Tausende Haushalte betroffen BEW muss 15.000 Gasgeräte in Wermelskirchen und Hückeswagen umrüsten

Rhein-Berg · Alle Erdgaskunden sind betroffen. Monteure müssen bis 2024 zweimal in knapp 12.000 Haushalte. Kunden müssen zu alte Gasgeräte auf eigene Kosten ersetzen.

 Installateur Marc Hollfelder rät vielen Kunden mit älteren Verbrauchsgeräten, aus wirtschaftlichen Gründen auf moderne Varianten umzusteigen.

Installateur Marc Hollfelder rät vielen Kunden mit älteren Verbrauchsgeräten, aus wirtschaftlichen Gründen auf moderne Varianten umzusteigen.

Foto: Kandzorra, Christian

Eines der größten Gasinfrastruktur-Projekte aller Zeiten wirft seine Schatten voraus: In den nächsten elf Jahren werden hunderttausende Gasgeräte in Haushalten in West- und Norddeutschland für den Durchstrom hochkalorischen Erdgases umgestellt. Betroffen ist auch das Bergische Land: Bis Sommer 2024 müssen in Wermelskirchen knapp 9684 Gasgeräte in rund 7500 Haushalten umgestellt werden. In Hückeswagen sind es 5450 Geräte in rund 4200 Haushalten.

Die Umstellung stellt die Versorger vor eine große Herauforderung – auch die Gesellschaft „Bergische Energie und Wasser“ (BEW). Geschäftsführer Jens Langner spricht von einem „Mammutprojekt“. Noch nie habe es ein Projekt dieser Größenordnung im Bergischen Land gegeben. Betroffen sind auch die Orte Kürten (4440 Gasgeräte) und Wipperfürth (6906). Die Vorbereitungen laufen bereits jetzt.

Warum ist die Umstellung nötig?

Bisher heizen oder kochen die meisten Gaskunden in beiden Städten unabhängig von ihrem Lieferanten mit niedrigkalorischem Gas. Das Problem: Die Vorräte des niederigkalorischen Gases (L-Gas, das L steht für „low“), das vorwiegend aus den Niederlanden kommt, gehen allmählich zuneige. Deshalb wird eine Umstellung auf die Verbrennung hochkalorischen Gases mit höherem Methangehalt und besserem Brennwert nötig. Das sogenannte H-Gas kommt zu großen Teilen aus Russland und Norwegen.

Was kommt auf Gaskunden zu?

Zweimal müssen Eigentümer und Mieter – je nach Standort der gasverbrauchenden Geräte – Monteuren die Tür öffnen: einmal zur Erfassung des jeweiligen Geräts und einmal zur Umstellung und Prüfung. „Mit der Erfassung wollen wir 2023 fertig sein“, sagt Christoph Czersinsky. Der BEW-Abteilungsleiter ist für die Netze der Gesellschaft zuständig. Wie er sagt, braucht die Umstellung so viel Vorlauf, weil es zahlreiche unterschiedliche Gerätetypen und entsprechend viele Ersatzteilvarianten gibt, die zum Teil erst bei den Herstellern bestellt werden müssen. Czersinsky geht davon aus, dass in Spitzenzeiten bis zu 50 Monteure eigens für den Tausch der Düsen und die Einstellung der Gasgeräte im Bergischen Land unterwegs sein werden. Die BEW arbeitet dafür mit vier Dienstleistern zusammen – die Arbeiten sind europaweit ausgeschrieben worden.

Wie werden Kunden informiert?

Gaskunden sollen laut BEW-Geschäftsführer Jens Langner schriftlich über die Besuche der Monteure informiert werden. „Die Monteure können sich an der Tür ausweisen und sind allesamt speziell geschult“, versichert Christoph Czersinsky. Kunden sollten stets nach einem Ausweis fragen, ehe sie Monteure in ihre Wohnungen lassen. Kunden soll zudem vorab ein Zutrittscode zugeschickt werden, um Betrügern kein leichtes Spiel zu ermöglichen. Die ersten Kunden sollen in drei Jahren Post von der BEW kriegen.

Ist die Umstellung Pflicht?

Die Umrüstung der Gasgeräte, die neu eingestellt und mit einer neuen Brennerdüse ausgestattet werden müssen, ist für alle Erdgaskunden Pflicht. Wer sich widersetzt, läuft Gefahr, aus Sicherheitsgründen vom Gasnetz getrennt zu werden. Der Grund: Strömt hochkalorisches Gas durch ein Gerät, das nicht darauf ausgelegt ist, kann es Schaden nehmen. „Auch können sich die Abgaswerte verändern“, sagt Christoph Czersinsky. Unter anderem besteht dann Erstickungsgefahr.

Wann ist die Umstellung?

Angesetzt ist die Erdgas-Umstellung für das Jahr 2024, die Vorbereitungen laufen jedoch bereits jetzt auf Hochtouren. Mit dem Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid hat die BEW feste Stichtage verabredet, an denen die Umstellung in den einzelnen Orten erfolgen soll. In Wermelskirchen müssen alle Geräte bis Mai 2024 umgerüstet sein, in Hückeswagen bis Juli 2024.

Wer trägt die Kosten?

Das neue H-Gas ist nicht teurer als das bisher verwendete niedrigkalorische Gas. Und: Die Kosten für die Umstellung und die Ersatzteile übernimmt in aller Regel die BEW. „Wir gehen in Vorleistung“, erklärt Abteilungsleiter Czersinsky – langfristig werden die Kosten für die Umrüstung jedoch auf die Gaskunden umgelegt. Der Betrag, den Kunden dann pro Jahr mehr zahlen müssen, soll laut Czersinsky „marginal“ klein sein. Versorger am Niederrhein hingegen werden konkret: Dort rechnet man mit Mehrkosten von etwa zwei Euro pro Jahr für diejenigen, die mit Gas kochen, und mit etwa zwölf Euro Mehrkosten pro Jahr für diejenigen, die mit Gas heizen.

Können alle Geräte umgerüstet werden?

Ganz moderne Geräte stellen sich automatisch um. Voraussetzung für die Umrüstung älterer Geräte ist, dass sie sich in einem technisch einwandfreien Zustand befinden. Die Gesellschaft BEW geht mit Blick auf Erfahrungswerte aus anderen Orten davon aus, dass sich ein Prozent aller Gasgeräte nicht umstellen lassen, weil es schlicht keine Ersatz-Brennerdüsen mehr auf dem Markt gibt. Umgerechnet müssten demnach in Wermelskirchen etwa 100 Gasverbrauchsgeräte ersetzt werden, in Hückeswagen 50. Probleme bereiten können Geräte, die älter sind als 30 Jahre.

Wer zahlt ein neues Gasgerät?

Muss ein neues Gerät her, müssen Kunden die Kosten dafür selbst tragen. Das heißt: Auf einige Gaskunden in der Region dürften in den nächsten Jahren größere Investitionen zukommen. Installateure sind angehalten, ihre Kunden rechtzeitig über zu alte Geräte zu informieren und sie zu beraten. BEW-Geschäftsführer Jens Langner weist auf den Bezug von Fördermitteln des Bundes hin, die Kunden bei einem Austauch gegebenenfalls in Anspruch nehmen können.

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