Wermelskirchen Ein Buch, das Mut machen will

Wermelskirchen · Lutz Balschuweit bringt seine Lebensgeschichte heraus. Er erzählt vom Abnehmen, vom Kämpfen, aber vor allem vom Leben.

 Lutz Balschuweit bei einer Trainingsrunde auf der Staumauer der Eschbach-Talsperre.

Lutz Balschuweit bei einer Trainingsrunde auf der Staumauer der Eschbach-Talsperre.

Foto: Schütz

Am liebsten ist er draußen, auf der Laufstrecke oder im Wald. Dann bewegt er sich, lässt die Gedanken schweifen oder kommt mit anderen ins Gespräch. In den vergangenen Monaten fand seine Frau Anja ihn aber ungewöhnlich oft am Computer: Lutz Balschuweit hat seine Geschichte aufgeschrieben. "Ich habe noch nie ein Buch gelesen", sagt er und schmunzelt. Dafür fehle ihm einfach die Geduld. Aber jetzt hat er eines geschrieben: "Lebenslauf: Kein Wettkampf". Auf 276 Seiten lässt der Wermelskirchener den Leser teilhaben - an seinen Gedanken, den großen Umwälzungen seines Lebens, an seiner Strategie und an seinem Alltag.

Es begann mit einer Entscheidung vor 13 Jahren: Damals stellten Lutz und Anja Balschuweit alles auf den Kopf. "Wir hatten es genossen, zu essen und zu arbeiten", sagt er. Aber irgendwann hätten sich ihre Wünsche und ihre Vorstellung vom Leben geändert. Damals nahm er 80 Kilogramm ab, sie 50. "Unsere Methode lässt sich in einem Satz zusammenfassen", sagt er, "kein Fett, kein Zucker, kein Alkohol und Bewegung."

Das sei kein Buch wert. Aber der Weg, die vielen Begegnungen und Ereignisse am Rande, die sind die Geschichte wert. Lutz Balschuweit schrieb von Beginn an: Er entwickelte einen Blog, ließ die Menschen auf Facebook teilhaben. Und denen gefiel die Geschichte des Wermelskirchener Ehepaares, das gegen die Pfunde und für ein neues Leben zu laufen begann, die Arbeit reduzierte. Jeden Morgen um 6.30 Uhr schnürten sich die beiden an der Eschbach-Talsperre die Laufschuhe und legten rund 20 Kilometer hinter sich. Innerhalb von viereinhalb Jahren lief er 40.076,6 Kilometer, also einmal um die Welt. Die Strecken dokumentierte er im Internet - und tut es noch.

Inzwischen besuchen 40.000 bis 50.000 Interessierte jeden Monat seinen Blog. "Menschen, die wir gar nicht kennen, schreiben uns an", erzählt das Paar. Andere laufen mit. Freunde, aber auch Menschen, die von den Balschuweits gehört haben. Flüchtlinge sind beim morgendlichen Laufen zu Freunden geworden. Morgens geht's zum Joggen, nachmittags mit Hund Paul in den Wald. Von den Fremden und den Freunden kam schließlich der Appell: "Schreib deine Geschichte auf!" Der 52-Jährige zögerte, suchte nach Unterstützung, kam mit erfahrenen Autoren ins Gespräch und schrieb sein Buch: Nicht chronologisch wollte er vorgehen, sondern einen Spannungsbogen entwerfen. Die alten Blogeinträge dienten als Grundlage. "Wer das Buch liest, soll mich darin erkennen", sagt er.

Ein Lebensbuch, kein Laufbuch hat er geschrieben. Und Balschuweit hat Raum für seine Sprüche gelassen, seinen eigenen Ton nicht kürzen lassen, sondern gepflegt. Und seine Botschaft ist deutlich: "Fangt an, bleibt am Ball und lasst den Kopf nicht hängen." Probleme, Schwierigkeiten und Verletzungen hätten ihn nicht vom Laufen abgehalten - an keinem Morgen. "Ich will dem Leser sagen: Es ist nicht normal, keine Probleme zu haben. Die Aufgabe ist, einen Umgang damit zu finden." Und den fand Lutz Balschuweit auf der Laufstrecke. Dabei sei es nie ums Gewinnen gegangen. Viele Marathonstrecken, viele Projekte, aber kein offizieller Lauf liegen hinter dem Paar - und vor ihm. "Es ist in Ordnung, nach Köln zu laufen und dann doch den Bus zu nehmen, weil einem die Puste ausgeht", sagt er und wehrt sich gegen Verbissenheit. Inzwischen sei der halbe Marathon am Morgen Routine geworden - das Laufen Teil, aber niemals der Sinn ihres Lebens.

(RP)
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