Wermelskirchen Fahrrad gestohlen - 1000 Euro Strafe

Wermelskirchen · Ein 59-Jähriger hatte das Fahrrad aus einem Gemeinschaftsraum entwendet.

Ein 59-jähriger Mann saß mit fragendem, unsicheren Blick auf der Anklagebank im Amtsgericht Wermelskirchen. Dem Bezieher einer Erwerbsminderungsrente warf die Staatsanwaltschaft vor, ein Fahrrad gestohlen zu haben. Er soll das Fahrrad, ein ziemlich neuwertiges Gefährt, aus dem unverschlossenem Gemeinschaftsraum eines Mehrfamilienhauses entwendet haben. "Mein Mandant verweigert hierzu die Aussage", sagte der Verteidiger. "Dann müssen wir den Zeugen hören", sagte der Richter.

Das Fahrrad war einem 25-jährigen Mann gestohlen worden. Es sei aus dem Gemeinschaftsraum verschwunden, sagte der Besitzer des Fahrrads. Er erstattete Anzeige. Ein paar Tage danach sah ein Bekannter des Geschädigten das Fahrrad. Es stand unter einer Kellertreppe. Der Geschädigte sprach den Angeklagten auf das Fahrrad an. Aber dieser wollte das Fahrrad nicht herausrücken. Der Beschuldigte holte die Polizei. Mit seinem eigenen Schlüssel öffnete er das Lenkradschloss des Fahrrads und bewies damit, dass es ihm gehörte.

Der Richter nannte 21 Vorstrafen des Angeklagten, viele davon einschlägig. Der Angeklagte blickte fahrig zwischen Richter und Zeugen hin und her. Danach las der Richter einen Brief vor, den der 59-Jährige unterschrieben hatte. Demnach leidet er seit 2010 an Alkoholdemenz. Er lebt bei einer Pflegefamilie und wurde in die Pflegestufe 1 eingruppiert. Er habe gedacht, das Fahrrad sei herrenlos und er könne es mitnehmen, hieß es im Brief. Aufgrund dieses Briefes saß eine Psychologin in der Verhandlung. Sie sollte die Schuldfähigkeit des Angeklagten beurteilen.

Das sei nicht leicht, sagte sie. Der Mann sage ja nichts, außerdem habe er sich im Vorfeld einer Untersuchung verweigert. Es lege kein fundiertes Attest über die Demenz des Angeklagten vor. Die dadurch hervorgerufene zeitliche und örtliche Desorientierung konnte sie beim Angeklagten nicht feststellen. Er habe der Pflegefamilie eine Vorsorgevollmacht erteilt und weigere sich bewusst, sich untersuchen zu lassen. Das alles spreche gegen eine Demenz.

Allerdings gehe sie von einer Intelligenzminderung aus; der Alkohol tue hierzu sein Weiteres. Aber das spreche nicht gegen eine verminderte Schuldfähigkeit. Für die Staatsanwältin war die Sache eindeutig: Sie forderte eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je zehn Euro. Der Verteidiger nannte den Sachverhalt "zweifelhaft". Das Fahrrad sei nicht abgeschlossen gewesen. Sein Mandant könnte es als Sperrmüll angesehen haben. Es sei ferner völlig offen, ob eine Schuldunfähigkeit vorliege. Er verlangte deshalb einen Freispruch zugunsten des Angeklagten.

Der Richter sah keinerlei Anhaltspunkte für Schuldunfähigkeit und verhängte schließlich eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je zehn Euro.

(bege)
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