Kay Boenig Dem Wald im Bergischen geht es so richtig gut

Wermelskirchen · Der Leiter des Regionalforstamtes Bergisches Land ist sehr zufrieden mit dem Zustand. Das ist auch ein Verdienst der Waldbesitzer.

 Der Schwarzstorch ist im Bergischen wieder heimisch.

Der Schwarzstorch ist im Bergischen wieder heimisch.

Foto: klaus-dieter stade

Herr Boenig, der Waldzustandsbericht 2016 NRW ist überschrieben mit "Eschensterben breitet sich in NRW aus - Verbesserung der Eiche setzt sich fort - Zustand der Buchen verschlechtert" Gilt das auch für den bergischen Wald?

Boenig Die allgemeinen statistischen Angaben dieses Berichtes umfassen auch den bergischen Wald. Dieser Bericht beleuchtet allerdings nur den Blattzustand. Die Ursachen sind unterschiedlich. Zum Beispiel war die Buche wegen einer erneuten Fruchtbildung in einem schlechteren Belaubungszustand als im vergangenen Jahr. Sie investierte einfach mehr in die Bucheckern als in ihre Blätter.

Also ein natürlicher Vorgang?

Boenig Genau. Deswegen heißt es auch Waldzustandsbericht. Das ist kein reiner Schadensbericht. Die Buchen sind ganz überwiegend gesund und vital im Bergischen Land. Wir sind hier im Zentrum des natürlichen Buchenverbreitungsgebietes, und der Buchenanteil nimmt zu.

Und wie sieht's mit der Esche aus?

Boenig Die Esche nimmt mit nur einem Prozent an der Baumartenverteilung in unserem Gebiet teil. Aber sie ist ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Biotope. Sie steht entlang der Bäche. Die Bachtäler sind wichtige Lebensadern im Bergischen Land. Leider haben wir mit der Esche große Probleme. Ein Pilz, der aus Asien eingeschleppt wurde, befällt nicht nur die abgefallenen Blätter wie seine einheimische Variante, sondern auch lebende Eschen. Das führt zum Absterben der Blatttriebe, dem sogenannten Eschentriebsterben. Wenn zu viele Triebe absterben, stirbt auch die Esche. Das betrifft leider alle Eschen - ob natürlich gewachsen oder angepflanzt, ob jung oder alt.

Was können Sie dagegen unternehmen?

Boenig Wir versuchen, unter den Eschen Exemplare zu finden, die sich individuell gegen den Pilzbefall erfolgreich wehren können. Auf der Grundlage dieser Samenbäume versuchen wir, resistente Eschen zu züchten.

Welche großen Tiere leben im bergischen Wald?

Boenig Natürlich das Reh. Leider haben wir in einigen Wäldern auch zu viele davon. Rehe knabbern die Knospen von Bäumen und Sträuchern weg. Das kann für die Verjüngung des Waldes zur Gefahr werden. Die Jäger bejagen natürlich die Rehe, aber nicht immer in ausreichendem Maße.

Und Wildschweine?

Boenig Natürlich. Ihre Population wird reguliert durch das Nahrungsangebot und durch kalte Winter. Aufgrund der sehr milden Winter der vergangenen Jahre und durch die gestiegene Anzahl der Maisäcker haben sich die Wildschweine gut vermehrt. Da sind auch wieder die Jäger gefragt. Aber das ist kein alleiniges Problem des Waldes, das betrifft besonders die Landwirtschaft.

Ist der Borkenkäfer nach wie vor ein Problem?

Boenig Der Borkenkäfer ist immer ein Problem, und zwar in unseren Fichtenbeständen. Er mag Reinbestände. Wichtig für ihn ist das Frühjahr. Das aktuelle Frühjahr ist für seine Eindämmung super. Die kalten Temperaturen verhindern, dass der Borkenkäfer schlüpfen kann. Wir hoffen, dass im Anschluss nasses Wetter kommt. Das mag er auch nicht.

Gibt es noch das Waldsterben, so, wie es früher mal ein Thema war?

Boenig Nein, es regnet keine Schwefelsäuren mehr auf unsere Wälder. Aber unsere Böden haben ein Langzeitgedächtnis. Das, was damals seit den 1920er-Jahren an Schadstoffen in die Böden gelangt ist, das prägt unsere Böden noch heute. Deswegen müssen wir an vielen Standorten den Böden Kalk zuführen.

Was müssen Besucher des Waldes beachten?

Boenig Grundsätzlich gilt: Rücksicht aufeinander nehmen. Jeder muss sich so verhalten, dass er andere nicht beeinträchtigt. Das gilt vor allem für Mountainbiker. Mit den E-Bikes hat das Problem zugenommen. Jetzt fahren auch Leute quer durch die Wälder, die sich das vorher nicht zugetraut haben. Und es wird häufig auch viel zu schnell gefahren. Das Fahren abseits der Wege ist generell verboten. Hunde dürfen in Naturschutzgebieten - und davon haben wir im Wald recht viele - im Allgemeinen nur angeleint laufen. Auch, wenn sie nur spielen wollen.

Wie beurteilen Sie allgemein den Zustand des bergischen Waldes?

Boenig Der Wald im Bergischen war in den vergangenen 30 Jahren noch nie in einem so guten Zustand wie heute. Unser Wald ist ja nicht nur Erholungsgebiet und Biotop, sondern auch ein Wirtschaftsgebiet. Wir sind stolz darauf, dass wir den Schwarzstorch, einen Waldbewohner, und auch unsere größte Eule, den Uhu, wieder flächendeckend im Bergischen Land haben. Wildkatzen etwa kommen auch bei uns wieder vor. Aber der Wald ist ganz überwiegend in privater Hand und wird auch bewirtschaftet. Und dafür sollten die Menschen Verständnis haben. Vielfach werden Pflege- und Verjüngungs-Maßnahmen von Erholungssuchenden hinterfragt.

Wie sieht es aus mit Klimaschutz?

Boenig Unser Wald ist auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Hohe Holzvorräte binden viel Kohlenstoff, und es ist auch wichtig, möglichst langlebige Holzprodukte aus heimischen, nachhaltig bewirtschafteten Wäldern zu haben. Es geht bei einer Durchforstung niemals um Raubbau am Wald, sondern um seine Erhaltung. Junge Pflanzen brauchen Platz. Und wir achten streng darauf, dass nicht mehr genutzt wird, als zuwächst. Der Baumbestand im Bergischen nimmt zu, die Bäume werden älter und dicker. Trotz Orkan Kyrill und Unwetter Ela sind unsere Wälder so vorratsreich und gut strukturiert, wie sie es seit 30 Jahren nicht waren. Dies ist ein Verdienst der vielen Waldbesitzer im Bergischen Land und der sie betreuenden Förster.

BERND GEISLER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(bege)
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