Hartmut Demski "Das Miteinander ist eine Bereicherung"

Wermelskirchen · Hartmut Demski ist Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Lennep. Im Interview spricht der 59-Jährige über das Trennende und das Vereinende der beiden Konfessionen und über 500 Jahre Reformation.

 Hartmut Demski ist bekennender Fußballfan - während seiner Predigten trägt er auch gerne mal einen BVB-Schal als Zeichen der Verbundenheit mit dem Verein.

Hartmut Demski ist bekennender Fußballfan - während seiner Predigten trägt er auch gerne mal einen BVB-Schal als Zeichen der Verbundenheit mit dem Verein.

Foto: Moll (Archiv)

Herr Demski, was geht Ihnen zum Thema "500 Jahre Reformation" durch den Kopf?

Demski Zunächst: Viel Arbeit. So ein Jubiläum will gestaltet und gefeiert werden. Das erleben wir zumindest nicht noch einmal.

Glauben Sie, Martin Luther hatte damals eine bis heute dauernde Spaltung der Kirche erwartet?

Demski Sicher nicht. Zunächst wollte er eine Reform der Kirche, eine Beseitigung von Missständen. Erst als alle Reformbemühungen am Widerstand der damaligen kirchlichen Hierarchie scheiterten, entstand das Bild einer neuen, einer anderen Kirche. Dazu kamen dann politische Interessen der Landesfürsten, die die Trennung besiegelten. Als dann - 30 Jahre nach den 95 Thesen - das katholische Reformkonzil begann, waren die Gräben schon zu tief. Da war es klar, dass diese Trennung von Dauer war.

Warum war Luthers Thesenanschlag in Wittenberg dennoch so wichtig?

Demski Es war wie ein Signal: Du kannst widersprechen, musst nicht alles hinnehmen. Die Berufung auf die Heilige Schrift und die tiefe, persönliche Frömmigkeit machten diese Thesen so glaubwürdig.

Wann begannen die Kirchen, auf ökumenischer Ebene wieder aufeinander zuzugehen?

Demski Spät. Für die katholische Seite war nach meiner Wahrnehmung das Startsignal das Zweite Vatikanische Konzil. Das war in den sechziger Jahren. Die evangelischen Kirchen haben 1945 den Ökumenischen Rat der Kirchen gegründet. Darin ist die Römisch-Katholische Kirche nicht vertreten, kann sie wahrscheinlich nach ihrem Selbstverständnis auch nur schwer. Aber in dieser Konstellation gibt es eine Vielzahl katholisch-evangelischer Kontakte.

Wie sieht Ökumene heute im Kirchenkreis Lennep aus?

Demski Sehr gut. Sehr unkompliziert. Das Miteinander ist eine wirkliche Bereicherung. "Versöhnte Verschiedenheit" ist das Fachwort. Das miteinander zu leben, ist eine wirkliche Freude.

Welche Veranstaltungen sind im Kirchenkreis zum Jubiläumsjahr geplant?

Demski Unser Schwerpunkt ist die Jubiläumswoche vom 9. bis 17. September. Sie beginnt auf dem "Alter Markt" in Lennep mit dem "Abend der Begegnung" und endet mit einem gemeinsamen Gottesdienst, zu dem auch unsere ökumenischen Freunde eingeladen sind, in der Wagenhalle in Remscheid. Dazwischen wollen wir feiern, uns informieren, gemeinsam unterwegs sein und vieles mehr - und alles in großer Weite. Das Programm entsteht allmählich, Informationen dazu gibt es im Internet unter www.2017.kklennep.de.

Angesichts globaler Krisen - sollten sich die Kirchen nicht auf das berufen, was sie vereint, statt zu betonen, was sie trennt?

Demski Ja, genau das geschieht ja auch. Hand in Hand stehen evangelische und katholische Christen für die Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen ein. Gemeinsam beten wir um den Frieden und wehren uns gegen Intoleranz, Fremdenangst und Ausländerfeindlichkeit. Wir stehen einfach für unseren christlichen Glauben - und da trennt uns die jeweilige Konfession nicht.

Was schätzen Sie als evangelischer Christ am Katholizismus?

Demski Dem gottesdienstlichen Leben in der katholischen Kirche kann ich viel abgewinnen. Mit seinen Feiern und Riten ergreift es den Menschen mit Herz und Kopf. Der große Reichtum der Tradition ist lebendiger als bei uns, manchmal auch blockierend, aber eigentlich ein Schatz. Und irgendwie sind die Kirchen voller: Die Bindung der Katholiken an ihre Kirche ist stärker oder anders als die der Evangelischen.

Und umgekehrt: Was kann für Katholiken ein Gewinn im evangelischen Glauben sein?

Demski Ich glaube, die katholische Kirche hat viel von der evangelischen Kirchenmusik und unserem Liedgut gewonnen. Unsere wissenschaftliche Theologie war zunächst ein Stück freier und offener und hat die katholische Theologie gut inspiriert. Nicht nur, weil eine meiner Töchter jetzt Pfarrerin wird, bewegt mich auch die Frage, warum dies in der katholischen Kirche noch immer nicht möglich wäre. Ich würde es gerne noch erleben, mit meinen katholischen Geschwistern in tiefer Überzeugung des gemeinsamen Glaubens das Abendmahl feiern zu können. Ohne schlechtes Gewissen. Und ohne die besorgte Frage: Wer denkt jetzt was und wem ist das nicht recht? Einfach gemeinsam essen von dem Brot des Lebens und trinken aus dem Kelch des Heils.

WOLFGANG WEITZDÖRFER STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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