Fahrschulen in Wermelskirchen „Als Fahrlehrer kannst du dein Privatleben knicken“
Wermelskirchen · Früher galt Fahrlehrer als ein Traumberuf. Frank Niewöhner von „Frank’s Fahrschule“ erklärt, warum inzwischen kaum jemand mehr in dem Beruf arbeiten will und welche Stellen in Wermelskirchen für Autofahrer immer noch tückisch sind.
„Wir fahren hier in den Kreisverkehr rein und dann bei der Zweiten raus“, sagt Frank Niewöhner, Fahrlehrer und Leiter von „Frank’s Fahrschule“ zu der Fahrschülerin neben sich. Vom Beifahrersitz des Fahrschulautos aus – ein Nissan Qashqai mit Automatikschaltung – macht sich der 56-Jährige Luft: „Früher hat man mal gesagt: ‚Fahrlehrer ist ein Traumberuf‘. Aber das ist schon lange nicht mehr so. Schon allein, weil die Schüler aufgrund den verlängerten Schulzeiten jetzt oft erst abends können und du deshalb als Fahrlehrer dein Privatleben knicken kannst.“ Viel habe sich in den vergangenen Jahren im Fahrschulbetrieb zum Negativen verändert – nicht nur in Wermelskirchen.
„Früher gab es nichts Wichtigeres, als den Führerschein zu machen“, sagt er über das Rauschen der Klimaanlage und des Radios hinweg. Er beobachte aber, dass das Interesse am Führerschein und der Selbstständigkeit, die damit einhergeht, abgenommen habe. Er vermutet, dass für junge Menschen Instagram und TikTok einfach viel interessanter seien. „Früher musste man um 18 Uhr vorm Rewe sein, weil da auch alle anderen waren. Wenn man den Zeitpunkt verpasst hat, wusste man nicht, was los ist. Da gab’s halt kein Handy und kein Internet.“ Heute sei es leichter, sich spontan abzusprechen und sich dann von den Eltern fahren zu lassen – wenn das Event denn überhaupt noch in der echten Welt stattfindet und nicht im digitalen Raum.
Der Nissan fährt von der Berufsschulstraße in die Jörgensgasse. „Das ist auch eine von diesen kritischen Stellen im Wermelskirchener Straßenverkehr“, sagt Niewöhner. „Die Schilder hier befinden sich aus Fahrtrichtung gesehen links und nicht am rechten Fahrbahnrand. Wenn man von der Jörgensgasse aus kommt, sieht man die Schilder erst sehr spät. Hier gilt: Anlieger frei.“ Die Fahrschülerin – eine Nichtanliegerin – versucht prompt, in die Straße einzubiegen. Niewöhner tritt auf die Bremse. „Wir biegen links ab“, sagt er streng. „Ich habe gerade gesagt, dass wir da nicht reinkönnen.“
Dann fährt er fort: Für Fahrlehrer sei es ernüchternd, dass unmotivierte Schüler immer wieder und wieder die gleichen Fehler machen. „Bei einer Zahl von 50 Stunden ist es für uns als Fahrlehrer schwer zu erklären, warum ein Fahrschüler noch über ein Stoppschild fährt oder nicht weiß, wo er sich in einer Einbahnstraße einordnen muss“, sagt er frustriert. Man dürfe aber nicht alle jungen Menschen über einen Kamm scheren.
Da man festgestellt habe, dass sich die Durchfallquote bei der Führerscheinprüfung extrem erhöht habe, wolle die Politik das Führerscheingesetz reformieren und mehr Pädagogik mit reinbringen. Niewöhner steht dem Projekt skeptisch gegenüber. „Der pädagogische Unterricht – wir fahren da vorne an der Ampel links – sollte ja eigentlich so aussehen, dass man in Gruppen arbeitet, dass die Schüler sich selbstständig Sachen erarbeiten, dass man zu Hause Dinge nacharbeitet. Das wird aber so nicht gemacht, weil da aufseiten der Schüler oft das Interesse fehlt.“
Hinzu komme, dass die Berufsgruppe der Fahrlehrer überaltere und rein personell dieser Plan schlecht umgesetzt werden könne: „Das Durchschnittsalter der Fahrlehrer hier bei uns im Kreis liegt bei 55 Jahren. Wir haben viele Fahrlehrer, die schon über 60 sind, einer unserer Fahrlehrer in Remscheid ist sogar 80 – Baujahr 1940. Der wird sich sicherlich nicht hinstellen und anfangen, Flipcharts zu schreiben.“ Niewöhner sei sich nicht mal sicher, ob der besagte Fahrlehrer überhaupt einen Computer für den Unterricht nutze. „Jetzt bleiben wir mal neben dem schwarzen Wagen stehen und parken rückwärts ein. Blinker nicht vergessen.“
Zu der Überalterung und dem Personalmangel komme hinzu, dass sich der Umgang mit den Schülern sehr verändert habe. „Mit den Fahrschülern muss man heutzutage anders umgehen als früher. Du kannst die Schüler nicht mehr anschreien oder zur Sau machen – früher war das gängig.“ Es seien andere Zeiten. Viele Fahrlehrer hätten sich bereits angepasst, andere hätten unter den neuen Arbeitsbedingungen keine Lust mehr auf den Job und satteln um.
Nach drei gescheiterten Einparkversuchen steht der Nissan schließlich in der Parklücke. „Dann fahren wir wieder raus. Schön gucken – Spiegel, Schulterblick“, instruiert Niewöhner die Schülerin, um dann fortzufahren: „Die haben die Eingangsvoraussetzungen für Fahrlehrer schon runtergesetzt, aber das reicht nicht. Die Vermutung ist, dass man das Ganze vielleicht mit Simulatoren ausgleichen wird.“ In Groß- und Lkw-Fahrschulen sei das bereits gängig. Die Kosten für einen Simulator lägen bei 15.000 bis 20.000 Euro – ob diese Investition also auch für kleinere Fahrschulen eine Option sein werde, sei fraglich.
Auf dem Weg zurück zur Fahrschule in der Telegrafenstraße geht es durch das „Bügeleisen“, einer der markantesten Stellen auf Wermelskirchens Straßen: Die Verbindung von Remscheider, Oberer Remscheider, Thomas-Mann- und Telegrafenstraße mutet wie ein Kreisverkehr an und wird auch von vielen Fahrern dafür gehalten, ist aber offiziell keiner. Deshalb gelte eigentlich: „Bei jedem Wechsel der Fahrtrichtung muss geblinkt werden.“