für Angehörige von dementiell Erkrankten an. Für die Betreuung wird ein Kostenbeitrag von 15 Euro erhoben – der häufig von der Pflegekasse übernommen wird. Interessierte sind zum unverbindlichen Besuch willkommen. Infos gibt es unter Telefon 02196 8877690.

(resa)
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