Fachkräftemangel in Wermelskirchen Die Übernahmequote ist hoch

Wermelskirchen · „Experts and Talents“ vermitteln Facharbeiter an heimische Firmen. Auf Ausschreibungen bekommen sie immer weniger Resonanz.

 Stephan Werner (Niederlassungsleiter) und Thomas Völlings (Geschäftsführer, r.) von der Firma Experts und Talents.

Stephan Werner (Niederlassungsleiter) und Thomas Völlings (Geschäftsführer, r.) von der Firma Experts und Talents.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wenn Unternehmen auf der Suche nach Fachkräften an ihre Grenzen stoßen, wenn Bewerbungen ausbleiben und Stellen nicht besetzt werden können, dann klingelt bei Stephan Werner das Telefon. Der Niederlassungsleiter des Personaldienstleisters „Experts and Talents“ in Wermelskirchen übernimmt dann die Suche. Seit der Fachkräftemangel auch im Bergischen Land immer deutlicher zu spüren ist, sind die Anfragen der Unternehmen bei Stephan Werner also gestiegen. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere: Auch „Experts and Talents“ finden schwerer Fachkräfte.

Aber auch Arbeitssuchende – mit und ohne Ausbildung – wenden sich an „Experts and Talents“ auf der Suche nach einer Stelle. „Das sind vor allem Arbeitnehmer über 50, die vor einem Stellenwechsel stehen oder junge Menschen am Anfang ihres Berufslebens, die Unterstützung beim Start in den Arbeitsmarkt suchen“, sagt Geschäftsführer Thomas Völlings. Mal sind es Bewerber ohne Ausbildung, die eine Stelle als Helfer oder Fachhelfer suchen. Aber vor allem in Wermelskirchen sind es auch immer öfter ausgebildete Facharbeiter, die das Netzwerk nutzen wollen. „Wir gehen nicht an die Pforte, sondern direkt zu den Personalchefs“, erklärt Völlings. So würden Bewerbungen, die es sonst häufig bei der ersten Durchsicht nicht schaffen würden, eines zweiten Blicks gewürdigt. Sagt das Unternehmen als Kunde zu, schließt der Bewerber seinen Arbeitsvertrag mit „Experts and Talents“ – die zuvor auch das Gehalt verhandelt haben. „Wir zahlen nach Tarifvertrag“, sagt Völlings. Und er ergänzt: „Die Übernahmequote ist sehr hoch.“

Wenn sich Personalchefs an „Experts and Talents“ wenden, greift der Personaldienstleister entweder auf einen vorliegenden Bewerber zurück oder schreibt die Stelle aus. Die Resonanz auf diese Stellenausschreibungen ist deutlich zurückgegangen. „Vor allem in den Bereichen Elektrotechnik und Metall haben wir immer weniger Bewerbungen“, sagt Werner. Das liege vor allem daran, dass sich die Berufsbilder verändert hätten: Wer Maschinenschlosser gelernt habe, könne heute nicht einfach als Industriemechaniker arbeiten. Ihm fehle dann Wissen, das inzwischen zur Ausbildung gehöre. „Und die Industrie hat versäumt, rechtzeitig entsprechend aus- und weiterzubilden“, sagt Stephan Werner. So komme es dann vor, dass neue Produktfelder erschlossen würden, die Unternehmen aber keine Mitarbeiter hätten, die das entsprechende Wissen mitbrächten.

„Dazu kommt, dass es immer mehr junge Menschen mit Potential gibt, die keine Ausbildung mehr machen wollen“, sagt Völlings. Die drei mageren Jahre, in denen sie wenig verdienen würden, wollten sie lieber nutzen, um zu jobben und Geld zu verdienen – ohne zu bedenken, dass sie als gelernte Kräfte später deutlich mehr Geld verdienen würden. „Das Ergebnis: Weniger gut ausgebildete Leute“, sagt Völlings. Hinzu käme, dass sich die Werte verändert hätten. Immer mehr Auszubildende würden ihre Lehre abbrechen. „Das Durchhaltevermögen fehlt“, stellt er fest.

Und das bedeutet: Um die gut ausgebildeten Fachkräfte ist ein Wettbewerb entstanden. „Die Autoindustrie in Baden-Württemberg wirbt uns viele Fachkräfte ab“, sagt Werner, „da gibt es ganz andere finanzielle Möglichkeiten.“ Der Personaldienstleister aus Wermelskirchen wirbt inzwischen auch bei im Ausland lebenden Deutschen um Aufmerksamkeit: „Dann haben wir auch schon mal den Flug von Irland zum Bewerbungsgespräch nach Deutschland bezahlt“, erzählt Völlings, „weil wir viel Potential gesehen haben.“ Mit Erfolg: Dem Bewerber standen am Ende drei Stellen zur Auswahl. Er entschied sich und blieb.

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