„Europa“-Grundschule St. Michael Die Europäer von morgen

Wermelskirchen · Seit 2008 trägt die katholische Grundschule St. Michael den Titel Europaschule. Davon profitieren vor allem die Kinder.

 Dastin, Jayden, Lehrerin Linda Eisenmenger, Hamzaa und Ben (v.l.) basteln in der Englisch-Gruppe der Klasse 3b.

Dastin, Jayden, Lehrerin Linda Eisenmenger, Hamzaa und Ben (v.l.) basteln in der Englisch-Gruppe der Klasse 3b.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Am 26. Mai ist Europawahl. Zwar sind Kinder noch nicht wahlberechtigt und doch gestalten sie die Zukunft der Europäischen Union. In welche Richtung der Weg für die EU geht, dafür werden schon heute die Weichen gestellt.

Seit 2007 können sich Schulen in ganz NRW, um den Titel Europaschule bewerben. Dafür müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen: ein Fokus auf Fremdsprachen, die Teilnahme an internationalen Projekten und eine vertiefte Auseinandersetzung mit europäischen Inhalten.Die katholische Grundschule St. Michael (KGS) in Wermelskirchen ist eine der vergleichsweise wenigen Grundschulen die diesen Titel tragen. Seit 2008 wird in ihren Klassenräumen „Europa“ aktiv in den Schulalltag integriert.

„35 Prozent der Schüler an der KGS haben einen Migrationshintergrund“, schätzt Schulleiterin Andrea Steinz. Viele davon leben in der zweiten, dritten Generation in Deutschland, mit Eltern, die hier geboren wurden. Die Vielfalt, die die Kinder in den Schulalltag mitbringen, sieht die Grundschule St. Michael als Chance. „Wir empfinden es als Gewinn und als Bewusstseinserweiterung“, erklärt Steinz, „die Offenheit gegenüber anderen Menschen und Kulturen sehen wir als Bereicherung.“

Die europäische Vielfalt, die in der Grundschule im Fokus steht, steckt im Detail. Da sind die zahlreichen gefilzten Flaggen, die über den Türen der Verwaltung die Wände schmücken. Die Deutschland-Farben hängen neben italienischen, portugiesischen, polnischen und russischen. Ein buntes Gesamtkunstwerk symbolisiert eine ebenso bunte Schule. Die Körbe selbstgebasteter Heißluftballons zieren filigrane Flaggen. Und statt „Bären“, „Füchsen“ und „Schnecken“ tragen die verschiedenen Klassen Ländernamen, wie „Kroatien“ oder „Italien“.

„Der Anspruch ist“, erzählt Konrektorin Edith Sültemeyer, „sowohl Kinder aus anderen Kulturen zu stärken, als auch Kinder für andere Kulturen zu öffnen. Andere Bräuche, Feste und Sichtweisen lernen die Kinder ganz natürlich im Schulalltag kennen. Die Thematisierung anderer Werte hinterfragt Unterschiede, Gemeinsamkeiten und beleuchtet auch eigene Sichtweisen und Einstellungen, die eben kulturell bedingt sind.“

Die Grundschüler lernen nicht nur viel über Europa, sondern werden auch auf die Herausforderungen einer globalisierten Welt vorbereitet. Darum ist die KGS nicht nur Europaschule, sondern hat auch den Schwerpunkt Englisch. Eine sinnvolle Kombination findet Steinz: „Englisch ist heute der Anspruch der modernen Welt“. Darum ist im Unterricht immer eine Stunde mehr als üblich vorgesehen. Auch eine Englisch-AG wird angeboten. „Die Scheu, eine andere Sprache zu sprechen taucht gar nicht erst auf“, sagt die Schulleiterin. Linda Eisenmenger, Lehrerin für Sprache und Kunst, betont, dass beim Sprachenlernen der kommunikative Ansatz fokussiert werde: „Reden nicht schreiben.“ Die Erfolge sind gut sichtbar. „Die Kinder sind offener und sprechen ohne Hemmungen“, erklärt sie. Und am schönsten sei es, wenn die Kinder feststellen, dass sie ihre erworbenen Sprachkenntnisse anwenden können. So auch Alissa, die mit ihren Eltern Urlaub in Spanien machte und in einem Geschäft selbst ein Wasser kaufte – auf Englisch. „Ein komisches Gefühl war das“, erzählt die Schülerin.

Nebenbei setzt die Grundschule Sankt Michael verschiedene Aktionen um, die auch Eltern miteinbeziehen. So auch das „internationale Frühstück“. Eine lange Tafel gedeckt mit vielen Leckereien, die die Eltern zu diesem Anlass gekocht oder gebacken hatten. Ein voller Erfolg, weil so auch ein Stück „kulinarische Herkunft“ eingebracht werden konnte.

Oder die Aktion zum Europa-Tag, als die Schüler EU-blaue Luftballons aufsteigen ließen. An jedem einzelnen war eine Karte befestigt, auf der die Kinder einen Wunsch für Europa und den Finder aufgeschrieben hatten. Ein wunderschönes Bild, als die Ballons davonflogen – einige erreichten sogar die Niederlande und Belgien, erinnert sich Steinz. Und tatsächlich meldeten sich zahlreiche Finder bei der Grundschule, um sich für die Wünsche zu bedanken. Interkulturelle Kommunikation ganz nebenbei.

Edith Sültemeyer sieht die KGS so: „Wir dürfen die EU im Kleinen sein.“ Die Schule habe einen „Friedensauftrag“. Gerade in Zeiten in denen es wieder vermehrt Passkontrollen an EU-Grenzen gebe, sei es wichtig, darauf zu achten, die Freiheit, die durch die EU überhaupt erst möglich ist, nicht zu verlieren. Dafür muss man früh anfangen. Eben „Europa im Kleinen“ gestalten.

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