Coronavirus in Wermelskirchen Diskussion über Privilegien für Geimpfte

Wermelskirchen · Gut möglich, dass noch in dieser Woche entschieden wird, dass sich vollständig gegen das Coronavirus geimpfte Personen wieder ohne Auflagen treffen dürfen. Das sorgt für gespaltene Reaktionen in Wermelskirchen.

Wermelskirchen: Das sagen die Menschen zu mehr Rechte für Geimpfte
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Das sagen die Menschen in der Stadt zu den Plänen

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Foto: dpa-tmn/Christin Klose

In dieser Diskussion könnte noch Zündstoff stecken: Seit Beginn dieser Woche gilt in NRW, dass für geimpfte und vollständig genesene Personen in bestimmten Bereichen die Testpflicht entfällt. Zum Wochenende hin könnten für Geimpfte und Genesene auch die Kontaktbeschränkungen für private Treffen und die nächtliche Ausgangssperre wegfallen. Aktuell werden über die von Justizministerin Christine Lamprecht (SPD) vorgeschlagenen Änderungen diskutiert, noch in dieser Woche könnten sie beschlossen werden. Wer vollständig geimpft ist, könnte dann beispielsweise ohne vorherigen Test zum Friseur gehen und würde bei Treffen im Familien- und Freundeskreis nicht mitgezählt, wodurch sich mehr Menschen treffen könnten.

Das wäre für für WNKUWG-Chef Henning Rehse, der übrigens noch nicht geimpft ist, wie er offen zugibt, nur logisch: „Wir können doch nicht warten, bis alle geimpft sind, bis wieder Lockerungen möglich sind“, sagt er, „obwohl es natürlich erstrebenswert ist, dass das schnell geschieht. Aber das Leben muss ja auch endlich wieder pulsieren.“

CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Schneider konnte sich seine erste Corona-Schutzimpfung schon abholen, sieht die geplanten Lockerungen allerdings als „schmalen Grad“ an. „Ich finde es gut, wenn wir langsam wieder beginnen, nach vorne zu schauen und dass die Menschen nach der langen Corona-Krise endlich wieder Licht am Horizont sehen. Aber es darf nicht zur Spaltung der Gesellschaft führen“, warnt Schneider. Dass Kontaktbeschränkungen für die einen aufgehoben würden, für andere jedoch nicht, könnte leicht für Ärger und Unmut sorgen. Wichtig sei deshalb, die gesellschaftlichen Aspekte unter gar keinen Umständen außer Acht zu lassen, bekräftigt auch Stefan Janosi, Fraktionsvorsitzender der Grünen, der eine Impfung hinter sich hat. „Juristisch gesehen ist die Lockerung sicherlich gut, weil Grundrechte zurückgegeben werden, aber viele Menschen haben noch nicht mal einen Termin für die erste Impfung und bis es soweit ist, dass sie dann alle Rechte nutzen können, ist es sicherlich Herbst.“ Auch die Generationenungerechtigkeit spiele eine Rolle: „Viele junge Menschen haben sich monatelang zurückgehalten, um die vulnerable Gruppe zu schützen und werden aber nun weiter eingeschränkt, weil sie mit der Impfung noch nicht dran sind. Das sehe ich als problematisch an.“

Auch Bürgermeisterin Marion Lück, die noch nicht geimpft ist, wie sie sagt, sieht die Entscheidung kritisch, „weil es zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft führen kann.“ Dabei könnten viele Menschen gar nicht beeinflussen, wann sie geimpft werden. „Es fehlt leider noch an Impfstoff und das kann dann leicht zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit sorgen“, sagt sie. „Die Impfungen sollen eine gewisse Normalität zurückbringen und Lockerungen sind ein Ansporn, sich impfen zu lassen. Aber durch die Priorisierung bekommen viele Menschen aktuell erst gar keinen Termin.“

Rein rechtlich sieht der Fraktionsvorsitzende der SPD, Jochen Bilstein, die Bundesregierung auf der sicheren Seite. „Wenn die Menschen kein erhebliches Risiko mehr darstellen, müssen sie ihre grundgesetzlich festgelegten Rechte zurückbekommen“, sagt er. Er verstehe es aber auch, wenn Menschen die noch auf ihre Impfung warten, einen gewissen Neid verspüren. Zum Beispiel, falls es in Zukunft die Möglichkeit geben sollte, größere Zusammenkünfte mit Geimpften zu erlauben oder die Gastronomie für diese Menschen zu öffnen. „Ich hoffe daher, dass auch Geimpfte weiterhin rücksichtsvoll bleiben“, sagt Bilstein. Der SPD-Politiker erhält bald selbst seine zweite Impfung.

Auch FDP-Chef Marco Frommenkord findet Lockerungen grundsätzlich gut, „wenn sie die Unverhältnismäßigkeit von Maßnahmen aufheben“, sagt er. Er fordert allerdings, dass Geimpfte und Genesene auch für alle anderen Menschen Freiheiten schaffen könnten. „Wenn die Wissenschaft herausfindet, dass geimpfte und genesene Menschen das Virus kaum weitergeben, muss sich das in den Inzidenzzahlen widerspiegeln“, sagt er. Frommenkord meint, dass Geimpfte, die positiv getestet wurden, aus der Statistik herausfallen müssten. Damit würde man in seinen Augen klarere Inzidenzzahlen erhalten. Insgesamt würde er sich mehr Verantwortung für die Kommunen wünschen. Ein bundesweites Gerüst sei zwar gut, aber die Kommunen wüssten oft besser welche Maßnahmen vor Ort wirken könnten.

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