Wermelskirchen Glaser im Gaddafi-Land

Wermelskirchen · Der Wermelskirchener Zahnarzt Dr. Gunter Glaser wurde auf seiner Libyen-Reise festgesetzt. Im Land von Oberst Gaddafi bohrte nicht nur Glaser als Zahnarzt. Diesmal "bohrte" bei ihm der Sicherheitsdienst nach einer Patrone.

Zum Zähneziehen bei Oberst Gaddafi ist der Wermelskirchener Zahnarzt Dr. Gunter Glaser nicht gekommen. Er bohrte auf seiner Libyen-Reise zwar den ein oder anderen Knochen für Zahnimplantate. Aber diesmal wurde der Bohrer auch gehörig umgedreht, denn der berüchtigte Sicherheitsdienst setzte Glaser zweimal fest und "bohrte" bei ihm gewaltig nach einer ominösen Patrone.

Als Experte für Implantologie wird Glaser international, aber auch immer wieder von arabischen Ländern zu Vorträgen, Theorie- und Praxisseminaren eingeladen. Nach Jordanien und Syrien war nun auch zweimal Libyen an der Reihe, wo er 2009 und nun zu Jahresbeginn 2010 an der Universität Sheba ein Aufbauseminar für dortige Zahnärzte leitete. Doch diesmal steht für den Wermelskirchener fest: "Wenn ich aus Jordanien angefragt werde, packe ich sofort meine Sachen und komme. Nach Syrien, je nachdem, wohin...aber in Libyen war dies mein letzter Aufenthalt."

Willkür stimmt nachdenklich

Denn jemand muss dem Zahnarzt absichtlich oder unabsichtlich eine Patrone ins Reisegepäck geschmuggelt oder geworfen haben, die ihm dann im Flughafen von Sheba so richtig Ärger bereitete. Für eineinhalb Stunden wurde er in Sicherheitsverwahrung genommen, später ein zweites Mal bei seinem erneuten Versuch, in Richtung Tripolis zu starten.

Geklärt wurde nicht, was es mit der Patrone auf sich hatte: "Ich war vorher durch fünf Flughafenkontrollen gekommen, und nie war etwas aufgefallen", wundert sich Glaser und vermutet: "Im letzten Moment kamen noch zwei libysche Geschäftsleute, die keine Flugtickets hatten. Die haben uns mit der Patrone wahrscheinlich aus dem Flieger geholt, weil sie die Plätze brauchten."

Gemeinsam mit dem Wermelskirchener Zahnarzt hatte sich auch der Dhünner Zahntechniker Michael Naujoks ins "Gaddafi-Land" aufgemacht. Auch er erlebte die Willkür mit, die Glaser nun auch nachdenklich stimmt über die Verhältnisse in diesem totalitären Regime. Doch als Erfahrung sei die Reise ein Erfolg gewesen, bilanziert er. Denn er konnte erneut im Auftrage der Firma Bego-Semados, deren Implantatsysteme auch die Klinik der Universität Sheba verwendet, den libyschen Zahnärzten "etwas vorzaubern".

Er weiß, dass es für die ausländischen Kollegen oft auch wie Zauberei anmutet, auf welch hochmodernem Stand und mit welch spezieller Technik er implantiert. "Gezaubert" habe aber auch Zahntechniker Michael Naujoks: "Wie er unter den dortigen Bedingungen zwölf Kronen hingekriegt hat, das war toll", berichtet er über seinen Begleiter.

"Die Einrichtung war wie ein Museum, der hygienische Standard so, dass ich Operationen mit hohem Entzündungsrisiko abgelehnt habe", gibt Glaser zu. Doch er habe großen Gruppen von staunend zuguckenden Zahnärzten auch unter einfachsten Bedingungen demonstrieren können, wie in Deutschland gearbeitet wird. Übrigens habe er bislang nur in Ägypten noch vorsintflutlichere Verhältnisse angetroffen. Deshalb sei er auch absichtlich, nicht mit seinem eigenen Op-Besteck angereist: "Es macht nur Sinn, mit den Gegebenheiten klar zu kommen, mit denen auch die Zahnärzte dort Vorlieb nehmen müssen," sagt er.

(RP)
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