Serie 60 Minuten Im Ehrenamt Ein Ehrenamt für Frühaufsteher

Wermelskirchen · Im Krankenhaus Wermelskirchen betreuen derzeit zehn Grüne Damen ehrenamtlich Patienten. Christel Krauße, Leiterin der Wermelskirchener Gruppe, gibt Einblicke in ihre vielfältigen Aufgaben. Wir haben die 72-Jährige bei ihrem ehrenamtlichen Engagement eine Stunde begleitet.

 BM-Mitarbeiterin Eva Budde-Jandt (l.) und Christel Krauße von den Grünen Damen bereiten Tee und Kaffee für Patienten im Krankenhaus vor.

BM-Mitarbeiterin Eva Budde-Jandt (l.) und Christel Krauße von den Grünen Damen bereiten Tee und Kaffee für Patienten im Krankenhaus vor.

Foto: J. Moll

Wermelskirchen Krankenhaus Wermelskirchen, 8 Uhr in der Früh. "Sie müssen schon früh anfangen, denn diese Zeit ist die beste Zeit zum Helfen", erklärt Christel Krauße. Sie ist die Leiterin der Grünen Damen Wermelskirchen. Kein "Job" für Langschläfer also.

Zunächst geht es ins Untergeschoss zur Kapelle des Krankenhauses. Hinter dem Altar befindet sich ein Vorhang, hinter diesem versteckt eine Tür zum Aufenthaltsraum der Grünen Damen. Auf Christel Krauße wartet dort ein Bücherstapel mit einer Notiz. "Das gehört unserer Dame, die den Bücherwagen betreut", erläutert Krauße, die für das Organisatorische und Finanzielle der Gruppe verantwortlich ist. Flugs legt sie sich das Geld bereit für die Erstattung der neu erstandenen Bücher. "Einmal in der Woche geht der Bücherwagen über alle Stationen", erklärt Krauße, "allerdings wird nicht mehr so viel gelesen, mit all den Zerstreuungsmöglichkeiten, die man heute hat - Fernsehen, Handy und Tablet."

Dann zieht sie den hellgrünen Kittel mit Namensschild aus dem Schrank und verstaut ihre Handtasche. Jetzt kann es losgehen. "Alle Stationen an einem Vormittag sind fast nicht zu schaffen", bedauert Christel Krauße. "Ich bräuchte mehr Damen, damit ich jede Station gleichermaßen bedienen kann." Wenn die Zeit knapp ist, muss auch mal eine Station übersprungen werden, meistens die private. Dass sich dieses Ehrenamt vielleicht eher für nicht berufstätige Frauen eignet, die vormittags Zeit hätten, wehrt sie entrüstet ab. "Im Gegenteil: Ich selbst habe mehr als 40 Jahre erfolgreich im Berufsleben gestanden", berichtet die rüstige 72-Jährige. Mut und Selbstbewusstsein und keine Scheu im Umgang mit fremden Menschen gehören dazu, einfach ein Krankenzimmer mit Patienten zu öffnen und sie anzusprechen,

Die Grünen Damen treffen auf Menschen unterschiedlichen Alters, mit unterschiedlichen Leiden. "Ich lasse die Patienten nicht spüren, dass sie krank sind", sagt Christel Krauße. "Man muss auch schon mal einen Scherz machen können!" Auf Station sechs gibt es eine herzliche Begrüßung von den Schwestern, man kennt die Grünen Damen. Trotz der frühen Uhrzeit ist die Morgenroutine des Krankenhauses längst abgelaufen. "Guten Morgen zusammen!" Munter begrüßt Christel Krauße die drei Herren im Krankenzimmer. Einer sitzt im Unterhemd auf dem Bett, die beiden anderen am Tisch. "An so einem Aufzug darf man sich nicht stören, wir sind hier schließlich im Krankenhaus und ganz privat", meint Krauße. Ein fast erblindeter 89-jährige Patient bekommt eine Tasse Kaffee, der im Gang der Station frei verfügbar ist. Er benötigt danach noch Hilfe beim Ausfüllen des Essenszettels. Ebenso die türkische Patientin im Nebenzimmer, die sich kaum rühren kann und sehr müde wirkt. Nebenbei räumen die Grünen Damen die Frühstückstabletts weg - das erspart den Schwestern und Pflegern etwas Arbeit. Die beiden alten Damen in Zimmer drei schlafen und merken gar nichts vom Besuch.

In Zimmer vier gilt es frische Gläser und volle Wasserflaschen zu besorgen. Krauße: "Und die leeren bitte in den Gang in die Kästen - man darf nicht vergessen, sich die Nummer vom Zimmer zu merken, sonst landet man woanders." Die Patienten genießen es, einfach nur einmal gefragt zu werden, wie es ihnen geht, oder dass sie mit jemandem reden können. Die ältere Italienerin im fünften Zimmer schüttet ihr Herz aus. Ein Lächeln, aufmunternde Worte, und im Rausgehen wird noch schnell das Licht über dem Waschbecken ausgemacht.

Die Grünen Damen übernehmen auch kleine Besorgungen, holen zum Beispiel die Lieblingszeitschrift vom Kiosk, einen vergessenen Kosmetikartikel oder sie melden ein Telefon an. Manchmal darf es auch etwas Größeres sein. Wenn es zum Beispiel für den Patienten in die Reha geht und er nicht allein in der Lage ist, den Koffer zu packen. Oder immer wieder Wartezeit. Warten auf den Fahrstuhl, etwa wenn ein Patient in eine andere Abteilung gebracht werden muss. Es kann aber auch etwas ganz Einfaches sein, zum Beispiel ein Lied - viele Patienten schätzen es, wenn ihnen die Grüne Dame Elisabeth Mundschenk mit ihrer weichen Altstimme ein russisches Volkslied vorsingt. Christel Krauße gefällt das. "Eine neue Grüne Dame geht erst ein paar Mal mit, danach muss jede ihren eignen Stil entwickeln", sagt die 72-Jährige. "Jeder ist ganz individuell - und das ist auch gut so."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort