Montagsinterview mit Monika Eschbach „Der Papst kennt die Anliegen“

Wermelskirchen · Monika Eschbach, Gemeindereferentin der Pfarrgemeinde St. Michael und Apollinaris, spricht über die Ziele der Initiative Maria 2.0.

 Gemeindereferentin Monika Eschbach von der katholischen Kirchengemeinde St. Michael und Appollinaris.

Gemeindereferentin Monika Eschbach von der katholischen Kirchengemeinde St. Michael und Appollinaris.

Foto: Privat

Frau Eschbach, wann haben Sie zum ersten Mal von Maria 2.0 gehört?

Monika Eschbach Das war vor gut einem Jahr.

Was genau verbirgt sich hinter dem Schlagwort?

Eschbach Es handelt sich um eine Initiative, die die Strukturen der Katholischen Kirche an die heutige Zeit anpassen will. Sie setzt sich besonders dafür ein, dass Missbrauchsfälle und soziale Gewalt in der Katholischen Kirche aufgeklärt werden. Sie fordert, dass Frauen Zugang zu allen Ämtern der Kirche bekommen. Das heißt, dass sie die Priesterweihe empfangen können. Außerdem tritt Maria 2.0 für die Abschaffung des Pflichtzölibats ein. Um besonders auf sich aufmerksam zu machen, startete die Initiative im Mai 2019 eine Streikwoche. Alle Frauen sollten für eine Woche alle ehrenamtlichen Aufgaben in der Kirche niederlegen und die Kirchen in dieser Zeit nicht betreten. Stattdessen wurden vor einigen Kirchen eigene Gottesdienste ohne leitenden Priester gefeiert. Mit Hilfe der Medien konnte sich diese Aktion von Münster aus in weite Teile Deutschlands ausbreiten.

Gab es seinerzeit Überlegungen, hierzu auch in Wermelskirchen aktiv zu werden?

Eschbach Unter den Gottesdienstbesuchern und den Seelsorgern steht seit dem vergangenen Frühjahr die Frage nach der Zusammenarbeit mit St. Laurentius in Burscheid im Mittelpunkt. Daher war Maria 2.0 nur vereinzelt kurz zur Sprache gekommen. Da ich bei der Protestaktion nicht nachvollziehen konnte, dass die Streikenden aufgefordert wurden, in der Aktionswoche nicht die sonntägliche Heilige Messe zu besuchen, sah ich keinen Anlass, mich aktiv für Maria 2.0 einzusetzen. Auch wenn ich die Forderungen voll unterstütze.

Glauben Sie, die Bewegung ist bis in den Vatikan vorgedrungen? Hat man die Forderungen dort gehört?

Eschbach Papst Franziskus sind mehr als 42.000 Unterschriften mit den Forderungen von Maria 2.0 übergeben worden. Der Papst kennt die Anliegen. Auch weil sich viele andere Gruppierungen immer wieder mit diesen Themenbereichen auseinandersetzen. Er hatte eine Kommission bilden lassen, die die kirchengeschichtlichen Hintergründe von Diakoninnen in der Urkirche untersuchten. Da die Wissenschaftler zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen, welche Rolle die Diakonin tatsächlich in der frühen Kirchengeschichte spielte, hat der Papst die Antwort auf Diakoninnenweihe vorerst verschoben. Was den Missbrauch angeht, so machen sich der Papst und die Bischöfe für eine Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft stark. Ebenfalls sollen die Vertuschungsfälle angezeigt und aufgearbeitet werden.

Für wie wichtig erachten Sie Bewegung und Veränderung innerhalb der Katholischen Kirche?

Eschbach Die Machtstrukturen in der Kirche sollten sich verändern. Die Lebensrealität und Strukturen klaffen zu weit auseinander. Ich würde mir schon wünschen, dass die Amtskirche alte Traditionen hinterfragt und sie in die heutige Zeit zu übersetzen versucht – immer auf dem Hintergrund der Fragestellung: Wie würde Jesus heute in unserer Gesellschaft reagieren und handeln? Denn durch eine Erneuerung fühlen sich sicherlich auch viele junge Christen besser verstanden.

Was genau sollte sich denn verändern?

Eschbach Wenn es auch weh tut, dass die Erneuerung nicht schnell genug geht, so sollten wir doch versuchen, die Kirche in kleinen Schritten zu verändern. Wichtig ist es, sich als Frau einzusetzen, wo es schon möglich ist und sich nicht zurückzuziehen. Wir sollten nicht aufgeben, uns weiter für das Priestertum der Frau zu engagieren, müssen aber auch schauen, was in nächster Zeit realistisch möglich ist. Zum Beispiel wäre es schön, wenn auch Seelsorgerinnen ohne Priesterweihe in der Heiligen Messe am Sonntag ab und an die Predigt übernehmen könnten. Wir müssen uns die Frauengestalten in der Bibel wieder mehr anschauen, auch wie Jesus mit Frauen umgegangen ist. Jesus hat an vielen Stellen das damalige Frauenbild aufgebrochen.

Welche Rolle sollten Ihrer Meinung nach Frauen in der Kirche spielen?

Eschbach Maria Magdalena ist die erste Zeugin der Auferstehung Jesu. Sie hat den Auftrag bekommen, die Frohe Botschaft zu verkünden. Daher denke ich, Frauen sollten die gleichen Möglichkeiten in der Kirche haben wie Männer. Ich würde mir sehr wünschen, dass Frauen in der Katholischen Kirche auch die Weihe zur Priesterin erhalten können und dadurch auch Bischöfin oder Päpstin werden können.

Und wie wichtig sind Frauen in der Kirche jetzt schon?

Eschbach Frauen übernehmen schon jetzt viele wichtige Aufgaben in der Kirche. Viele arbeiten als Ehrenamtliche mit und gestalten auch als Katechetinnen, Wortgottesdienstleiterinnen oder Caritashelferinnen das Glaubensleben mit. Darüber hinaus gibt es Frauen mit theologischer Ausbildung, die als Gemeinde- oder Pastoralreferentinnen arbeiten. Im Bistum Köln steht der Hauptabteilung Seelsorge/Personal sogar eine Frau vor.

Warum tut sich die Kirche Ihrer Meinung nach überhaupt so schwer damit, etwa auch weibliche Pfarrer zuzulassen?

Eschbach Die Kirche ist geprägt durch Traditionen. Diese müssen immer wieder genau hinterfragt werden. Nur wenn ein Großteil der Bischöfe und der Papst hinter einer Reform stehen, kann sich etwas ändern. Da wir Weltkirche sind, kommen sehr viele unterschiedliche Kulturkreise und Ansichten zusammen. Erschwerend ist es, dass wir keine direkten Zeugnisse aus der Zeit Jesu haben. Die Paulusbriefe sind die ältesten Dokumente, und diese sind auch erst in den Jahren 48 bis 61 geschrieben worden. Die Bischöfe und der Papst wollen auf jeden Fall vermeiden, dass es zu einer erneuten Abspaltung kommt. Die Frage ist immer: Was für eine Kirche hat Jesus gewollt? Es gibt unter den Amtsträgern zu viele unterschiedliche Meinungen, und auch die Wissenschaftler sind sich noch uneins. Jesus selbst war ein Mann, und die zwölf Apostel waren ebenfalls Männer, auf die sich viele Priester in ihrer Nachfolge berufen. Allerdings waren die Strukturen zur Zeit Jesu auch nicht vergleichbar mit den heutigen, was die Entscheidung erschwert. Auch die Sprache war eine männerorientierte. Frauen wurden oft nicht eigens erwähnt. Von daher weiß man nicht genau, in wieweit Frauen auch im Apostelkreis aktiv dabei waren.

Ist das Zölibat noch zeitgemäß?

Eschbach Wenn ich sehe, wie viele Aufgaben ein leitender Pfarrer oder ein Bischof hat, so denke ich, dass es gut wäre, das Pflichtzölibat zunächst für Priester zu lösen, die keine leitenden Stellen innehaben. Diese hätten genug Zeit, um sich ihren Familien zu widmen.

Wird es irgendwann einmal eine Päpstin geben?

Eschbach Ich hoffe schon.

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