Wermelskirchen Die Pflegefalle kann ruinieren

Wermelskirchen · "Viele Leute wissen nicht, dass der Staat nur einen Zuschuss zur Pflege zahlt und Kinder für ihre Eltern haften", sagt Lothar Weber. Deshalb warnt der Bezirkssprecher der Versicherungskaufleute vor Nachlässigkeit in der Vorsorge.

"Tappen Sie nicht in die Pflegefalle. Kinder haften für ihre Eltern": Dieser plakative Schriftzug steht über dem Schreibtisch von Lothar Weber, dem Bezirkssprecher Bergisch Land der Versicherungskaufleute. Denn die zitierte Pflegefalle könne ganze Familien ruinieren, weiß Weber.

Er stelle immer wieder große Unkenntnis darüber fest, wer tatsächlich die Kosten fürs Pflegeheim aufzubringen hat: "Die gesetzliche Pflegeversicherung leistet nämlich nur einen Zuschuss. Das Sozialgesetzbuch schreibt aber ausdrücklich, dass die Finanzierung der Pflege die Sache der Familie ist, also der Kinder", verdeutlicht Weber.

Schenkung schützt nicht immer

Dies bedeute aber auch, wenn die Eltern Immobilienvermögen hätten, dass dieses sogar im Falle einer Schenkung an das Kind oder die Kinder vom Sozialamt innerhalb von zehn Jahren zurückgefordert werden könne, um es für die Heimkosten zu verwerten. Dem Versicherungsfachmann ist ein Fall geläufig, in dem das Sozialamt sogarr ein halbes Jahr vor Ablauf der zehn-Jahres-Frist "zugegriffen" habe.

Welche Kosten auf die Betroffenen selbst und/oder ihre Kinder zukommen können, verdeutlicht Weber an einem Beispiel: Durchschnittlich 3800 Euro koste ein Heimplatz der Pflegestufe 3 auch vor Ort, allerdings noch ohne jedwede Pflegezusatzleistung wie etwa Friseur oder Inkontinenzbedarf.

Rechne man nun eine Rente von vielleicht 1100 Euro ab und den Zuschuss von 1510 Euro aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, so bleibe die Differenzsumme von 1200 Euro monatlich vom Heimbewohner oder dessen Angehörigen aufzubringen. Bei fünf Jahren Heimpflege machten das schon 107 400 Euro aus.

"Da ist ein Haus ganz schnell weg", verdeutlicht Weber. Und fügt hinzu: "Man muss sich verdeutlichen, dass die Pflegekosten noch weiter steigen werden." Dazu berichtet er, natürlich ohne Namensnennung, ein Beispiel aus seiner Praxis: Eine wohlhabende Mutter hatte einen guten Teil ihres Vermögens für ihre Heimpflege aufbewahrt und die übrigen Immobilien auf die Kinder überschrieben. Nun wurden die Heimkosten aber erhöht, die von der Mutter eingeplante Summe ist verbraucht. Nun muss die Tochter ihr bereits geerbtes Haus belasten, um die Pflegekosten aufzubringen.

Unangenehmes Gespräch führen

Lothar Weber rät deshalb, so früh wie möglich in den Familien das zwar unangenehme, aber notwendige Gespräch über eine Pflegevorsorge zu führen. Denn es gebe die Möglichkeit, sich sogar noch mit 60 bis 70 Jahren in einer Pflege-Rente zu versichern.

Noch besser sei es aber mit 45 bis 50 Jahren über dieses oder sonstige Alternativmodelle der Vorsorge nachzudenken. Er wisse, wie unangenehm solche Gespräche seien, aber unumgänglich, betont Weber.

(RP)
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