Gesamtschule in Wermelskirchen „Wir bringen enormen Druck in die Elternhäuser“
Wermelskirchen · Den Beschluss des Stadtrats für eine dauerhaft fünfzügige Gesamtschule in Wermelskirchen sehen Grüne und FDP nicht als letztes Wort an. Für 2023 sei der „Drops zwar gelutscht“, aber 2024 gehöre das Thema wieder auf die Agenda. Die beiden Parteien sehen sich nicht zuletzt durch Aussagen des kommissarischen Schulleiters Torsten vom Stein bestätigt.
Die Bündnis 90-Grünen und die Liberalen sind überzeugt: Spätestens in wenigen Monaten im kommenden Jahr wird das Thema der Gesamtschul-Zügigkeit wieder auf der kommunalpolitischen Agenda stehen. Denn: Grüne und Liberale, die sich mit einem gemeinsamen Antrag für eine sechszügige Gesamtschule unter Umständen an zwei Schulstandorten stark gemacht hatten und dafür keine Mehrheit finden konnten, gehen fest davon aus, dass das Anmeldeverfahren im Januar derart viele Anmeldungen zur Gesamtschule bringen wird, dass wieder ausreichend Schüler für einen Jahrgang mit sechs Klassen vorhanden sind.
„Wenn die Anmeldezahlen die vorhandenen Plätze überschreiten, müssen wir wieder einen Antrag für eine Sechszügigkeit im Schulausschuss stellen“; sagte Ulrike Schorn-Kussi von den Grünen bei einer Gesprächsrunde unter dem Motto „Grünes Sofa“ im Haus Eifgen. Zu der Grünen-Veranstaltung hatten mit 13 Anwesenden wenige Diskussionsteilnehmer den Weg gefunden – darunter der Vorsitzender der FDP-Fraktion im Stadtrat, Marco Frommenkord, und der Vorsitzende des Wermelskirchener FDP-Ortsverbandes, Tim Bosbach, sowie der kommissarische Gesamtschulleiter Torsten vom Stein.
Letzterer kommentierte die politische Entscheidung zugunsten einer fünfzügigen Gesamtschule: „Ich habe ganz, ganz große Bauchschmerzen mit der Fünfzügigkeit, denn ich bin angetreten, jedem Wermelskirchener Kind, dessen Eltern es anmelden, einen Platz zu geben. Das ist auch das Versprechen gewesen.“ Er denke nicht, dass Wermelskirchen mit einer fünfzügigen Gesamtschule auskomme: „Wir werden viele Kinder wegschicken müssen und wissen gar nicht wohin.“ Das sei ein enormer Druck, der in die Elternhäuser gebracht werde.
Grünen-Fraktionssprecher Stefan Janosi kritisierte die jüngste Entscheidung: „Die Argumente gegen eine Sechszügigkeit sind sehr dünn. Das Hauptargument ist fehlender Raum mangels zusätzlichem Bau-Platz – aber es gibt mindestens zwei Möglichkeiten für Bauten.“ Damit blickte Janosi unter anderem auf den ehemaligen Realschul-Standort an der Rot-Kreuz-Straße: „Es geht sicherlich auch um finanzielle Dinge. Das traut sich aus den Reihen der Stimmen pro Fünfzügigkeit nur keiner zu sagen.“
Für die Liberalen bekräftigte Marco Frommenkord den Schulterschluss mit den Grünen in Sachen sechszügige Gesamtschule: „Die Finanzierbarkeit ergibt sich aus der Priorisierung. Derzeit wird anderen Vorhaben Vorrang gegeben – davon muss man sich lösen.“ Ein zweiter Gesamtschul-Standort sei sofort zu etablieren, stattdessen werde der Schulentwicklungsplan aufgeweicht: „Wir bleiben am Ball.“
Nach wie vor am Ball bzw. aktiv ist die von der Schulpflegschaft der Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Am Haiderbach gestartete Online-Petition, womit über die Internet-Plattform „Open Petition“ bereits über 1000 Unterschriften (Stand 27. September: 1082 Unterstützer, davon 893 aus Wermelskirchen) zugunsten einer sechszügigen Gesamtschule gesammelt sind. Dem Vorgehen von „Open Petition“ entsprechend, hat die Plattform vor wenigen Tagen von den Stadtratsmitgliedern eine Stellungnahme erbeten, weil die Anzahl der die Petition unterzeichnenden Unterstützer relevant sei.
Aus den Reihen derjenigen, die sich für eine fünfzügige Gesamtschule ausgesprochen haben, meldeten sich Jochen Bilstein (SPD) und Oliver Platt (Büfo) zu Wort. Das Bürgerforum habe mit der Entscheidung nicht gegen sechs oder mehr Klassen an der Gesamtschule Wermelskirchen votiert, stellte Oliver Platt fest: „Klar ist aber, das zur Beantragung eine fertige Raumplanung vorliegen muss. Die Stadt Wermelskirchen muss passend zu einem solchen Antrag, die baulichen Voraussetzungen nachweisen, dies kann man an dem Standort Wirtzmühler Straße, wenn man seiner Verantwortung als Mandatsträger ernst nimmt, nur fünfzügig.“ Aus Sicht des Büfo-Chefs sei es zum heutigen Stand richtig gewesen, die Fünfzügigkeit zu beantragen: „Was nicht heißt, dass das für die Zukunft so bleiben muss.“
Jochen Bilstein (SPD), der der Stadtratsfraktion der Sozialdemokraten und dem Schulausschuss vorsitzt, betonte: „Es gibt nur einen Grund für mein Votum für eine Fünfzügigkeit – die Unmöglichkeit, auf dem derzeit zur Verfügung stehenden Gelände eine sechszügige Schule unterzubringen.“ Gleichzeitig kündigte Bilstein an: „Ich werde in den kommenden Monaten und Jahren mit allen Beteiligten parallel zu der konkreten Planung der fünfzügigen Schule Mittel und Wege suchen, um zu einer auch baulich umsetzbaren Sechszügigkeit zu kommen, die ich aus den gleichen Gründen wie die Befürworter dieser Petition anstrebe, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies erforderlich macht.“



