Wermelskirchen Forschungsprojekt für optimale Fluchtwege

Wermelskirchen · 100 Personen ab 18 Jahre gehen dicht gedrängt durch einen engen, gewundenen, hölzernen Gang in einer Fabrikhalle. Das für einen Außenstehenden Lustige daran: Alle haben eine gelbe, rote oder blaue Mütze auf. Sie werden bei ihrem Gang von oben gefilmt. Es sieht aus, als drehe ein Team einen Film über ein Fantasievolk mit bunten Köpfen. Doch dahinter steckt ein ernster Hintergrund.

Das Forschungszentrum Jülich führt in Zusammenarbeit mit der Werkstatt Lebenshilfe Bergisches Land, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung und der Hochschule Niederrhein Studien zur Fußgängerdynamik bei der Firma provita in Dabringhausen durch. Dieses durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojektes "SiME - Sicherheit für Menschen mir körperlicher, geistiger oder altersbedingter Beeinträchtigung" soll Möglichkeiten aufzeigen, wie für Menschen mit Behinderung die Bedingungen bei einem Notfall verbessert werden können, so dass sie sich möglichst selbst in Sicherheit bringen können.

"Die buntköpfige Menge simuliert den Notfall, aufgrund einer Bedrohung so schnell wie möglich aus dem Gefahrenbereich zu gelangen", erklärt Prof. Dr. Werner Heister von der Hochschule Niederrhein. Die farbigen Mützen geben dabei lediglich an, wie groß ihre Träger sind. Aus den Filmaufnahmen werden mathematische Simulationsmodelle entwickelt, um mittels Computer festzustellen, wie optimale Fluchtwege für Menschen mit Beeinträchtigungen beschaffen sein müssen.

Eine der Probandinnen ist Petra Hinz aus Wermelskirchen. "Ich finde es sehr interessant, bei so einem Projekt mitzumachen", sagt sie. Sie hat bereits schon mehrere Durchgänge absolviert, wobei der Gang jedes Mal neu geformt wird. Aber das sei eigentlich ein ganz normaler, ruhiger Spaziergang, wenn es auch in einer Biegung schon mal eng werde. Ähnlich sieht es auch Barbara Römmler aus Lennep, die über persönliche Beziehungen von diesem Projekt erfahren hat.

Die Probanden, die bei der Lebenshilfe arbeiten, werden anschließend interviewt. Einer davon ist Udo Scholz. Er arbeitet an einer Drehbank. "Es ist wichtig, dass so etwas entwickelt wird", sagt er. Er sei stets vorne gelaufen, "so ein wenig in der Mitte des Ganges", um schnell wieder den Gang verlassen zu können. "Wenn es eng wird, gefällt es mir nicht", sagt er.

Jeder Proband bekommt für seinen ganztägigen Einsatz ein Honorar über 50 Euro Honorar. Dafür steht er von 9 bis 17 Uhr bereit. Die Verpflegung mit Snacks und kühlen Getränken übernimmt die Cafeteria der Lebenshilfe. Für ein kräftiges Mittagessen mit Currywurst und Fritten sorgt das Catering-Team des Hotel Restaurants Kromberg aus Remscheid-Lüttringhausen.

Das Projekt dauert von Februar 2016 bis Januar 2019 und wird insgesamt mit 1,2 Millionen Euro gefördert.

(bege)
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