Energieversorgung in Wermelskirchen Gaspreis explodiert – Appell fürs Energiesparen
Wermelskirchen · Typische BEW-Kunden müssen das Doppelte zahlen. Geschäftsführer Jens Langner setzt auf Kohleverstromung, damit der Gaspreis sinkt.
„Wir sind hilflos gegenüber dem, was da im Moment am Gasmarkt passiert.“ So eine Aussage hat man noch nie von Jens Langner gehört. Er ist Geschäftsführer der BEW, die auch für Wermelskirchen und Hückeswagen die Energie in Form von Gas und Strom liefert. Es sei unglaublich, und man könne einfach nicht absehen, was passiere, so der Energiefachmann. Er habe so eine Situation in seinem Berufsleben noch nicht erlebt.
Nach der Ankündigung, dass die durch die Nord Stream 1 gelieferten Gasmengen um fast 60 Prozent in den letzten Tagen gegenüber dem Monatsdurchschnitt verringert wurden, explodierten die Großhandelspreise für Gas, aber auch für Strom stiegen sie wieder sprunghaft an. Langner: „Eine Entspannung der Preise ist momentan nicht absehbar.“ Beim Energiedienstleister BEW führt dies weiterhin zu erheblich steigenden Energiebeschaffungskosten, die sich zunehmend in den Endkundenpreisen widerspiegeln.
Als dramatisch bezeichnet Langner die Entwicklung der Gashandelspreise. „Der Ukraine-Krieg hat die Entwicklung beschleunigt“, so Langner. Die Preise für die nächsten Liefermonate seien innerhalb von wenigen Tage um weitere 50 Prozent gestiegen. Im Gasbereich wurden die Preise für die Grund- und Ersatzversorgung zum 1. Mai 2022 angepasst und denjenigen Kunden, deren Verträge außerhalb der vertraglich garantierten Erstlaufzeit liegen, eine Preisanpassung zum 1. August 2022 angekündigt. Da verdoppelt sich der Arbeitspreis um acht Cent/kWh (brutto) auf 15,5 Cent. Der Grundpreis bleibt stabil.
Der BEW-Geschäftsführer: „Alternativ können Kunden einen etwas günstigeren Gas-Sondertarif abschließen und am Klik-Treueuprogramm mit regelmäßigen Bonuszahlungen teilnehmen.“ Der Gas-Sondertarif mit einer Erstvertragslaufzeit bis 2024 ist rund einen Cent/kWh günstiger. Zum Jahresende werden alle auslaufenden Verträge mit Erstvertragslaufzeit bis zum 31. Dezember 2022 angepasst, während die Preise aller übrigen Kunden mit festen Laufzeiten in das Jahr 2023 hinein stabil bleiben.
Der Blick werde jetzt auf den 21. Juli 2022 gerichtet, so Jens Langner. „Eigentlich erfolgt im Juli immer die jährliche Revision dieser Turbine bei Nord Stream 1.“ Die Frage sei, ob danach weiter Gas eingespeist werde. „Die Bundesnetzagentur hat errechnet, dass beim jetzigen Füllstand der Speicher (58 Prozent) ab dem 18. Dezember die Gasmangellage und der Notfallplan eintritt, wenn nicht wieder Gas fließe – also einige Bereiche abgeschaltet werden müssen.“ Wenn die Speicher auf 90 Prozent gefüllt werden können, „kommen wir über den Winter“, zitiert Langner die Bundesnetzagentur. Deshalb tritt der BEW-Geschäftsführer dafür ein, schnell mit der Kohleverstromung zu beginnen. Dann sinke nicht nur der Gaspreis, man könne auch viel schneller die Speicher füllen.
Deshalb gewinnt auch das Energiesparen eine hohe Bedeutung: „Wir müssen bewusst mit der Energie umgehen. Wenn es nicht zu einer Gasmangellage im Winter kommen soll, müssen alle Verbraucher, Privat- und Gewerbekunden wie auch die Industrie, sehr sorgsam und bewusst mit Energie umgehen.“ Jede Kilowattstunde, die im Sommer und Herbst eingespart werden könne, „kann den Füllstand der Gasspeicher verbessern und so zur Versorgungssicherheit im kommenden Winter beitragen“.
Nicht ganz so dramatisch wie beim Gas ist die Entwicklung beim Strompreis, obwohl sich die Preise am Terminmarkt für das Jahr 2023 seit Anfang 2021 fast verfünffacht haben. Langner: „Viele BEW-Kunden hat es bisher noch nicht ganz so hart getroffen, da ein Großteil noch Lieferverträge mit einer festen Erstlaufzeit bis Ende 2022 oder sogar Ende 2023 hat.“ Der Geschäftsführer geht aber davon aus, dass nach den zuletzt im April angepassten Preisen für Grund- und Ersatzversorgung im Laufe des Herbstes Strompreisanpassungen für alle Lieferverträge folgen werden, die außerhalb der vertraglichen Erstlaufzeit sind oder enden. Jens Langner geht von voraussichtlich mehreren Cent/kWh aus. Zunächst profitieren jedoch alle Stromkunden, auch die der BEW, ab 1. Juli vom Wegfall der EEG-Umlage: Das sind rund 3,72 Cent pro Kilowattstunde. Langner: „Wir gehen aber davon aus, dass die Preisanpassungen im Herbst den Entfall der EEG-Umlage überkompensieren werden.“