Kattwinkelsche Fabrik Wo Besucher zu „Entdeckern“ werden

Wermelskirchen · Im Sommer 1991 wurde die „Katt“ gegründet. Im Laufe der Jahre hat sie sich zu einem Aushängeschild mit deutschlandweiter Strahlkraft entwickelt.

  Comedy in der Katt: Auch „Pause & Alich“ standen bereits auf der Bühne.

Comedy in der Katt: Auch „Pause & Alich“ standen bereits auf der Bühne.

Foto: Singer/Stephan Singer

Im Logo der Kattwinkelschen Fabrik strahlt eine rote Lampe an einem Kabel hängend wie eine Sonne über dem Schriftzug der städtischen, sozio-kulturellen Institution. Dieses Symbol hat Gewicht, denn für Kulturfreunde geht in der Katt regelmäßig die sprichwörtliche „Sonne auf“ - wenn auch meist erst abends. Seit knapp über 27 Jahren besteht die Kattwinkelsche Fabrik, für die Atmosphäre prägend ist das bei der Gründung eigens für diesen Zweck komplett sanierte Industriedenkmal mitten in Wermelskirchens Innenstadt. Die Kattwinkelsche Fabrik, von Wermelskirchenern kurz als „Katt“ bezeichnet, ist seit ihrem Start im Sommer 1991 zu einem Aushängeschild mit deutschlandweiter Strahlkraft für die 36.000-Einwohner-Stadt geworden – wer Wermelskirchen nicht von Café Wild, Tente-Rollen oder Obi kennt, kennt es durch das Kulturzentrum.

Für den „frischgebackenen“ Kulturmanager der Stadt, Achim Stollberg, der seit der Katt-Gründung zuerst als Honorarkraft und seit 1993 als Angestellter für das Bühnenprogramm verantwortlich zeichnet, geht das Geschehen in der Katt weit über den Standort einer Hausnummer hinaus: „Da passiert viel aus dem Ort heraus, das ist Kulturförderung in der gesamten Stadt. Dafür steht beispielsweise das jüngste Gesangs-, Musik- und Video-Projekt aus dem Jugendbereich in Kooperation mit der Musikschule.“ Das unterscheide die Einrichtung deutlich von kommerziellen Anbietern: „Kulturprogramm, Pädagogik, Gymnastikraum und Stadtbücherei funktionieren unter einem Dach gut.“ Der an das Jugendamt angegliederte Kinder- und Jugendbereich der Kattwinkelschen Fabrik bekommt so einen gehörigen Stellenwert - „Kinderstadt“ in den Sommerferien, wöchentliche Treffs und sich daraus entwickelnde Projekte erfüllen die Katt mit Leben.

Ähnliche Entwicklungen kann Achim Stollberg im kulturellen Bereich nennen: „Die ‚Brasshoppers Big Band‘ besteht seit der Katt-Gründung, ist in ihr verwurzelt. Das jährliche Konzert ist eine gesetzte Nummer.“ Die Wort-Kunst habe den guten Ruf der Katt initiiert und gestärkt: „Dafür stand die Kattwinkelsche Fabrik immer, in den Anfangsjahren war das sogar ein Alleinstellungsmerkmal. Als 1996 zusätzlich zu Kabarett die Comedy entstand, waren wir ganz vorne dabei.“ Namhafte Akteure wie der inzwischen verstorbene Hans-Dieter Hüsch, Volker Pispers, Rüdiger Hoffmann, Ingo Appelt, Gaby Köster oder Dieter Nuhr standen in Wermelskirchen auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“. Der über Jahre gewachsene Kontakt zu Künstlern wie Nuhr oder Jochen Malmsheimer sowie den Künstleragenturen habe durchaus freundschaftliche Züge angenommen: „Die Kattwinkelsche Fabrik ist deutschlandweit das einzige Haus, in dem Dieter Nuhr bisher jedes seiner Programme gespielt hat.“

Der gute Ruf der Katt kommt dem Publikum zugute. So tritt der Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2018, Marco Tschirpke mit seinem Programm „Empirisch belegte Brötchen“ am 22. März im Rahmen des „Take five“-Abos der Katt auf (fünf Künstler an fünf Abenden für insgesamt nur 55 Euro Eintritt). „Den Tschirpke kann man mit dem Abo für elf Euro sehen – das ist schon besonders“, kommentiert der Kulturmanager, der das Publikum lobt: „Wir haben in der Katt aufmerksame Besucher – die haben viel gesehen, sind kritisch und können Qualität einschätzen. Das macht die Künstler nicht nervös, sondern schätzen sie.“ Die Zuschauer hätten genauso das „Take five“-Prinzip, bei dem es vermeintlich weniger bekannte Akteure zu entdecken gibt, verstanden: „So kann man in Wermelskirchen einen René Marik erlebt haben. Die Besucher schlüpfen aufmerksam in die Rolle der Mit-Entdecker. Das macht mir Spaß.“ Für Achim Stollberg steht auch fest, was weniger Spaß bereitet: „Spielt sich das Programm eines Künstlers zu 90 Prozent unter der Gürtellinie ab, dann buche ich das nicht – das dürfen gerne andere machen.“

Die Mitarbeit am Renomée des Hauses habe ihn stets angetrieben, meint Achim Stollberg, der zwischenzeitlich ebenso als Künstlerberater oder -agent hätte arbeiten können: „Die Qualität der Katt trägt sich ins Umland, gibt uns Standing. Hier hatte und habe ich Gestaltungsspielraum – man denke nur an die anderen Aktivitäten wie die Märkte, die Kirmes oder Kunstausstellungen.“ Und weiter: „Mich macht ein gut unterhaltenes Publikum glücklich.“ Grundsätzlich müsse er schon lange den Kulturbetrieb unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen, jedoch müsse es genauso wenig stets ausverkauft sein. „Zwei oder drei Mal im Jahr terminiere ich Sachen, die ich aufbauen will. Das ist Kulturauftrag für uns“, betont der verheiratete Vater einer erwachsenen Tochter. Privat fotografiert der 54-Jährige gerne, ist Musiker und begeistert sich für Oldtimer. Selbst wenn die Katt ein unersetzlicher Solitär des kulturellen Lebens in Wermelskirchen ist, sieht Achim Stollberg sie als Bestandteil vieler Eckpfeiler: „Wermelskirchen muss sich nicht verstecken. Es fehlt nichts. Wir sind in dieser Stadt, mit einer vielfältigen Kulturszene, sehr gut aufgestellt.“

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